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„Ach komm schon, sag mir bitte wer.", quengelte ich schon fast, weil sie es mir nicht verraten wollte. Doch sie blieb hart und schüttelte auch beim dritten Mal den Kopf. Dann liess ich es sein und wechselte das Thema, was ihr einen kurzen, überraschten Blick entlockte.

Als es schon dunkel war, liess ich meinen Blick durch die Gegend schweifen. Irgendwann fiel mir auf, dass so gut wie keine Frauen dabei waren. „Psst.", flüsterte ich zu Pearl rüber. „Hmm.", murrte sie, weil ich sie von ihrem Weg in die Traumwelt gerissen hatte. „Wieso sind fast keine Frauen dabei?", fragte ich sie leise, darauf bedacht, niemanden zu wecken.

„Na was denkst du denn?", murrte sie müde und ich zuckte ahnungslos mit den Schultern. „Ach Tiana, die sind doch alle Mama.", antwortete sie mir und ich wäre am liebsten im Boden versunken, so peinlich war mir das. Ich hatte diese Tatsache total ausgeblendet, obwohl dies die logischste Erklärung war. „Gute Nacht.", murmelte sie noch belustigt, bevor sie sich abdrehte und schlief.

Danach bettete ich meinen Kopf bequem auf meine Pfoten, rollte mich zusammen und versuchte zu schlafen.

Lange ging es jedoch nicht und ich wurde aus meinem unruhigen Schlaf gerissen. Mit aufgerissenen Augen stand ich auf allen vieren und suchte die Umgebung nach der Gefahr ab. Ich sah nur Aiden, der aufrecht vor mir stand und mich besorgt musterte. Seufzend liess ich den Kopf hängen, als ich realisierte, dass ich wieder einen Albtraum hatte.

Unruhig lief ich hin und her und versuchte meinen Puls in den Griff zu kriegen. „Träumst du jede Nacht?", fragte Aiden mich, sobald ich mich etwas beruhigt hatte und mich etwas abseits der Gruppe wieder hinsetzte.
„Ja, fast.", seufzte ich und liess den Kopf hängen. Der Bär lief leise zu mir und setzte sich anmutig neben mich. „Immer das Selbe?", fragte er weiter und beobachtete mich genauestens. „Ja.", murmelte ich niedergeschlagen.

„Von was träumst du?", klang er sichtlich besorgt. Ich erhob meinen Blick und sah ihm in die Augen. Tatsächlich sorgte er sich um mich. „Von damals, als meine Eltern..", begann ich, brach jedoch ab, als sich ein Kloss in meinen Hals drängte. Der grosse Bär legte sanft eine Tatze auf meinen Rücken. „Du bist nicht mehr alleine, Tiana. Dir geschieht nichts.", redete er beruhigend auf mich ein.

Ich nickte dankbar und lehnte mich etwas gegen ihn, als er mich zu sich zog. Lange sahen wir in die Weite hinaus und genossen die Stille um uns herum. „Du sagtest, dass du fast immer davon träumst. An den anderen Tagen, träumst du da was anderes oder gar nichts?", unterbrach er die Stille mit dieser Frage. „Gar nichts.", gab ich ehrlich zu.

„Okay, gut. Dann müssen wir bloss herausfinden, was der Grund ist, der dich ruhig schlafen lässt.", sagte er voller Euphorie mir zu helfen.
Ein wehmütiges Lächeln stahl sich in mein Gesicht und Tränen stiegen in meine Augen. „Da gibt es nichts herauszufinden." „Was? Wieso nicht? Tiana, das ist deine Option von deinen Albträumen los zu kommen.", wollte er mich davon überzeugen.

„Ich weiss.", lächelte ich ihn an. „Aber..", begann er, doch ich unterbrach ihn. „Ich weiss den Grund schon." Beim Gedanken an Milo, breitete sich Wärme in mir aus, doch auch die Tränen, die mir hochgestiegen waren, liefen meine Wangen hinunter. „Warum weinst du denn?", war Aiden etwas überfordert, meiner Schlussfolgerung zu folgen.

„Aiden.. du checkst es mal wieder nicht oder?", meldete sich nun auch Pearl zu Wort, als sie sich zu uns gesellte und ausgiebig streckte, bevor sie sich Kraft gebend an mich lehnte. Aiden schüttelte verzweifelt den Kopf und wartete, bis ihm jemand auf die Sprünge half. „Es ist Milo.", verriet ich ihm den Grund.

Dadurch, dass er mich noch immer fragend ansah, wusste ich, dass er es noch nicht ganz kapiert hatte. „Dank Milo hatte ich traumlose Nächte.", verklickerte ich es ihm nun klar und deutlich. Und es funktionierte. Ich sah den Ah-Effekt in seinem Gesicht.

„Also hast du immer gut geschlafen, wenn Milo bei dir war?", vergewisserte er sich trotzdem und ich nickte. Glücklicherweise sah man unter meinem Fell nicht, wie meine Wangen begannen zu glühen. „Dann versuch es mal, indem du an ihn denkst, bevor du schlafen gehst.", schlug er mir vor. Pearl lachte kurz belustigt auf. „Du bist gut, Aiden. Denkst du, dass sie etwa nicht an ihn denkt, wenn sie einschläft?"

Er zuckte fragen mit den Schultern und sah zu mir. „Ja, tu ich.", gab ich zu. „Dann hilft das also nicht. Aber warum?", murmelte er vor sich hin und ich schüttelte den Kopf. „Ruf euren Abschied vor Augen und denke dir, dass es nun ein Wiedersehen ist.", versuchte er mir weiter zu helfen. „Wir.. wir hatten keinen Abschied.", flüsterte ich bedrückt.

„Keinen?!", entfuhr es Pearl überrascht und Aiden beobachtete mich genauestens. „Nein.", schüttelte ich den Kopf. „Ich war zu wütend und verletzt, weil Christina ihn abgeknutscht hat, dass ich ihm einige Tage aus dem Weg gegangen bin. Und als mich einige Leute aufgebaut hatten und mir eingeredet hatten, dass ich doch zu ihm soll, schlief er."

„Na das erschwert die Situation deutlich.", grummelte Pearl und sah in die Ferne. Ich mochte sie, auch wenn sie manchmal fies wirken konnte, da sie immer das sagte, was ihr auf der Zunge lag. Doch dafür war sie ehrlich.
„Pearl.", ermahnte Aiden sie, worauf sie schuldbewusst den Kopf einzog.
„Tut mir leid.", murmelte sie eine Entschuldigung.

„Schon gut.", nahm ich sie an und lächelte beide kurz an, bevor ich mich etwas entfernte und in den Himmel hinauf starrte. Die wenigen Sterne, die heute zu sehen waren, funkelten in dem pechschwarzen Himmel. Ich verlor mich in der Grösse des Himmels und liess mich darin schweben. Meine Gedanken waren für diesen Moment frei.

Ich hörte, wie Aiden und Pearl sich von mir entfernten und mir meinen Freiraum liessen. Die Müdigkeit holte mich langsam ein, doch ich versuchte dagegen anzukämpfen. Ich wollte nicht wieder einen schrecklichen Traum haben.

Meinen Blick in den Himmel fixiert, legte ich mich hin. Kurz bevor ich weg dämmerte, bildete ich mir ein, wie der Himmel in Milos Augenfarbe mir zuzwinkerte. Kurz schreckte ich hoch, in der Hoffnung, dass er es wirklich war, nur um dann enttäuscht meinen Kopf wieder auf meine Pfoten zu senken. In Gedanken an ihn schlief ich dann doch noch ein.

Hybrid - Tochter einer halben WölfinWhere stories live. Discover now