2 2 | i n n e r h a l b e i n e s t a g e s

7.1K 459 21
                                    

d a n a

DAS KLIRREN VON Gläsern, Gelächter und Gesprächsfetzen, gemischt mit den Surren von Fahrrädern verbanden sich, als wir vor dem Restaurant auf das Geburtstagskind warteten.

Marie stand neben mir, die Arme vor der Brust verschränkt und ihr Blick auf die Fußgängerzone gerichtet, als würde sie jeden Moment darauf hoffen, dass Sophies Kupferschopf zwischen den anderen Passanten auftauchen würde.

Wir warteten bereits seit zwanzig Minuten vor der veganen Tapasbar, in der Marie einen Tisch anlässlich Sophies zweiundzwanzigsten Geburtstag reserviert hatte. Drinnen warteten bereits etwa ein Dutzend Gäste, darunter auch Levi, Noah und Micah, zusammen mit anderen Freunden, die Sophie während ihres Studiums kennengelernt hatte. Nur Sophie und Robin, der heute Morgen in einen Flieger gestiegen war, waren noch nicht hier.

"Vermutlich können die beiden die Finger nicht voneinander lassen", kommentierte Marie irgendwann, als sie einen weiteren Blick auf ihr Handy wagte, der Display aber abgesehen von dem Sperrbildschirm, der aus einem Selfie von Noah und ihr bestand, noch immer leer blieb. "Die beiden müssen den letzten Monat, den sie sich nicht gesehen haben, nachholen."

Meine Mundwinkel hoben sich langsam an. "Vielleicht sollten wir ohne sie bestellen."

Marie grinste und schob sich eine Haarsträhne, die sich aus dem Knoten in ihrem Nacken gelöst hatte, aus dem Gesicht. "Wenn die beiden wirklich die letzten vier Wochen nachholen wollen, bekommen wir sie vermutlich bis übermorgen nicht zu Gesicht. Bis dahin ist ihr Geburtstag endgültig vorbei."

Ein leises Lachen entfloh mir. "Gut, dass ihr bei Noah schlaft."

Maries Blick zuckte zu mir, das Lächeln breiter als zuvor. "Gott, ich weiß nicht, ob ich froh sein soll, dass dich endlich jemand verdorben hat, oder mich schütteln, weil es ausgerechnet mein Bruder sein musste."

Mein Lächeln entglitt mir etwas. "Entschuldige, Marie–"

Sie verdrehte nur die Augen, als sie mit ihrer Schulter gegen meine stieß. "So war das nicht gemeint. Und wegen mir müsst ihr auch nicht so tun, als würdet ihr nicht Körperflüssigkeiten austauschen. Levi sieht aus, als hätte er Verstopfung, wenn er sich die ganze Zeit über zurückhält, dich nicht anzufassen. Er muss dir ja nicht gleich mit den Zähnen die Kleidung vom Leib reißen, aber nach deiner Hand greifen kann er ruhig."

Die Umschreibung entlockte mir ein weiteres Lachen. "Tut er nicht."

Ihr skeptischer Blick traf mich. "Und wie. Ich glaube, ich habe ihn noch nie so konzentriert gesehen, wie wenn er versucht, dir vor meinen Augen nicht an die Wäsche zu gehen. Für ihn ist das eine olympische Sportart, in der er kurz vor seinem Karriereaus steht."

Das mentale Bild ließ mich grinsen, doch ich schüttelte den Kopf. "Das ist es nicht. Ich bin mir ehrlich gesagt nur nicht sicher, was das zwischen uns ist."

Besonders nicht nach letztem Freitag. Nicht, nachdem ich das ganze Wochenenden bei ihm verbracht hatte und wir kaum das Schlafzimmer verlassen hatten. Nicht, nachdem er mir von seiner Vergangenheit erzählt hatte, von einem Teil von ihm, das sonst niemand anderes zu Gesicht bekam.

Ich hatte immer das Gefühl gehabt, dass mein Innerstes zu dunkel für Levi Koopmann war, doch langsam bekam ich eine Ahnung davon, dass er seine Schatten nur besser zu verstecken wusste.

"Magst du ihn denn?", fragte Marie, nun ehrlich neugierig, als sie mich ansah, die Fußgängerzone, in der Sophie und Robin jeden Moment erscheinen würden nun völlig vergessen.

Beinahe hätte ich gelacht. Denn das Wort mögen klang im Zusammenhang mit Levi so verdammt banal, dass es niemals all die Gefühle beschreiben könnte, die sich in meiner Brust ansammelten, jedes Mal, wenn sein Name fiel.

phantomschmerz | ✓Where stories live. Discover now