1 3 | m e h r a l s o k a y

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d a n a

SEINE WOHNUNG WAR genau so, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Nur größer.

Es handelte sich um eine erst kürzlich sanierte Altbauwohnung im dritten Stock, mit Tiefgaragenplatz und einem Lift, in den vermutlich zehn Leute gepasst hätten. Mit hohen Decken, wunderschönem natürlichen Licht und hellem Parkett, dass aussah, als wäre es ganz frisch verlegt worden.

Die Einrichtung war eine Mischung aus elegant und modern. Mit schwarzen Bilderrahmen, die verschiedene Fotografien beherbergten, für die er vermutlich ebenfalls ein Vermögen ausgegeben hatte. Die weißen Wände waren vertäfelt, gaben dem ganzen einen noch teureren Eindruck. Alles in dieser Wohnung schrie nach den Koopmanns.

"Die Wohnung ist wirklich hübsch", erwiderte ich, obwohl es sich wie die Untertreibung des Jahrhunderts anfühlte. Ich fühlte mich, als wäre ich in einen Katalog für Designer-Möbel getreten. "Ich will mir nicht vorstellen, wie viel du für die Lage zahlst."

Als mein Blick durch das Fenster im Wohnzimmer glitt und ich in der Entfernung meinte, die Platanen des Schlossgartens ausmachen zu können, bestärkte dies meine Aussage nur.

"Die Preise hier sind eigentlich relativ human", antwortete Levi, als er sich seine Jeansjacke von den Schultern streifte und sie über die Lehne eines Sessels legte. "Im Gegensatz zu Berlin. Trotz der Mietpreisbremse."

"Die Mietpreise in Berlin sind unmenschlich", kam es aus mir heraus, ohne dass ich darüber nachdenken konnte. "Ich habe für ein zwölf Quadratmeter WG-Zimmer fünfhundert Euro kalt bezahlt."

Levi schien überrascht. Wahrscheinlich, weil er nach letztem Freitag nicht damit gerechnet hatte, dass ich je wieder mit ihm über das sprechen wollte, was er an diesem Abend unfreiwillig in Erfahrung gebracht hatte. Er fing sich jedoch recht schnell und sah mich fragend an. "Wo hast du gewohnt?"

"Friedrichshain", gab ich kurz angebunden zurück.

Er nickte. Vermutlich hörte er mir an, dass ich nicht allzu tief in die Materie gehen wollte. Beinahe etwas verloren sah er sich in seinem eigenen Wohnzimmer um. "Willst du etwas trinken?"

Die ganze Situation war so unangenehm und beschämend, dass ich mir sicher war, ich würde es keine Sekunde länger aushalten. Egal, ob das bedeutete, dass ich schlussendlich doch wieder in das Haus meiner Eltern zurückkriechen musste, in dem ich nur eine Fremde war, die zufällig eins der Zimmer belegte.

"Ich sollte gehen."

Ohne ihm ins Gesicht zu blicken, machte ich mir bereits einen Weg durch das Wohnzimmer, nur noch ein Ziel vor Augen. So weit wie möglich weg von hier.

Doch als ich Levi passierte, rechnete ich nicht damit, dass er mich aufhalten würde. Seine Hand umfasste meinen Unterarm, brachte mich dazu, innezuhalten. Schon wieder.

"Dana", begann Levi, seine Stimme beinahe rau, als er meinen Namen über seine Lippen brachte. "Lass mich dir helfen."

Genau darin lag das Problem mit Levi Koopmann. Dass ich nicht gewohnt war, dass mir jemand eine Hand reichte, wenn ich strauchelte. Nein, ich war es gewohnt, dass man mir dabei zusah, wie ich mich alleine wieder auf die Beine kämpfte.

Zögernd sah ich zu ihm auf, spürte seinen Blick auf mir, als wäre er Blei. "Ich weiß nicht wie."

Das Geständnis hing in der Luft zwischen uns, bis Levi schließlich seinen Griff um meinen Unterarm löste. Stattdessen glitten seine Finger in meinen Nacken, seine Fingerspitzen in den Haaren dort vergraben. Er zog mich näher zu sich, vorsichtig, während sein Blick auf mir lag.

phantomschmerz | ✓Where stories live. Discover now