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Wütend fixierte der Löwe mich und fauchte mich an. Na toll. Und was jetzt?
Ich hatte mich in diese Situation gebracht und nun wusste ich keinen Ausweg. Mir blieb nichts anderes, als alles zu riskieren. Also knurrte ich ihn an. Der Löwe fauchte wieder und schlich um uns herum. Ich ging in Angriffsstellung über und knurrte ihn an, während ich dafür sorgte, dass er Milo nicht zu fassen bekam.
„Es tut mir leid, Tiana.", murmelte Milo eine Entschuldigung. „Milo, du kannst nichts dafür.", entgegnete ich ihm, während ich weiterhin den Löwen anknurrte.

Gerade als der Löwe auf mich springen wollte, hielt er inne und zog sich frustriert und mit eingezogenem Schwanz leicht zurück. Zeit zum Aufatmen blieb uns nicht, denn hinter ihm erschien noch ein Löwe. Er sah älter aus, als der andere, aber auch einiges Kampferfahrener. Milo hüpfte schnell auf meinen Rücken und hielt sich in meinem Fell fest.

Der ältere Löwe beobachtete dies mit einem belustigten Ausdruck und schnaubte. Der junge Löwe drehte sich darauf hin in die Richtung, aus welcher er gekommen war. Der ältere deutete uns, dass wir ihm folgen sollten und wartete, bis wir an ihm vorbei waren. Danach lief er uns hinterher. Mir war dabei kein bisschen geheuer und am liebsten würde ich so weit wie möglich weg von ihnen. Ich wollte nicht als Mahlzeit und schon gar nicht als Sklave enden.

„Ist bei dir alles in Ordnung?", unterbrach Milo die Stille. „Ja und bei dir?", fragte ich zurück. „Ja, dank dir.", hörte ich seine Erleichterung.
„Mann Milo, was hast du dir dabei gedacht, alleine im Wald herum zu laufen?!", stieg plötzlich eine Wut in mir hoch, welche ich nicht erklären konnte. Vielleicht war es, weil mir klar wurde, wie knapp das alles gewesen war. „Tut mir leid. Ich wollte auf einen Baum klettern, um zu prüfen, ob man von oben was sehen könnte. Aber bevor ich das tun konnte, war da schon dieser Löwe vor mir und hat mich zurück gedrängt.", entschuldigte er sich mit Erklärung.

„Du hättest mich wecken können.", warf ich ihm vor. „Das hab ich versucht, aber du warst nicht wach zu kriegen!", wurde er lauter und zog mich, so stark, wie es nunmal als Eichhörnchen ging, an meinem Ohr.
Hinter mir hörte ich ein lachendes Schnauben, welches von dem älteren Löwen gekommen war. In seinen Augen spiegelte sich wider, wie amüsant er unser Getue fand, als ich mich wagte zurück zu blicken.
Schnell richtete ich meinen Blick wieder nach vorne, damit ich nicht aus Dummheit noch über eine Wurzel stolperte und schwieg.

Ich glaub die sind von diesem Rudel, welches hier im Wald leben soll.", unterbracht Milo als erstes das Schweigen, das zwischen uns herrschte. „Stimmt. Da könntest du recht haben.", stimmte ich ihm zu.
„Und was ist, wenns nicht so ist?", plagten mich plötzlich angstmachende Gedanken. „Dann werden wir weiter suchen müssen.", gab Milo mir die logischste Antwort, die er nur geben konnte, mir aber keines Wegs half. „Danke, Mister Schlaumeier. Darauf wäre ich nie und nimmer gekommen.", kommentierte ich sarkastisch, was ihn zum lachen brachte.

Doch mitten in seinem Lachen brach er ab, denn der junge Löwe vor uns blieb plötzlich stehen und ein schwarzer Wolf, welcher definitiv der Alpha war, solche Macht strahlte er aus, kam auf uns zu. Er nickte dem jungen Löwen zu und blickte danach zu dem älteren Löwen, als der jüngere zwischen den Bäumen verschwunden war.

Ohne Vorwarnung verwandelte sich der Wolf und ein Mann mit kurzen, lockigen, dunkelbraunen Haaren und haselnussbraunen Augen, der so um die 50 war, stand vor uns und sah uns eindringlich an. „Hallo. Ich bin Daniel, der Alpha dieses Rudels.", begrüsste er uns freundlich und zugleich streng. Trotz der Freundlichkeit spürte ich, die Macht, die von ihm aus ging, was mich mit gemischten Gefühlen stehen liess.
„Tiana? Sollen wir uns verwandeln?", riss Milo mich aus meinen Gedanken. „Ich denke schon.", antwortete ich und Milo hüpfte von meinem Rücken.

Kaum war er von mir runter, verwandelten wir uns und standen als Menschen vor ihm. In Daniels Augen konnte ich sehen, dass er mich irgendwie erkannte. „Das hier ist Milo und ich bin..", fing ich an, wurde aber unterbrochen. „Tiana.", fiel ihm mein Name aus seinem Mund. Überrascht blickte ich kurz zu Milo, welcher ebenfalls überrascht zu mir blickte.
„Ja.", bestätigte ich ihm und er nickte.
„Schön, dass du hier bist. Willkommen in deinem zweiten zu Hause.", lächelte er mich warm an und bedeutete dem Löwen, dass alles in Ordnung war.

„Also ist es wahr? All diese Geschichten von meinen Eltern über diesen Wald.", fragte ich ihn mit grossen Augen. „Ja, Owen und Clarissa waren eine kurze Zeit hier, bevor sie sich dazu entschlossen hatten, an einem anderen Ort einen Neuanfang zu wagen, so wie sie es schon immer wollten.", erzählte er mir. „Aber dass du hier ohne sie bist, bedeutet nichts Gutes oder?", war er augenblicklich leicht traurig darüber.
Mit einem Kloss im Hals schüttelte ich bloss den Kopf und versuchte angestrengt die Tränen zurück zu drängen. Milo neben mir spürte dies und drückte mich sanft an sich.

„Das tut mir aufrichtig leid.", sprach der Alpha sein Beileid. Dankbar nickte ich und konnte es nicht verhindern, dass doch eine Träne über meine Wange kullerte, welche Milo sah und mit einem Finger sanft weg wischte.
Der Alpha wandte sich den Löwen zu, welcher noch nicht von der Stelle gewichen war. „Kannst du Caroline informieren? Ich bring die beiden mal zu Rhianna, ich glaub sie würde sie gerne kennen lernen." Der Löwe nickte und verschwand kurz darauf in die selbe Richtung, wie zuvor der andere Löwe.

„Na dann kommt mal mit.", forderte Daniel uns auf und lief vor uns her. Zögerlich blickte ich zu Milo, der mir ermutigend zunickte und so liefen wir dem Alpha hinterher. Meine Aufregung wurde immer grösser, je näher wir dem Dörfchen kamen. Wie sah es dort aus? Was für Leute wohnten hier? Wurden wir akzeptiert oder als Aussenseiter betrachtet?

Zu viele Fragen, auf die ich keine Antwort wusste. Um mich ein bisschen sicherer zu fühlen, griff ich nach Milos Hand. Er drückte sie und lächelte mich an. Doch auch er war sich nicht sicher, was auf uns zu kam, denn in seinen Augen spiegelten sich gemischte Gefühle wider.

Nach etwa einer Stunde Fussmarsch, ich hätte nicht gedacht, dass wir noch so weit entfernt waren, erschien das erste Haus zwischen den Bäumen. Den ganzen Weg waren wir schweigend gegangen und ich hatte mich nicht getraut, die Stille zu unterbrechen.

Am Rande der Häuser entlang führte der Alpha uns zu einer kleinen Kapelle. Er trat ein und wir taten es ihm gleich. Kaum waren wir drin, bedeutete er uns, dass wir hier warten sollen.

Hybrid - Tochter einer halben WölfinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt