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Nachdem er uns deutete, dass wir warten sollten, ging Daniel weiter in die Kapelle rein. Erst jetzt bemerkte ich, dass eine Frau hier war und sich zu einem Bild an der Wand gewendet hatte.

Ich sah zu, wie der Alpha seine Arme von hinten um die Frau schlang und sie sanft an sich zog. „Hallo Schönheit.", hörte ich ihn zu ihr flüstern. Ja, ich hörte ihn, trotz dass er flüsterte, denn es war extrem still hier. Die Frau drehte sich in seinen Armen zu ihm und strahlte ihn an, streckte sich nach oben und küsste ihn.
Ich war so gerührt von diesem Szenario, dass sich mein Körper mit Gänsehaut bezog und mir eine Freudenträne in die Augen Stieg.

„Woher wusstest du, dass du mich hier finden würdest?", lächelte sie ihn an. „Ich hatte da so ne Ahnung. Und weil ich dich kenne.", zwinkerte er ihr verspielt zu, was mich leicht schmunzeln liess, weil ich dies bei Milo wieder erkannte. Sie boxte ihm spielerisch gegen die Brust, hob ihre Hände und zog ihn wieder sanft zu sich runter. Er liess es geschehen und grinste sie an, als er ein kleines Stück, bevor sie sich wieder küssten, inne hielt und sie kurz zappeln liess. Sobald sie knurrend aufgeben wollte, schloss er die Lücke und gab ihr einen sanften Kuss.

„Wir haben Besuch.", teilte er ihr mit, als sie sich von ihm löste und deutete auf uns. Ihr Blick schoss sofort zu uns und sie musterte erst Milo ausgiebig und dann mich. Ich errötete leicht, weil ich die ganze Zeit gebannt zugesehen hatte. „Du ähnelst ihr sehr.", lächelte sie mich an, als sie näher gekommen war. Jetzt konnte ich die Frau, welche etwas jünger war, als ihr Mann, besser sehen und musterte sie.

Sie hatte hellbraune, lange Haare, welche einen rostroten Schimmer in sich hatten und aussahen, als wären sie schwer zu bändigen. Ihre Augen waren in einem blaugrau, welches mir irgendwie bekannt vorkam, ich aber nicht wusste woher. Ihr Gesicht war sehr hübsch und ihr Lächeln strahlte eine gewisse Wärme und Geborgenheit aus.

„Ich bin Rhianna.", stellte sie sich vor und sah uns abwartend an. Dadurch, dass ich zu abgelenkt davon war, sie zu mustern, stupste Milo mich an und zog mich wieder in die Gegenwart. „Ich bin Milo und das hier ist..", begann er und wurde, wie zuvor ich, unterbrochen.
„Tiana. Ich weiss.", vollendete Rhianna den Satz.

Fragend sah ich zu ihr, da ich endlich Antworten auf all meine Fragen haben wollte. „Wo sind Clarissa und Owen?", fragte sie mich und wollte ihre alten Freunde unbedingt sehen, doch ich schüttelte traurig den Kopf. Der Kloss in Hals war wieder da und erschwerte mir das Sprechen. „Was ist geschehen?", fragte sie erschüttert.
„Vor drei Jahren kamen plötzlich fremde Männer aus dem Wald und mein Papa schickte mich ins Haus zu Mama. Sie hielt mir bereits einen Rucksack hin und befahl mir, dass ich fliehen soll.. und dass die Geschichten wahr wären. Ich tat wie geheissen, aber einen letzten Blick zurück konnte ich nicht ausschlagen. Da sah ich, wie Papa verletzt am Boden lag und Mama sich ins Geschehen stürzte.", erzählte ich nun auch ihnen eine Kurzfassung davon.

„Was für Männer?", hakte sie sofort nach. „Keine Ahnung, sie waren definitiv Wölfe und sahen gefährlich aus..", murmelte ich eine Antwort. Meine Kraft hatte mich verlassen und drohte, dass meine Stimme versagte.
„Was wollten die von euch?", hakte sie weiter nach.
„Ich denke wegen dem Geheimnis von meiner Mama.", gab ich leise zu. „Geheimnis?", war auch Daniel überrascht. „Ja, sie war ein Hybrid, wie du.", sah ich zu Rhianna, welche überrascht ihre Augen aufriss.

„Warum hat sie nichts gesagt?! Dann hätten wir sie besser beschützen können..", entfuhr es ihr verzweifelt.
„Weil sie wusste, dass wir sie bestimmt nicht gehen lassen hätten. Du weisst doch, dass es ihr Traum war, irgendwo ein neues Leben zu beginnen. Ich glaub sie hatte Angst, dass wir sie zurückgehalten hätten.", versuchte Daniel sie zu beruhigen, was ihm schlussendlich auch gelang.

„Deshalb lebte sie ihr Leben im Dorf so ziemlich ruhig und im Hintergrund.", ging Rhianna ein Licht auf. „Ich war natürlich die, die sehr zu meinem Leid, die ganze Aufmerksamkeit der Leute auf mich gezogen hatte. So konnte sie und ihr Vater ihr Geheimnis gut bewahren." „Ja, deshalb und auch weil ihr sie hier aufgenommen und gerettet habt, wollten sie mir einen Namen geben, der sie immer an dich erinnerten.", erklärte ich ihr.
„Und ich dachte das wäre bloss, weil ich sie vor meinem Stiefvater gerettet hatte.", verzog sie ihr Gesicht, als sie ihn erwähnte.

„Hast du seit diesem Tag an jemals einer dieser Männer wieder gesehen?", stellte Daniel die Frage. „Ja. Letztens begegneten wir einem der Männer, als er mit einer Schulklasse Campen war. Wir sind sofort abgehauen.", gab ich ehrlich zu und der Alpha sah leicht besorgt aus. „Es könnte einer von denen sein, die ihre verlorenen Kollegen rächen wollen.. ich muss mit Nathan sprechen.", wandte er sich zu seiner Frau, welche ebenfalls alarmiert aussah und nickte.

Doch bevor er überhaupt einen Schritt gehen konnte, ging die Tür der Kapelle auf und ein Mann schlüpfte hinein. Erst als er sich umdrehte und uns sah, hielt er inne und sah von Rhianna zu uns und musterte uns. Er war etwa im Alter von Rhianna, war gross und kräftig gebaut und hatte schwarze, verwuschelte Haare, unter welchen leuchtend blaue Augen hervor schauten. An seinem Hals war eine grosse Narbe zu sehen, welche von oben bis unten verlief und sicherlich geschmerzt hatte.

„Tiana.", sprach er meinen Namen. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht und er sah sich in der Kapelle um, so als würde er jemanden suchen. Doch als er die Person nicht fand, erlosch sein Lächeln und er sah zu Rhianna. Sie schüttelte traurig den Kopf, in den Augen hatte sie Tränen. „Nein!", schrie er erschüttert und fiel auf die Knie, als seine Beine unter ihm nachgaben. „NEIN! OWEN!", schrie er wieder und ich hörte den Schmerz klar und deutlich, den er verspürte. Rhianna kniete sich neben ihn und zog ihn in ihre Arme, während der grosse Kerl anfing zu schluchzen.

Dies war der Moment, in dem ich mich nicht mehr zurück halten konnte und auch mir die Tränen über die Wangen liefen. Zu sehen, dass es nicht nur mir schmerzte, löste meine Trauer wieder unaufhaltsam aus.

Hybrid - Tochter einer halben WölfinWhere stories live. Discover now