25 • 21:08

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"Jeongguk?"

Die Stimme, die aus dem Lautsprecher ertönte, hätte ich vermutlich aus tausenden anderen wiedererkannt. Sie war tief, jagte mir eine Gänsehaut über den Nacken und ließ meine Hände schwitzig werden.
Ich gab keinen Laut von mir, da ich einfach nicht wusste, ob ich überhaupt etwas rausbekommen würde.
Wieso tat er das? Wieso versuchte er es immer und immer wieder, den Kontakt zu mir aufzunehmen, selbst nachdem er gesagt hatte, er hat da keine Lust mehr drauf? All das, jedes Mal, nur um im Nachhinein von mir enttäuscht zu werden? Was zur Hölle war denn sein Ziel?

"Es ist 21:08.. Genau jetzt vor 18 Jahren bist du geboren.. Ich wollte dir nur alles Gute zum Geburtstag wünschen."
Er legte immer wieder kleine Pausen ein, vermutlich in der Hoffnung, ich würde ihm antworten oder auch nur irgendetwas dazwischen sagen.

"Jeongguk, bitte sag etwas.. Ich höre doch an deinem Schniefen, dass du dran bist.."

Es wurde kurz still und ich hielt mir den Mund zu, auch wenn eigentlich klar war, dass das meine Laute nicht wirklich dämpfte.

"Bitte weine nicht.. Du sollst an deinem Geburtstag nicht traurig sein.."

Ich konnte nicht fassen, dass meine Augen schon wieder wässrig wurden und meine Nase lief. Er schaffte es wirklich schon mit ein paar Worten, meine Emotionen total durcheinander zu bringen.
Ich spürte den Druck im Hals, wie immer wenn ich kurz vorm weinen war und meine Tränen zurückhielt. Meine Lippen bebten. Ich wusste, wenn ich jetzt versuchen würde, etwas zu sagen, dann würde ich keinen ganzen Satz zustande bekommen.

"Geht's dir denn besser?"

Ich hörte nur vereinzelt seine Atemzüge und ein bisschen Wind in den Lautsprecher wehen. Ich hoffte, dass er sich warm angezogen hatte, falls er sich wirklich draußen befand.

"Ich hab mir wirklich Sorgen gemacht heute in der Schule, weißt du.."

Ich schluckte. Irgendwas musste ich doch sagen. Irgendwas.

"Ich mach mir immernoch Sorgen.. Ich hoffe, dir gehts jetzt besser."

Ich seufzte und rieb mir die Augen mit meiner freien Hand. Ich biss mir auf die Unterlippe, hatte Angst, mir würde wieder ein Schluchzer entkommen.

"Ich hab gehört, du feierst heute mit deinen Freunden.. Jimin hat es mir erzählt.. Ich hoffe, du hast eine schöne Zeit."

Mir lief eine Träne über die Wange, welche sich an meinem Mundwinkel auflöste und einen salzigen Geschmack hinterließ.

"Ich wäre gerne dabei gewesen bei deinem 18. Geburtstag. Immerhin warst du schon nicht auf meinem.."

Ich schmeckte nun neben dem leicht salzigen Geschmack auf einmal Blut. Ich hatte versehentlich meine Lippe aufgebissen.

Er blieb nun auch still, vielleicht wusste er nicht mehr, was er noch sagen sollte. Naja, immerhin bekam er nicht mal Antworten. Was sollte er dann schon noch sagen?

Ich bekam es, wie so häufig, mit einem schlechten Gewissen zutun. Er hatte an meine Geburtsuhrzeit gedacht und mich extra angerufen und was war mein Dank dafür?
Er hatte mich heute vor einem Krankenhausaufenthalt gerettet, der meinen ganzen Geburtstag vermasselt hätte und was war mein Dank dafür?
Er hatte mir seine Jacke gegeben, weil er wusste, dass es regnen würde und ich keine dabei hatte, und das, obwohl er dann damit klar kommen musste selbst zu frieren.. Und was war mein Dank dafür?

"Es tut mir so leid, Taehyung."

Ich bekam nicht mehr als ein Flüstern heraus, doch hoffte, er hatte es verstanden.

"Es ist okay..", ertönte von ihm. Ebenfalls sehr leise.
"Du fehlst mir nur so sehr, Jeongguk.. Ich weiß nicht, was der Grund für dein Verhalten ist, aber ich weiß, da steckt mehr dahinter als du zugeben willst. Ich kenn dich doch.."

Punkt Eins || taekookWhere stories live. Discover now