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Als endlich meine Tränen wieder versiegelten, nur dank Milo, der mich fest in seine Arme schloss, sah ich, dass einiges los war. Eine blonde, hübsche Frau war herein gekommen und hielt nun den Mann mit der Narbe am Hals fest. Sie flüsterte immer wieder irgend welche Worte in sein Ohr. Ein alter Mann, der hellbraune, kurze Haare hatte, welche rostrot schimmerten und einige graue Strähnen versuchten zu überdecken, war ebenfalls hier und sprach mit Daniel.

„Er hat sie bei der selben Wurzel entdeckt, bei welcher damals Rhianna Unterschlupf fand.", sagte er dem Alpha. Die selbe Wurzel?! Das musste schon sehr grosser Zufall sein.. Oder? Fragend sah ich zu Milo, welcher eben auch mitgehört hatte und er zuckte verwundert mit den Schultern. „Das ist doch gut oder? Das heisst, die Tarnung funktioniert noch.", war Daniel erfreut, dies zu hören. „Ja, das ist sehr gut.", pflichtete der alte Mann ihm bei.

Als dieser Mann merkte, dass Milo und ich noch immer hilflos hier standen, drehte er sich zu uns und lächelte uns freundlich an. Er hatte diese graublauen Augen, welche mir vorher so vertraut vorgekommen waren! „Sie sind der Vater von Rhianna!", entfuhr es mir, bevor ich überhaupt die Kontrolle über meinen Mund hatte. Der alte Mann schmunzelte und lächelte uns an. „In der Tat. Ich heisse Nathan und bin der Löwe, der hinter euch lief.", stellte er sich uns vor.

„Es tut mir leid, dass euer Empfang nicht freundlicher war.", entschuldigte er sich dafür. „Aber ihr dürft es ihm nicht übel nehmen. Er war der beste Freund deines Vaters und die beiden waren wie Brüder." „Also ist das Elay?", fragte ich neugierig. Mein Vater hatte mir einige Geschichten von ihm erzählt und dabei oft seinen Namen erwähnt. Dies war der einzige Namen, der jemals in den Geschichten erwähnt wurde und deshalb war der an mir hängen geblieben. Nathan nickte bloss. „Kommt, ich zeig euch eure Unterkunft, bis alles geregelt ist.", führte er uns aus der Kapelle raus.

In einem Gebäude angekommen, welches aussah wie ein Krankenhaus, führte er uns in einen Raum, der aussah wie eine kleine Wohnung. Es hatte zwei Schlafzimmer, die bloss mit einem Bett ausgestattet waren und ein kleines Wohnzimmer mit einer kleinen Kochinsel. Das Badezimmer war ebenfalls klein, doch es war mehr als genug für mich.

„Es ist nicht gross, aber für den Anfang reicht es.", zog Nathan unsere Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Caroline, die Krankenschwester, wird in diesem Haus hier sein, falls ihr einen Wunsch habt. Ruht euch erst mal aus und später wird euch jemand holen kommen." Mit diesen Worten ging er und zog die Tür hinter sich zu.
Unsicher, was ich denn jetzt tun sollte, blickte ich zu Milo, welcher aufsah, als er meinen Blick auf sich spürte.

Er lief ums Sofa rum, kam auf mich zu und schloss mich fest in seine Arme. „Wir haben es geschafft.", nuschelte er in meine Haare und ich nickte leicht. Doch richtig erleichtert war ich nicht, seit dem Gespräch plagte mich immer wieder ein Gedanke, welchen ich erfolgreich verdrängt hatte. Was ist, wenn dieser Mann nach mir sucht?
„Wir sind nicht mehr alleine und der Alpha ist vorgewarnt. Wir sind stärker als dieser Mann.", antwortete Milo darauf. Verwundert sah ich zu ihm hoch und stellte fest, dass ich diese Frage wohl laut gedacht hatte.

„Und was tun wir jetzt?", wusste ich nichts mit mir anzufangen. Ich war seit drei Jahren auf der Flucht und immer in Bewegung und jetzt plötzlich nichts zu tun, überforderte mich irgendwie. „Wie wärs, wenn wir uns hinlegen und uns ein bisschen ausruhen?", stahl sich ein Lächeln in sein Gesicht, was mir verriet, wie sehnsüchtig er an ein Bett dachte. Lächelnd nickte ich bei dem Gedanken an ein Bett und merkte, wie müde ich plötzlich war. „Das ist eine hervorragende Idee.", kommentierte ich seinen Vorschlag und suchte mir ein Bett aus, in welches ich mich fallen liess.

Nach einer halben Stunde, in welcher ich nicht einschlafen konnte, wechselte ich meine Liegeposition und versuchte es weiter. Doch auch so war es mir nicht bequem und mein Kopf wollte mir keine Ruhe gönnen. Er war voller Gedanken und Fragen, die auf eine Antwort warteten. So kam es, dass ich mich alle paar Minuten im Bett wälzte und kein Auge zubekam.

„Denk nicht so viel darüber nach.", murmelte Milo vom anderen Zimmer aus. „Tschuldigung, ich wollte dich nicht vom Schlaf abhalten.", entschuldigte ich mich, drehte mich ab und versuchte so ruhig wie möglich zu sein. „Tust du nicht.", hörte ich ihn deutlicher, weshalb ich mich umdrehte und fast erschrocken wäre, als sein Gesicht über mir war.

Er legte sich neben mich ins Bett und war mir näher, als ich erst dachte, da ich mich vollends zu ihm drehte. Seine Nase berührte fast meine und als ich in seine Augen schaute, schaffte ich es nicht, meinen Blick wieder abzuwenden. Lange sahen wir uns in die Augen und bevor er seinen Kopf ins Kissen drückte, glitt sein Blick nur ganz kurz über meine Lippen. Oder hatte ich es mir bloss eingebildet? Danach blickte er an die Decke und hing seinen Gedanken nach.

Auch streifte sein Blick meine Lippen nicht mehr, weshalb ich mir sicher war, dass ich es mir bloss eingebildet hatte. Oder schliesslich musste der Blick irgendwo hin gleiten, als er ihn von meinen Augen abwandte. Also wieso grübelte ich gerade über solch belangloses Zeug, anstatt mir ernsthafte Gedanken über den Mann zu machen.

Gedankenverloren starrte ich ebenfalls an die Decke und schmiegte meinen Kopf an seine Brust, bevor mir langsam die Augen zufielen.

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Ein Klopfen an der Tür drängte sich in mein Unterbewusstsein, doch aus dem Schlaf gerissen wurde ich erst, als mein Kopfkissen sich bewegte und aufstand.
Ich hatte total vergessen, dass Milo zu mir ins Bett kam und ich wohl auf ihm eingeschlafen war. Mit verwuschelten Haaren lief er zur Tür und bevor er sie öffnete, strich er sich vergebens noch einmal mit der Hand durch die Haare.

„Dürfen wir rein kommen?", hörte ich eine bekannte Stimme. Milo trat bei Seite und schloss die Tür, sobald die Person drinnen war. Mühselig rappelte ich mich aus dem Bett und ging aus dem Zimmer, um zu sehen, wer denn gekommen war. Im kleinen Wohnzimmer befanden sich nun fünf weitere Personen, die sich alle eine Sitzgelegenheit schnappten. Müde rieb ich mir die Augen und unterdrückte ein Gähnen, als ich mich zu ihnen gesellte. „Hallo Tiana.", begrüsste der Alpha mich und ich nickte in die Runde.

„Bitte setzt euch.", forderte er uns auf und wir taten wie geheissen. Wieso plötzlich fünf Leute hier waren, war mir ein Rätsel. Doch ich erkannte Elay, der noch immer ziemlich verweint aussah und sich an die Hand der blonden Frau, welche wahrscheinlich seine Frau war, klammerte. Neben dem Alpha sass Rhianna, welche zwischen ihm und ihrem Vater sass.

„Es tut uns leid, dass ihr keinen schöneren Empfang hattet.", fing der Vater, Nathan, an zu sprechen. „Normalerweise werden die Leute in meinem Rudel herzlicher empfangen, wenn sie hier her gehören."
„Dein Rudel?", unterbrach ich ihn schon mal, da ich dachte, dass Daniel der Alpha war. „Sein Rudel. Er hat es gegründet und hier alles aufgebaut. Ich bin bloss der Alpha.", mischte Daniel sich ein und zwinkerte Nathan zu.

Jetzt war ich irgendwie verwirrt. Anscheinend sah man es mir an, denn Nathan schmunzelte. „Im Prinzip ist Daniel der Alpha und alle haben ihm zu folgen, doch mein Dad zieht hier sein eigenes Ding durch und folgt bestimmt niemandem, den er gross gezogen hat. Sie unterstützen sich gegenseitig.", erklärte mir Rhianna etwas verständlicher, obwohl mir auch da einige Fragen aufkamen. „Bist du sein Kind?", fragte ich verblüfft, denn ich wusste, dass Rhianna Nathans Tochter war. Die betreiben doch keine Inzest, oder? Bevor ich mir aber zu viele Gedanken darüber machen konnten, verneinte Daniel meine Frage.

„Er ist wie ein Vater für mich, aber er ist nicht mein leiblicher Vater. Er hatte mich als kleiner Junge verlassen aufgefunden und seit da an grossgezogen. Aber das ist eine andere Geschichte für ein anderes Mal." Ich nickte, um zu zeigen, dass ich es verstanden hatte und merkte mir, dass ich ihn irgendwann mal darauf ansprechen sollte.
„Wir wollten euch endlich willkommen heissen und dir unser tiefstes Beileid aussprechen.", griff Daniel auf unser anfängliches Thema zurück.

Hybrid - Tochter einer halben WölfinWhere stories live. Discover now