44

643 60 38
                                    

Ein Rütteln und Schaukeln weckte mich etwas unsanft, als mein Kopf von der Scheibe glitt, nur um danach hart dagegen zu knallen. Stöhnend rieb ich meinen Kopf und sah mich um. Wir fuhren auf einem Feldweg, wenn man das noch so nennen durfte, mitten durch den Wald.

Der Weg war kaum noch zu erkennen, so zugewachsen war er. Wurzeln schlangen sich kreuz und quer darüber und versteckten die Schlaglöcher, welchen wir nicht ausweichen konnten.
„Wieso fahren wir im Wald?", fragte ich in die Runde, doch keiner beachtete mich.

Seufzend drehte ich meinen Kopf und blickte nach draussen. Der Weg vor uns wurde immer schwieriger zu befahren und wir mussten unser Tempo drosseln. „Wir sind bald da.", war die einzige Antwort, die ich bekam.

Und tatsächlich tat sich nach 10 weiteren Minuten eine kleine Lichtung auf, auf welcher wir anhielten. Ich konnte es kaum erwarten, die Türe zu öffnen, aus dem Wagen zu klettern und mich ausgiebig zu strecken. Wir waren nicht so lange unterwegs gewesen, denn der Stand der Sonne verriet mir, dass es kurz nach Mittag war.

Mein Rücken knackste trotzdem, als ich mich verrenkte, um mich zu strecken. Pearl grinste mich an, während sie ähnliche Bewegungen machte, die auch ihre Knochen zum Knacken brachten. „Du hast im Schlaf geredet.", grinste sie weiter. Meine Augen wurden gross und ich hoffte, dass ich nichts peinliches gesagt hatte, was ich bereuen würde.

„Nein, war bloss Spass, du hast nur etwas gesabbert.", prustete sie los, als sie meinen Blick sah. „Ha ha. Sehr witzig.", musste auch ich gegen meinen Willen schmunzeln, rieb mir aber schnell über den Mund. „Wo sind denn die anderen?", fiel mir nun endlich auf, als ich mich umsah und kein weiteres Auto entdeckte.

„Wir haben uns aufgeteilt. Das hier ist ein zu kleines Gebiet, um alle miteinander jagen zu gehen. Wir werden morgen früh wieder zu ihnen aufbrechen.", erklärte Aiden mir sachlich. Als ich nichts darauf sagte, wandte er sich ab und scannte mit seinem Blick die Umgebung ab.

„Also gut. Wir werden gleich los gehen, dann haben wir den Abend frei.", beschloss er und verwandelte sich. Wir taten es ihm gleich und warteten auf weitere Anweisungen. „Ich denke es ist effizienter, wenn wir uns in zwei Gruppen aufteilen. Sam du gehst mit Tiana und ich gehe mit Pearl."

Keiner widersprach, doch Sam und ich wechselten einen kurzen Blick. Ich wusste, was er mir sagen wollte. Er sah mich eindringlich an, denn er wollte nicht, dass ich mich in eine gefährliche Situation begab und ich nickte, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich mich nicht in Gefahr stürzen würde.

Wir trotteten gemütlich neben einander durch das Gebiet und hielten Ausschau nach was Essbarem. Keiner verlor dabei auch nur ein einziges Wort. Die Stille, die dabei entstand war ohrenbetäubend. Nicht, weil es unangenehm wäre, sondern weil wirklich kein einziges Geräusch zu hören war. „Sam?", unterbrach ich die Stille doch noch. „Das gefällt mir nicht. Es ist zu leise." „Ja, mir gefällt es auch nicht.", pflichtete er mir bei und schaute sich wachsam um.

„Komm wir gehen zurück.", brachte er die beste Idee, die er jetzt haben konnte. Nichts lieber als das folgte ich ihm zurück und jeden Schritt den wir gingen, wurden wir dieses unbehagliche Gefühl etwas mehr los. „Das - war das komischste, was ich bis jetzt erlebt habe.", atmete ich erleichtert auf, als wir zurück waren und Sam pflichtete mir mit einem abwesenden Nicken bei.

„Hey, Leute.", hörte ich Pearl schon von weitem, als sie und Aiden auf uns zukamen. Sie, wie auch er hatten den selben grusligen Blick im Gesicht, wie auch wir ihn gehabt hatten. „War es bei euch auch so gruselig?", fragte ich und sie sahen sich verwundert an. „Bei euch also auch?", stellte Aiden besorgt fest und Sam nickte.

„Also gut. Steigt ein, wir gehen zurück. Hier gibt es sowieso nichts zu holen.", beschloss Aiden, lief aus Auto zu und verwandelte sich kurz bevor er den Türgriff in der Hand hatte. Sam war genau so schnell wie er am Auto und die beiden sassen schneller drin, als man hätte Verwandlung sagen können.
Verwundert sah ich zu Pearl, welche meinem Blick auswich und sich ebenfalls beeilte ins Auto zu steigen.

Irgendetwas ging hier vor und keiner der drei wollte mir sagen, was es war. Doch alle wollten so schnell wie möglich fort. Kaum hatte ich mich auf den Rücksitz gesetzt und die Tür zu gezogen, fuhr Aiden schon los und raste den Weg unglaublich schnell zurück. Die holprige Hinfahrt vorher war in Gegensatz zu jetzt eine sanfte Fahrt gewesen.

Jetzt schaffte ich es kaum, meinen Gurt in die Schnalle zu kriegen, um wenigstens ein bisschen Halt zu kriegen und so musste ich mich irgendwo festkrallen, um nicht wie in einem Schüttelbecher durchgeschüttelt zu werden. Aiden fuhr wie gepickt und Sam sah hochkonzentriert in die Umgebung. Was ist denn mit denen los?

Pearl neben mir klammerte sich verzweifelt an den Türgriff und Schweissperlen waren auf ihrem noch blasserem Gesicht als sonst zu sehen. Sie sah aus, als hätte sie den Teufel gesehen. So sahen sie alle drei aus.
Als sie meinen besorgten Blick sah, versuchte sie die Angst mit einem Lächeln zu überspielen.

Ich lächelte zurück, doch täuschen konnte sie mich nicht. Keiner der drei. Irgendetwas war hier faul und ich würde schon noch dahinter kommen, auch wenn niemand darüber reden wollte.

Als der Waldweg endlich besser befahrbar wurde und die Strasse in Sicht kam, legte sich auch die Anspannung der anderen und die Stimmung wurde erträglicher. Es kam mir vor, als könnten sie endlich erleichtert aufatmen und die Gefahr sei ausser Reichweite. In solchen Momenten würde ich gerne Gedanken lesen können. Dann wüsste ich wenigstens, was das vorhin gerade zu bedeuten hatte.

Zu allem hinzu, zogen auch noch Wolken auf und die ersten Regentropfen fielen vom Himmel. Gedankenverloren beobachtete ich, wie ein Regentropfen der Scheibe entlang den Weg nach unten suchte. Wie aus dem Nichts schüttete es plötzlich in Strömen und Aiden war gezwungen den Wagen anzuhalten, da er nichtmal mit der schnellsten Stufe des Scheibenwischers gegen die Wassermenge ankam.

Er hatte Glück und wir fanden schnell einen Kiesplatz, auf welchem wir auf die Seite fahren konnten und den richtig Wahnsinnigen die Strasse frei zu halten. Doch davon gab es keinen. Kein einziges Auto fuhr auf der Strasse.
Im Auto war angespannte Stille, denn niemand wagte es, das erste Wort zu sprechen und so sah jeder aus seinem Fenster und schwieg.

Weit in der Ferne, wo der Waldrand war, dachte ich, ich hätte was gesehen. Ein Tier, das genau zu uns sah. Doch als ich blinzelte und den Kopf kurz schüttelte, um zu Besinnung zu kommen, war da nichts, als ich wieder hinsah.

Das Prasseln der Tropfen auf dem Dach, fing an mich zu beruhigen und so lehnte ich den Kopf an die Scheibe. Während die Tropfen, die ich beobachtete immer verschwommener wurden und ich in den Schlaf sank, erinnerte ich mich, dass ich dieses Gefühl schon mal erlebt hatte. Dieses unbehagliche Gefühl, ich hatte es schon einmal gespürt. Und als ich wusste woher, schrak ich auf und sah die drei im Auto prüfend an.

Hybrid - Tochter einer halben WölfinWhere stories live. Discover now