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Ich stiess sie auf, doch anstatt meiner Freunde, sah ich ein Mädchen in meinem Alter an die Wand gefesselt, welches ziemlich mitgenommen aussah. Ihre dunkelbraunen Haare standen wirr von ihrem Kopf ab und ich sah auf den ersten Blick etliche Schrammen und Wunden, die zum Teil geheilt waren, jedoch das Blut noch an ihr klebte.

Ich hatte mich an der Tür geirrt. Ihr Kopf erhob sich und unsere Blicke trafen sich. Sie war keines Wegs schwach. In ihren grünen Augen spiegelte sich pure Überlebenskraft. Anstatt sie liegen zu lassen und meine Freunde zu holen, befreite ich sie. „Danke.", bedankte sie sich und folgte mir, als ich ihr kurz zugenickt hatte und mich dann zur nächsten Tür begab.

Wieder stiess ich sie auf, ignorierte dabei die Schmerzen in meinem ganzen Körper und atmete kurz erleichtert auf, als ich die richtige Tür geöffnet hatte.

„Schnell, wir müssen gehen!", schrie ich in den Raum. Überrascht schossen die Köpfe hoch, doch genauso schnell waren sie an meiner Seite und folgten mir ohne ein Wort zu sagen. Dass ich verletzt war, war die kleinste Sorge. Viel mehr sorgte ich mich darum, dass wir den Ausgang nicht rechtzeitig fanden oder dass ich die Kontrolle über meinem Monster verlor.

Ich rannte so schnell es ging durch die Gänge und die anderen folgten mir. Auch so die Neue, die sich ohne Grund mir angeschlossen hatte. Als wir endlich die Tür nach draussen aufstiessen, empfing uns das helle Strahlen der Sonne. Wir alle mussten gegen die Helligkeit blinzeln, bis wir uns daran gewöhnt hatten. Die Haut an meinem Bein spannte von der Verbrennungen, die ich über mich ergehen lassen musste und hinderte mich etwas beim laufen. Doch als Wolf wäre ich noch mehr gehindert, da ich meinen linken Arm nicht belasten konnten. Er war noch immer verletzt von den Kratzern und dem Schraubenzieher, den der junge Mann mir in die Hand gerammt hatte.

Als wir endlich eine gewisse Distanz zwischen die und uns gebracht hatten, hörte ich, wie weit entfernt jemand verzweifelt aufschrie. Es war ein Schmerzensschrei. Man hatte ihn gefunden. Besser gesagt, seine Mate hatte ihn gefunden. „Schnell wir müssen verschwinden.", zog Pearl an mir und erst jetzt sah ich, dass die anderen schon weiter gerannt waren und bloss ich stehen geblieben war und zurück geschaut hatte. Mein inneres Monster hatte sich in der Zwischenzeit zurück gezogen und mir schmerzte plötzlich alles viel mehr.

„Ich kann nicht mehr.", keuchte ich atemlos. „Lass uns verwandeln, das geht besser.", meinte sie und verwandelte sich. „Nein, ich kann nicht.", zeigte ich ihr meinen Arm, den sie erst jetzt richtig wahr nahm. „Halt dich an mir fest.", kam Aiden auf mich zu und verwandelte sich. Er ging in die Knie, damit ich auf seinen Rücken steigen konnte.

„Kannst du dich verwandeln?", fragte Sam die Neue und sah sie prüfend an. Er hatte ein mulmiges Gefühl und suchte meinen Blick. Als ich ihn erwiderte, schüttelte ich kaum merklich den Kopf und er liess von ihr ab. Er vertraute mir und meinem Bauchgefühl. Und eben dies sagte mir, dass sie keine Feindin war. Die Neue nickte und kurz darauf stand ein Puma an ihrer stelle.

Kaum hatte ich meine gesunde Hand in Aidens Fell festgekrallt, rannte er los. Die anderen waren dicht hinter ihm und blickten wachsam in die Umgebung. Eigentlich war ich todmüde, doch bei diesem holprigen Ritt konnte ich es mir nicht leisten, meine Augen zu schliessen.

Irgendwann schlich sich ein Rhythmus in seine Schritte und wiegten mich langsam in den Schlaf. Mein Kopf sank in sein Fell und meine Hand hielt noch immer ein Büschel fest umschlossen.

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Panisch schrak ich hoch, als ich merkte, dass die Bewegung nicht mehr da war. Es war dunkel und ich brauchte einen Moment, um mich daran zu gewöhnen. Als es so weit war, erkannte ich, dass wir in einer alten Holzhütte waren. Der Mond schien hell, drückte sich durch die Holzlatten und hinterliess einige Schatten auf dem Boden.

Hybrid - Tochter einer halben WölfinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt