49 • Full Moon

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Es dauerte einige Zeit bis der Arzt mit ein paar Zetteln in der Hand das Behandlungszimmer wieder betrat.
Ich hatte ein paar Tests und Blutdruckmessungen hinter mir und wollte eigentlich nichts lieber als einfach wieder nach Hause zu gehen. Diese ganzen unnötigen Tests hatte ich schon oft gemacht und jedes Mal kam das Gleiche bei raus. Ich hatte es wirklich langsam satt, meine kostbare Zeit in der Arztpraxis zu verschwenden. Ich hätte jetzt auch schlafen können, dachte ich mir.

Elin strich mir etwas über den Rücken.
"Bist du denn gar nicht nervös?", fragte sie mich, woraufhin ich nur mit dem Kopf schüttelte.
"Wieso sollte ich nervös sein? Es wird sowieso das Gleiche wie die letzten Jahre sein."
"Naja, ich mein ja nur. Manchmal entwickelt sich sowas auch erst und kann schlimmer werden. Ich meine, deine Symptome sind doch in letzter Zeit auch schlechter und häufiger geworden oder nicht?"
Ich zuckte mit den Schultern.
"Es wird schon nichts ernstes sein.", murmelte ich nur.

Aus irgendeinem Grund konnte ich nicht damit umgehen, dass Elin wieder so besorgt um mich war. Ich hasste es, dass ich immer so ein verdammtes Sorgenkind sein musste. Konnte ich nicht einfach normal sein? Wieso musste in meinem Leben immer alles so kompliziert sein?
Ich hatte natürlich Angst, dass es etwas tiefliegenderes sein kann, dennoch versuchte ich Ruhe zu bewahren. Panik brachte mir jetzt grade am wenigsten.

Der Arzt sortierte seine Unterlagen einen Moment lang, bevor er sich zu mir drehte.
"Also Jeongguk.. Ich habe jetzt nochmal die Ergebnisse ausgewertet und darübergeschaut. Ich denke, deine Situation ist relativ gleichbleibend. Ich gehe davon aus, dass bei dir eine sogenannte Hypotonie vorliegt. Das bedeutet, dass du durch deinen zu niedrigen Blutdruck oft an Kreislaufproblemen leidest und zum Beispiel auch häufig Kopfschmerzen oder Schwindelattacken hast. Was mir etwas Sorgen bereitet, ist, dass diese Symptome in letzter Zeit immer häufiger auftreten, wie du schon erzählt hast. Gibt es vielleicht irgendeinen Grund, weshalb du viel Stress um dich hast? Sei es psychisch als auch körperlich."
Ich sah kurz zu Elin, sie lächelte mich schwach an.

"Hmm.. Ich habe familiär eher wenig Stress, da ich meine Eltern nicht oft sehe.. Und sonst mit meinen.. Freunden auch nur ab und zu. Das Übliche halt. Körperlich nimmt der Stress grade ab, da ich weniger arbeite als zuvor. Also.. Nein eigentlich ist alles.. Huh?"
Elin legte auf einmal ihre Hand auf meinen Arm und ließ mich so aufhören zu reden.
"Sei ehrlich, Jeongguk. Es geht hier um deine Gesundheit.", flüsterte sie mir zu.

Der Arzt sah etwas verwundert zwischen uns hin und her.
"Aber ich..", murmelte ich, wusste nicht, was ich sagen sollte.
"Jeongguk, ich bitte dich auch ehrlich zu sein. Stress ist einer der größten Feinde der Gesundheit.", gab der Arzt von sich.
Ich seufzte, brauchte einige Momente bis ich meine Worte halbwegs sammeln konnte.
"Okay.. Naja.. Ich denke psychisch belastet mich das Verhältnis zu meinen Eltern schon sehr.. Ich denke viel darüber nach, vorallem über meinen Vater.
Und mit meinen Freunden.. Ich weiß nicht mal, ob ich sie so nennen kann, ehrlich gesagt.
Es.. gibt auch eine Person, die ich vor einiger Zeit sehr verletzt habe und die jetzt aber auf einmal wieder in meinem Leben ist. Ich trage dauerhaft ein schlechtes Gewissen mit mir herum.
Körperlich fühle ich mich eigentlich komplett am Ende, seit ich so viel gearbeitetet habe. Ich bin zwar gerade noch von der Arbeit freigestellt, da es mir nicht gut geht, aber ich muss ja irgendwann wieder anfangen."

"Die Arbeit von der du redest.. Um was handelt es sich dabei? Ist es körperlich sehr belastend?"
Ich nickte.
"Ich mache einen Minijob in einer Kfz-Werkstatt. Eigentlich bin ich nur ein Gehilfe, aber muss mich dennoch viel bewegen und tragen, heben.."
"Ist es wirklich nötig, dass du diesen Job machst? Du gehst ja auch noch zur Schule, nicht wahr?"
"Ja, ich habe auch bald mein Abitur vor mir, was auch ein großer Stressfaktor ist, weil ich mit dem Stoff teilweise sehr hinterher hänge. Ich bekomme schon Nachhilfe, aber ich weiß nicht, ob das genügt. Ich bin eigentlich halt mindestens 3 Tage die Woche komplett gelähmt wegen meiner Migräne.
Und ob der Job nötig ist.. Gute Frage. Wir waren finanziell immer sehr schlecht aufgestellt, daher war es notwendig, aber meine Tante Elin hat jetzt eine neue Stelle und verdient mehr. Ich kann zumindest die Stunden kürzen. Und auf der anderen Seite möchte ich mir auch einfach gerne Geld zusammensparen, da ich ja auch noch einen Führerschein machen muss irgendwann. Mir gefällt es ja tendenziell dort auch. Ich bin gerne dort. Es war nur immer etwas.. zu viel."

Punkt Eins || taekookWhere stories live. Discover now