Blutdurst

16

Es war dunkel, sehr dunkel. Severus stand in einem dunklen Gang mit Türen, worunter leichtes Licht hinaus schien. Er hörte sehr viele Stimmen von hinter den Türen. Schmerzensschreie, lautes Gebrüll und weinen.

Wollte Severus wirklich wissen, was sich hinter diesen Türen verbarg? Wollte er wirklich wissen, von wem die Geräusche kamen? Wie aus dem Nichts verschwanden alle Türen außer eine, mit der Zahl 4. Diese öffnete sich und Severus sah nur weiß. Er hörte ein Röcheln und die verzweifelte Bitte ihn raus zu lassen. Scheinbar musste Severus durch diese Tür. Als er hindurch ging, war alles dunkel. Nur vage sah er ein kleines Bündel auf den Boden liegen und sich den Hals haltend.

,,Ich habe so Durst", hörte Severus die Stimme des Jungen. Paar Minuten später hämmerte es an die Tür.
,,STEH AUF DU FREAK UND MACH DAS ESSEN!", befahl jemand von draußen. Es war eine Frauenstimme.

Schwerfällig richtete Harry sich auf und hielt sich an den Regalen fest. Der Junge war noch so klein und sollte das Essen machen. Noch immer röchelte er. Mit schweren Knochen verließ er den Raum und Severus folgte. Erst von draußen sah Severus, was das für ein Raum war.
*Eine Besenkammer?*, dachte er sich und runzelte die Stirn. Er folgte Harry, der sich an der Wand stützte und in die Küche zu gehen schien.

,,Da bist du ja endlich, was hat das so lange gedauert?" Severus erkannte die Frau.
,,Petunia?", fragte er überrascht, aber keiner hörte ihn. Harry stand wie angewurzelt an der Theke und starrte seine Tante an. Er starrte auf ihren Hals, ehe er umkippte.

Das schien das erste Mal gewesen zu sein, wo Salazar seinen Körper übernahm.

Vor Severus wurde alles schwarz, ehe einer zweite Tür, mit der Zahl 6, vor ihm erschien und er auch durch diese durch ging.

,,Bleib stehen du Bastard, du wirst uns nicht entkommen!", schrie ein fetter Junge, Harry hinterher.
,,Lasst mich in Ruhe", flehte er, aber die drei Jungs verfolgten ihn weiter. Irgendwann stolperte der 6 jährige Harry und wurde von den drei Jungs umstellt.

Ängstlich schaute er zu Dudley, seinem Cousin, hoch, ehe er schon ein Tritt ins Gesicht bekam. Die drei traten immer weiter auf Harry ein, bis er sich nicht mehr bewegte. Severus dachte schon, dass es jetzt vorbei sei, aber scheinbar hatte Salazar da seine eigene Vorstellung.

Der Junge auf dem Boden fing an zu zucken und eine Druckwelle stieß die drei Jungen nach hinten.

Wieder wurde alles schwarz und auch wieder erschien eine neue Tür vor ihm. Die 16. Das musste dann wohl sein Alter sein. Severus hatte bei weitem noch nicht alle Erinnerungen gesehen, aber das reichte ihm. Salazar schien wirklich immer nur zu kommen, wenn Harry ihn brauchte.

Auch durch die Tür ging er hindurch und sah, wie Harry geschockt vor seiner Bewusstlosen Tante stand. Aus seinem Mund tropfte das Blut seiner Tante.
,,VERSCHWINDE AUF DEIN ZIMMER DU MONSTER!", brüllte ihn sein Onkel an und Harry verschwand so schnell wie er konnte.

Als Severus zu ihm stieß, saß Harry auf dem Bett und starrte ins leere.
,,Ich habe meine Tante fast umgebracht." Er sah auf seine Hände.
,,Ich bin wirklich ein Monster. Ich verdiene es nicht zu leben", hauchte er zu sich selbst.
,,Ich werde nie wieder Blut trinken. Ich will nie wieder jemanden wehtun. Ich werde niemanden mehr beißen. Wenn ich kein Blut trinke, dann sterbe ich und das ist gut. Ich sollte gar nicht Leben", fügte Harry zu seinem Selbstgespräch hinzu.

Wieder eine Tür, nur diese strahlte ein warmes Licht aus. Auf dieser stand die Zahl 17. Und ein Datum. 23.8.1997. Das war das Datum von heute, wie Severus feststellen musste.

Auch durch diese Tür ging er und befand sich am Ende in einem weißen Raum, mit nur einem Bett.
,,Sie sind alle gemein, zu mir Mama", hörte Severus die Stimme von Harry. Harry war im Körper eines 6 jährigen und saß auf dem Schoß von...
,,Lily", hauchte er. Auch hier schien er nicht wahrgenommen zu werden.
,,Sie wollen mich alle nicht, ich bin ein Monster."
,,Du bist kein Monster, mein Schatz. Außerdem stimmt es nicht. Will Lucius dich denn auch nicht?", fragte sie sanft und strich über Harrys Rücken.

,,Doch, ich glaube schon."
,,Na siehst du. Außerdem hast du noch nicht alle kennengelernt." Harry drückte seinen Kopf gegen Lilys Brust.
,,Aber der Partner von Tom, er hasst mich und ich weiß nicht warum. Tom hasst mich auch, sonst hätte er mich doch nicht geschlagen. Warum hassen sie mich. Auch Onkel Vernon, Tante Petunia und mein Cousin haben mich nur gehasst. In der Schule hat man mich gemieden und nie hat mir jemand geholfen. Was habe ich falsch gemacht?", fragte er und Lily bekam leichte Tränen.

,,Du hast überhaupt nichts falsch gemacht Harry. Ich war es, die einen Fehler begangen hat. Ich hätte weniger trinken sollen, damit ich bei Verstand bleibe. Versteh mich nicht falsch, ich liebe dich als meinen Sohn, aber es ist alles meine Schuld." Lily fing an zu weinen und vergrub ihr Gesicht in Harrys Schulter.

,,Lily", hauchte Severus wieder und wünschte sich, dass er mit ihr reden könnte.
,,Kann ich nicht zu dir, Mama? Ich will nicht mehr", meinte er. Lily wischte ihre Tränen weg.
,,Du musst leben Harry. Du bist nicht alleine hörst du. Lucius liebt dich und würde zerbrechen wenn du stirbst."
,,Aber... ich mache alles nur noch schlimmer. Tom hatte mich gefragt, ob ich meine Illusion abnehmen möchte, aber ich wollte es nicht. Severus würde mich bestimmt nur noch mehr hassen, wenn er sieht, dass ich aussehe wie Tom."

Harry verzichtete auf sein richtiges Aussehen, wegen Severus. Das verwunderte ihn ein bisschen.
,,Du achtest viel mehr auf die anderen als auf dich selbst. Sei doch einmal egoistisch. Du bist perfekt, so wie du bist. Severus hat kein Recht sauer auf dich zu sein, besonders nicht wegen deinem Aussehen. Wenn dann muss er mir und Tom die Schuld geben, aber nicht dir", meinte sie sanft und gab Harry einen kleinen Kuss.

,,Willst du wissen, wie du Aussehen würdest?", fragte sie und Harry überlegte. Sollte er? Wollte er wirklich wissen, wie er dann aussah? Er war in einem Kinderkörper und müsste sich dafür wieder verändern. Er fühlte sich als Kind eigentlich sehr wohl, hier in seiner eigenen Welt. Kurz davor zu sterben und die letzte Zeit mit seiner Mutter verbringen.

Auch Severus war irgendwie interessiert, wie Harry Aussehen würde. Harry sah seine Mutter wieder an und nickte dann.
,,Wenn es dir nicht gefällt, können wir es ja wieder ändern", meinte sie und Harry nickte wieder. Er stand von ihrem Schoß auf und schloss die Augen.

Lily griff nach seinen Händen und kurz darauf umhüllte ihn ein weißes Licht. Man sah, wie Harry zu wachsen schien und auch die Körperstatur wurde breiter. Durch das Licht musste Severus sich sogar etwas die Augen verdecken. Nach ein paar Minuten, schien das Licht regelrecht zu explodieren und gab den Blick auf einen veränderten Harry frei. Seine Haare waren bis zur Mitte seines Rückens. Sie waren noch immer schwarz, etwas gelockt und nicht mehr so zerzaust wie vorher. Sein Gesicht ähnelte nun etwas dem von Tom, nur die Augen waren von Lily geblieben. Sie scheinen sogar noch grüner zu schimmern als vorher.

Er war nicht mehr so dünn wie vorher, aber auch nicht Fett. Harry hatte eine perfekte Figur. Natürlich war auch die Narbe geblieben, aber das kam durch die Verbindung mit Salazar. Er war um gute 10 cm gewachsen und hatte nun eine Größe von 1,82m.

Alles in allem, war er recht ansehnlich. Lily lächelte Harry an und strich ihm übers rechte Auge.
,,Du siehst wunderschön aus, mein Schatz", meinte sie und gab ihn einen kleinen Kuss auf die Stirn. Hinter ihm erschien ein Ganzkörperspiegel und Harry drehte sich um. War das wirklich er? Kurz drehte er sich um 90°, dann noch mal um 90° und wieder zurück.

Er nahm eine Strähne seines langen Haares.
,,Sieht nicht schlecht aus", meinte er.
,,Aber, ich will Severus kein Grund geben, mich noch mehr zu hassen. Er hasst mich bestimmt schon so, weil er wegen Endymion fast gestorben wäre", fügte er hinzu.
,,Aber es war auch dein Blut, welches ihn geheilt hat. Dafür hast du dein Leben riskiert, damit Tom seinen Partner nicht verliert."

Harry drehte sich wieder um.
,,Würde Lucius sterben, wenn ich sterbe?", fragte er. Lily seufzte.
,,Das zwar nicht mehr, weil du ihn ja akzeptiert hast, aber wer weiß wie weit er gehen wird. Manche reagieren anders, wenn ihr Partner stirbt. Einige bringen sich um und andere laufen Amok oder sind einfach leblos", erklärte sie und Harry sah zu Boden.

,,Ich weiß nicht, was ich machen soll", meinte er und legte seine Stirn auf Lilys Schulter ab.
,,Du solltest mit Severus reden." Damit verschwand Lily und Harry stolperte etwas nach vorne.
,,Mama?", rief er und sah sich um, bis er Severus erblickte. Warum war er hier? Wie viel hatte er gesehen?