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„Seid ihr alle bereit?", fragte Aiden in die Runde und alle nickten ungeduldig. Sie alle konnten es kaum noch erwarten, endlich los zu legen. Vorhin hatte Aiden uns noch die wichtigsten Infos gegeben, wie zum Beispiel, dass wir nur in einem Radius von drei Kilometern jagen gingen.

„Na dann, los gehts.", grinste er in die Menge und kaum hatte er das gesagt, verwandelte sich einer nach dem anderen und preschte los. Wir alle hatten eine andere Richtung zugeteilt bekommen, damit wir so effizient wie möglich das Gebiet absuchen konnten. Zwei Männer blieben bei den Wagen, um uns dort die Beute abzunehmen und um zu schauen, dass uns niemand ungebeten näher kam.

Also verwandelte ich mich ebenfalls und rannte los, in die Richtung, welche ich zugeteilt bekommen hatte. Aiden lief neben mir her. Er würde etwas abseits von mir sein, jedoch nahe genug, um sofort bei mir zu sein, falls was wäre.

Die Bäume flogen an mir vorbei, in solch einer hohen Geschwindigkeit rannte ich los. Nachdem ich die ersten hundert Meter hinter mir hatte, verlangsamte ich mich und spitzte meine Ohren. Hochkonzentriert, jedes noch so kleine Geräusch zu zuordnen, schlich ich in den Schatten der Bäume durch die Gegend.

Wenn ich mich richtig anstrengte, konnte ich Aiden hören, der weiter rechts von mir einen Baum hoch kletterte und sich einen Aussichtspunkt einrichtete. Weiter links von mir hörte ich einen Mann, der ein Jaguar war, wie er geschickt durch die Gebüsche schlich.

Vor mir irgendwo hörte ich ein Tier, welches gerade aus einem Bach trank. „Tiana.", sprach Aiden mich an. „Ich weiss, ich höre es.", flüsterte ich zurück, da ich noch immer voll darauf konzentriert war. „Du hörst es?", war er verwundert, schmiedete aber sofort einen Plan. „Jeff. Umrunde schnell das Tier und komme von hinten. Tiana, du gehst noch etwas nach links und ich komme von rechts."

Ohne dass noch jemand was sagte, ging jeder los. So leise, wie möglich rannte ich auf das Tier zu. Bevor ich dort war, verlangsamte ich mich und ging geduckt, versteckt in den Gebüschen, auf das Tier zu. Jetzt, als ich nahe genug war, sah ich, dass es ein Hirsch war, der genüsslich Wasser trank.

Er hatte uns noch nicht bemerkt und wägte sich in Sicherheit. Bis ein Ast knackte und er alarmiert hoch schrak.
Seine Ohren suchten nach dem Grund für dieses Geräusch. Ein Rascheln erklang hinter ihm und Jeff trat geduckt aus dem Gebüsch.

Der Hirsch rannte sofort los, weg von dem Jaguar, geradewegs auf mich zu.
Kurz bevor er bei mir ankam, entdeckte er mich, wie ich hinter einem Baum hervor trat. Er sah mir erschrocken in die Augen und liess ein Schreckensgeräusch los, bevor er schlitternd nach links abbog und in Aidens Richtung rannte.

Jeff und ich trieben den Hirsch an, indem wir ihm folgten. Von Aiden war nirgends eine Spur zu sehen. Plötzlich, wie aus dem Nichts, blockierte ein grosser Bär den Fluchtweg des Hirsches. Bevor der reagieren konnte, hatte Aiden ihn gepackt und ihm sauber und schnell das Genick gebrochen.

Der Hirsch fiel schlaff auf den Boden und blieb dort liegen. Ich hatte es noch nie gemocht, ein Tier umzubringen, doch um zu überleben, war dies leider notwendig. Damals auf der Flucht hatte ich lernen müssen, meine Gedanken abzuschalten und meinem Jagdinstinkt die Kontrolle zu überlassen. So war das Leben nun Mal, hatte ich mir immer eingeredet, damit es mir leichter fiel.

Ohne weitere Worte halfen Jeff und ich, den Hirsch auf Aidens Rücken zu befördern, damit er ihn zurück zu den Autos bringen konnte. Auf halbem Weg zurück, blieb Aiden kurz stehen. „Jeff, geh bitte zurück nach rechts, sie haben eine Beute gesichtet.", teilte er ihm mit und Jeff verschwand, ohne noch eine Sekunde zu verlieren. Keine hundert Meter weiter sah ich, wie Aiden zögerte.

„Ist alles gut?", fragte ich ihn. „Sie haben noch eine Beute entdeckt.", meinte er bloss und lief mit gemischten Gefühlen weiter. „Soll ich helfen gehen?", bot ich ihm an und ich spürte, wie er mit sich rang. „Eigentlich möchte ich, dass du in meiner Nähe bleibst. Ich hab ihr versprochen, auf dich aufzupassen." „Aiden, ich bin dir auch sehr dankbar dafür, aber ich war drei Jahre alleine. Ich kann das schon.", versuchte ich ihn zu überreden.

Er rang noch immer mit sich und ich wusste, dass wir mit jedem Schritt, den wir näher zu den Autos, weiter weg von der Beute machten. „Ich verspreche dir, ich pass auf mich auf.", fügte ich dem hinzu, was ihn schlussendlich ungern nachgeben liess. „Also gut, aber danach kommst du mit den anderen zurück.", sprach er seine Bedingung und ich nickte.

„Sie sind etwa einen Kilometer weiter links.", verriet er mir wo und ich rannte los, während er mir noch hinter her rief, dass ich auf mich aufpassen soll.
Schnell rannte ich in die Richtung, welche Aiden mir gesagt hatte und schon bald war ich in der Nähe.

Mit gespitzten Ohren duckte ich mich hinter den Gebüschen und lauschte in die Umgebung. „Tiana, wo bist du?", hörte ich eine männliche Stimme in meinem Kopf. „Ich bin schon da.", antwortete ich. „Sehr gut. Also es sieht folgendermassen aus. Wir drei können nicht weiter, ohne dass uns das Wildschwein entdeckt. Bitte komm von hinten und treib es in unsere Richtung.", beschrieb er die Situation und meine Aufgabe.

„Alles klar.", entgegnete ich und schlich mich auf meinen Platz. Das Wildschwein grübelte mit seiner Nase in der Erde herum und suchte nach etwas Essbarem, ohne zu wissen, dass es bald selbst zu Essen wurde.
Extra laut trat ich durch das Laub, das auf dem Boden lag und das Wildschwein riss erschrocken den Kopf in die Höhe.

Als es mich entdeckte, wie ich geduckt mit gefletschten Zähnen dastand, zuckte es kurz erschrocken zusammen. Danach sammelte das Schwein all seinen Mut und rannte bedrohlich auf mich zu. Ich begann zu knurren, doch das Wildschwein wich nicht von seinem Pfad. Oh nein, nicht schon wieder.

„Tiana, mach dass du da weg kommst! Die sind gefährlich, das Schwein wird dich umrennen!", schrie mir jemand zu, doch ich blieb stur, wo ich war. Ich war schon ein Mal in dieser Situation. Damals, als ich auf der Fluch und fast am verhungern war. Das Schwein war auf mich zu gerannt und aus purer Verzweiflung hatte ich mich ihm quer gestellt.

Es hatte geklappt, denn kurz bevor es tatsächlich bei mir war, wandelte sich die Entschlossenheit in dessen Augen zu Unsicherheit. Es war zu spät, um den Plan zu ändern, doch es hatte sein Bestes versucht. Wir hatten gerammelt und es hatte mich leicht verletzt. Schlussendlich aber, gelang es mir, es zu besiegen und ich hatte ein Abendessen.

„Ich krieg das hin!", schrie ich dem Mann zurück, der verzweifelt einen kleinen Fluch über die Lippen liess. „Wenn dir was geschieht, reisst Aiden mir den Kopf ab, also bitte lass es sein!", versuchte er mich weiterhin davon abzuhalten, während er dem Schwein nach rannte.

„Ich sagte, ich krieg das hin.", knurrte ich zurück, kurz bevor das Schwein bei mir angelangt war. Diesmal war ich darauf vorbereitet und ich duckte mich geschickt weg und biss ihm in den Nacken, der sich mir auf den Silbertablet präsentierte.

Die Knochen gaben nach und das Schwein blieb reglos liegen. Der Mann, der dem Schwein nach gerannt war, ein dunkelgrauer Wolf, kam schlitternd neben mir zum Stehen und sah mich wütend an. „Du sollst dich nicht in unnötige Gefahr begeben.", fuhr er mich an. In seinen hellbraunen Augen sah ich die Erleichterung und Sorge.
„Tut mir leid, es ist ja alles gut gegangen.", entschuldigte ich mich bei ihm.

Der Wolf sah mich leicht verärgert an, während ich das Schwein umdrehte. „Das würde ich nie tun.", ergänzte ich ehrlich meine Entschuldigung, was den Wolf überrascht aufblicken liess. Die anderen beiden kamen auch endlich bei uns an, sahen fragend zwischen uns hin und her und als niemand was sagte, halfen sie, das Schwein zu den Autos zu tragen.

Hybrid - Tochter einer halben WölfinWhere stories live. Discover now