Kapitel 18 | Erinnerungen ✔️

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Ich stand vor dem Spiegel und flochtete mir die Haare. Ich hatte einfach mal Lust auf etwas Neues.

Nach ein anhalb Stunden in denen ich hauptsächlich den neuen Cinderella Film mit Camila Cabello und Nicholas geguckt habe, wurde mir schnell langweilig und ich brauchte unbedingt irgendetwas womit ich mich beschäftigen konnte.

Deswegen mussten meine Haare jetzt darunter leiden.

Die Tür öffnete sich und durch mein Spiegelbild sah ich, wie Damian mit seinem Handy am Ohr herein kam.

Ich beobachtete ihn während er durch das Zimmer hin und her lief und die ganze Zeit nur kleine Laute von sich gab.

,,Okay. Dann sieh zu wie du das ganze regelst. Ich komme heute nicht. Morgen will ich Ergebnisse haben."

Und mit diesen Worten legte er auf.

Als er ohne mir eines Blickes zu würdigen ins Badezimmer verschwand band ich meine geflochtenen Haare mit einem Haargummi zu und stand auf.

Gerade als ich am Badezimmer vorbei laufen wollte, öffnete sie sich und ein halbnackter Damian nur mit einem Handtuch um den Hüften bekleidet kam heraus.

Ich erschrak, als ich fast gegen seinen Oberkörper stieß und machte sofort ein paar Schritte zurück um Abstand zu gewinnen.

Damian schien das nicht zu interessieren, denn er beachtete mich weiterhin nicht, sondern ging an mir vorbei zu seinem Kleiderschrank und holte sich Klamotten heraus, mit denen er wieder zurück ins  Badezimmer verschwand.

Ich schüttelte über sein Verhalten nur den Kopf und ging dann aus dem Schlafzimmer.

Ich ging unseren Flügel entlang und sah mir die einzelnen Räume noch mal genauer an.

Da hätten wir ein großes Wohnzimmer, eine kleine Küche, mehrere Gästezimmer, noch mehr Badezimmer, der Fitnessraum und zum Schluss ein Musikzimmer.

Ich betrat das Musikzimmer ganz und schloss die Tür hinter mir. Langsam betrachtete ich die einzelnen Instrumente.

An einer Wand hingen drei verschiedene Gitarren. Es gab ein Keyboard, ein Schlagzeug und einen großen Flügel. Außerdem gab es hier einen großen Fernseher, ein Sofa und natürlich einen Tisch.

Vorsichtig strich ich mit meinen Fingern über die einzelnen Tasten des Flügels.

Ich hatte vor Jahren versucht meine Mutter zu überzeugen mich an eine Musikschule anzumelden.

Allerdings hatte sie das nie bewilligt. Aus dem Grund musste ich es mir selbst beibringen.

Ich ging jedes Wochenende zu Jase nach Hause, da seine Mutter ebenfalls einen Flügel im Wohnzimmer stehen hatte und lernte das Spielen Stück für Stück. Manchmal kam seine Mutter dann auch um mir zu helfen.

Am Ende konnte ich zwar nur ein Lied spielen, aber immerhin hatte ich etwas geschafft.

Ich setzte mich auf den Hocker, der vor dem Flügel stand und legte beide Hände auf die Tasten.

Dann fing ich an zu spielen.

Ich spielte das einzige Lied, was ich spielen konnte.

River Flows.

Während die einzelnen Töne in meinen Ohren drangen, gingen mir  Erinnerungen durch den Kopf.

Erinnerungen an meine Kindheit.

Wie ich früher auf dem Spielplatz gespielt hatte, wie ich das erste mal gelernt hatte, Fahrrad  zu fahren. Und wie ich mein erstes Eis gegessen hatte.

All diese Erinnerungen machten mich traurig. Denn sie alle habe ich nicht mit meiner Familie geschaffen.

Ich hatte zwar drei ältere Geschwister und beide Elternteile an meiner Seite, aber keiner von ihnen hatte mich jemals so behandelt, als wäre ich eine von ihnen.

Niemand ging mit mir zu öffentlichen Familienfeiern und Schulfesten und keiner von ihnen besuchte meine Theateraufführungen, bei denen ich in der Junior High und in der Middle School mitgemacht hatte.

Alles musste ich alleine machen. Und auch wenn ich oft traurig darüber war, ließ ich mir nie etwas anmerken.

Ich legte immer ein Lächeln auf meine Lippen und tat so, als würde es mir nichts ausmachen.

Damals hatte ich gedacht, dass dieses Verhalten nur eine Phase in meiner Familie sei. Ich hatte gehofft, dass alles sich zum besseren wenden würde, aber ich hatte mich darin gewaltig getäuscht.

Meine Familie liebte mich nicht. Sie hatte mich nie geliebt und das sie mich ohne zu zögern weggaben zeigte es mir klar und deutlich.

Das einzige Problem an der ganzen Sache war allerdings, dass ich sie liebte.

Ich liebte meine Familie, so komisch es auch klingen mag, denn ohne sie wäre ich nicht wer ich jetzt bin. Selbst wenn sie es nicht fühlen konnten.

Und genau das brach mir das Herz.

Tränen liefen meine Wangen hinunter und ich schloss meine Augen.

Ich versuchte mich zu beruhigen und mich nur auf die Musik zu konzentrieren, doch es fiel mir schwer nicht an meine Vergangenheit zu denken.

Denn ich spielte dieses Lied immer wenn ich eine schwere Zeit hatte und mich einsam fühlte.

Die Einsamkeit ist ein Gefühl, das selbst mit Gewohnheit nicht endet.

Selbst wenn man sich über all die Jahre mit der Einsamkeit beschäftigen musste, so kann niemand behaupten, dass ihm Einsamkeit gut tut.

Niemand kann Einsamkeit sein Leben lang ertragen.

Es macht einen hilflos und verletzlich.

Die letzten Töne erklangen und langsam nahm ich meine Hände vom Instrument runter und legte sie auf meinen Schoß.

Meinen Kopf ließ ich gesenkt. Die Tränen flossen wie ein langsamer Wasserfall über meine Wanngen. Ich konnte sie nicht mehr stoppen.

Irgendwann spürte ich, wie sich jemand hinter mich stellte.

Ohne aufzusehen ließ ich den jenigen mich nach hinten ziehen, so dass ich an seinem Oberkörper angelehnt war. Als er dann noch seine Arme um mich schlang war es hin mit meinen Nerven und ich fing an zu schluchzen und zu weinen.

All der Schmerz, den ich in den vergangenen Tagen und Jahren in meinem Inneren versteckt hielt kam jetzt zum Vorschein.

Ich hatte keine Kraft mehr es weiter in mir einzusperren.

Es wollte einfach nur noch raus...

Forced PassionWhere stories live. Discover now