33 • Winter Bear

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Es gab kaum Dinge, die ich mehr liebte als pure Stille. Oftmals verbrachte ich ganze Abende im alten Baumhaus, da es dort immer ruhig war. Ich lernte hier oder machte Nickerchen, da es einfach perfekt dafür gemacht war. Keine nervigen Stimmen, Autogeräusche, kein Lärm. Mein Kopf und Körper konnte runterkommen wie sonst nirgendswo.
Zwar war das meistens eher im Sommer möglich, da man sich in kalten Jahreszeiten hier drinnen wirklich den Arsch abfror, dennoch genoss ich jede Sekunde, die ich hier verbrachte. So kam es, dass ich an diesem Samstag, nach der Arbeit direkt hier herkommen war.
Nicht nur, dass ich hier in aller Ruhe meinen Nachmittags-Power-Nap machen konnte.. Ich meine, das hätte ich zu Hause eigentlich genauso machen können. Nein, heute hatte mich Elin tatsächlich mal aus der Wohnung geschmissen, da sie Besuch von irgendeinem Typen hatte. Sie hatte ihn erst kürzlich kennen gelernt und ist auf ein paar Dates gewesen, doch so langsam schien es doch ernster zu werden zwischen den beiden. Sie ist bereits schon bei ihm gewesen und wollte ihn schließlich auch mal zu sich einladen. Ja, deswegen wurde ich verscheucht, damit sie mal etwas Ruhe mit ihm haben konnte. Wirklich schlimm fand ich das allerdings nicht, da ich es ihr gönnte und sie generell sehr glücklich mit ihm zu sein schien. Da wollte ich ungern im Weg stehen und ihre Zweisamkeit stören.

Nachdem ich von meinem etwa 30-minütigen Nickerchen erwacht war, streckte ich mich ausgiebig und fühlte mich tatsächlich ein wenig besser als vorher. Am Morgen hatten mich wieder extreme Kopfschmerzen geplagt, die sich bis zu meinem Ohr zogen und es wurde von Stunde zu Stunde unangenehmer auf der Arbeit sein zu müssen. Um so froher war ich nun, jetzt vollkommen entspannt im Baumhaus auf der Matratze zu sitzen und aus dem Fenster zu blicken. Der Himmel nahm mittlerweile einen leichten orangefarbenen Ton an, was signalisierte, dass die Sonne bald untergehen würde.
Ich musste nur noch ein bis zwei Stunden herumkriegen bis ich laut Elin wieder heimkommen durfte. Okay, naja. Ich hätte natürlich auch früher kommen können, aber ich hatte keine Lust auf das Geturtel der beiden und wollte generell einfach etwas Zeit für mich finden.

Das erste Mal seit Wochen konnte ich meinen Samstagnachmittag und Sonntag auch wirklich genießen, da ich für die nächste Woche erstmal nichts für die Schule tun musste. Kam selten vor, aber wenn es dann doch mal passierte, nutzte ich diese Zeit vollkommen aus.
Also.. Darunter verstehe ich dann: viel schlafen, viel entspannen, viel.. nichts tun.
Das komplette Gegenteil von dem, was Jimin dann immer macht.. Feiern gehen, trinken gehen, Zeit mit Freunden verbringen oder auf Dates gehen,.. Die Liste geht weiter.
Und wer hätte es gedacht? Natürlich versuchte es Jimin jedes Mal aufs neue, mich zu überreden mitzukommen, damit ich "mal etwas rauskomme". Dennoch scheiterte er immer wieder, da ich einfach nicht für solche Dinge gemacht war.

Ich dachte früher ja immer eine ganze Zeit lang, dass ich irgendwie komisch wäre, weil ich nie den Aktivitäten anderer Jugendlicher nachging. Ich mochte Partys nicht so besonders, trank seltenst Alkohol und wenn ich mich mal ein paar Stunden mit einigen Leuten traf, brauchte ich daraufhin erstmal zwei Wochen Ruhe mit niemanden als mir selbst.
Erst später hatte ich realisiert, dass nichts mit mir falsch war, sondern ich schlichtweg einfach nur introvertiert war. (Zumal ich durch meine vermutliche Soziophobie eh den Kontakt zu großen Menschenmengen eher mied.)

-

Eine halbe Stunde war vergangen und von blauer Farbe war im Himmel nichts mehr zu sehen. Das Licht, welches durch die Fenster ins Innere des Baumhauses schien war orange und ging ins rosa über. Ich hatte etwas Musik an und summte vor mich hin, meine Augen hielt ich geschlossen.
Erst nachdem mein Lieblingslied zu Ende gespielt war, richtete ich mich auf und stellte die Musik etwas lauter. Ich stand auf und lehnte die Matratze zurück an die Wand, damit sie nicht zu viel Platz einnahm.
Mein momentaner Lieblingssong spielte im Hintergrund, als ich nach draußen auf den Vorsprung des Holzhauses lief. Durch die Bäume des Waldes konnte ich die untergehende Sonne gar nicht sehen, lediglich nur vereinzelte Strahlen, die durch die Blätter hindurchschienen.
Ich zog mein Handy aus der Hosentasche und schoss ein paar Fotos von dem Anblick, da es zu schön war um es nicht festzuhalten. Auch, wenn es auf Bildern immer nur halb so gut aussah wie in echt. Die Erinnerung blieb trotzdem.
Die Erinnerung...
Genau in dem Moment erinnerte ich mich daran, wie Taehyung und ich früher mit unserer gemeinsamen Kamera Fotos gemacht hatten. Wir hatten sie damals von unserem ersparten Geld gekauft und entdeckten bald schon eine gemeinsame Leidenschaft: die Fotografie.

Punkt Eins || taekookWhere stories live. Discover now