2 4 | g r o ß e d i n g e

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l e v i

WENN ICH ETWAS mehr hasste als privilegierte weiße Männer, dann waren es privilegierte weiße Männer, die so taten, als würden sie ihre Privilegien mit anderen teilen wollen.

Ich schnappte mir mein Champagnerglas, bemerkte, dass es nur noch halb voll war und trank es mit einem Zug leer. Über die Tischdeko hinweg fing ich Maries Blick auf, die mich mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte, als hätte ich ein Genital auf die Lehrertafel gemalt.

Statt einer Erklärung schüttelte ich nur den Kopf und fokussierte meinen Blick lieber in Richtung der Bühne, auf der der nächste Preisträger gerade seine Trophäe entgegennahm und sich in Richtung des Mikrofons lehnte um ein paar nichtssagende Worte zu schwingen, die so gut wie niemanden in diesem Raum zu interessieren schienen.

Als nächstes würde die Kategorie Reportage aufgerufen würden. Ich fürchtete mich beinahe davor, meinen Namen zu hören, in die leeren Gesichter zu blicken und ihnen etwas darüber erzählen zu müssen, wie wichtig mir dieser Preis war. Wenn ich in Wirklichkeit nicht weniger an dem Glasstück interessiert sein könnte, das siegreich übergeben wurde, als würde sie mein Leben verändern.

Denn wenn wir ehrlich waren, dann wusste ich, dass es das nicht tun würde.

Etwas streifte unter dem Tisch meine Finger und als ich auf sie hinabsah, bemerkte ich, dass es Dana war, die nach meiner Hand gegriffen hatte. Ihre schmale legte sich in meine große, lenkte mich für den Bruchteil einer Sekunde von dem Chaos ab, das in meinem Kopf vorging und ließ mich zu ihr aufblicken.

Sie hatte ihren Blick auf die Bühne gerichtet, die blassblauen Augen auf das Geschehen vor uns fokussiert. Ihre langen blonden Haare fielen ihr in großen Wellen über den Rücken, ließen mich einen Blick auf ihr eisblaues Satinkleid erhaschen, das ihren Oberkörper eng umschlang und dann um ihre Oberschenkel weiter fiel. Die Farbe stand ihr unglaublich und nun, da ich sie einmal angesehen hatte, konnte ich meine Augen kaum wieder abwenden. Denn fuck, Dana Prinz war so wunderschön, dass ich nicht klar denken konnte, wenn sie in der Nähe war.

Seit dem Streit mit ihrem Vater vor beinahe einer Woche hatte sie jede Nacht mit mir verbracht und war nur nach Hause zurückgekehrt, um mehr Kleidung zu holen, um während der Arbeit nicht immer die drei gleichen Tops tragen zu müssen. Und obwohl es mehr Wäsche für mich bedeutete, war ich noch nie glücklicher gewesen, bügeln zu dürfen.

Es war ein selbstsüchtiger Gedanke, für den ich mich geschämt hätte, ihn laut auszusprechen, doch ich hoffte beinahe, Dana würde die Wogen nicht so schnell glätten können, die die Beziehung zu ihren Eltern bereits seit einiger Zeit zu durchziehen schien. Jede Nacht neben ihr einzuschlafen, sie als erstes zu sehen, wenn ich wieder aufwachte, eng umschlungen mit ihr, ihre langen Haare überall in meinem Gesicht und über meiner Brust verteilt – es war so schön, dass ich viel zu oft schon gedacht hatte, ich würde träumen, als ich die Augen aufgeschlagen und ihr Gesicht dicht neben meinem gefunden hatte.

Und es war wirklich hart, sie anzusehen und die Klappe zu halten, bevor mir die drei Worte heraussprudelten, die sich bereits schwer auf meine Seele gelegt hatten. Denn auch wenn Dana sich nicht mehr so zu abschotten versuchte und sie diejenige gewesen war, die mich gefragt hatte, ob sie eine Weile bei mir bleiben könnte, hatte ich immer noch das Gefühl, sie mit diesen Worten weiter in die Flucht schlagen zu können, als ich schauen konnte. Dana bei mir zu haben und ihr dabei zusehen zu können, wie sie sich morgens die Zähne putzte und die Zahnpasta bis über ihr Kinn verschmierte, wenn sie nicht aufpasste, war besser, als zu riskieren, dass sie wieder vor mir davon lief.

Danas Finger, die meine drückten, rissen mich aus meinen Gedanken. Als ich aufsah, bemerkte ich, dass sie mich bereits ansah, ein erwartungsvolles Lächeln auf dem Gesicht. Und als ich einen Blick auf unseren Tisch warf und dann auf die anderen Tische, musste ich feststellen, dass nicht nur sie mich ansah. Alle Augen lagen auf mir.

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