SECHS

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Jeongguk

Wieder rüttelte ich sanft an Taehyungs Schulter und versuchte so, ihn wachzubekommen. Diesmal schien es auch zu funktionieren. Der Schwarzhaarige kniff die Augen einmal fest zusammen, ehe er sie flatternd öffnete. »J-Jun-«, kam es ihm kratzig über die Lippen, was mich leicht lächeln ließ. Seine Stirn legte sich in Falten und in seinem Kopf schien es nur so zu rattern, während er mich ansah. »Jeongguk.«, half ich ihm auf die Sprünge und strich ihm seine Strähnen aus dem Gesicht. Ich spürte Yoongis prüfenden Blick auf mir.

»Geht's dir gut?«, fragte ich ihn. Er schloss seine Augen für einen kurzen Moment und schüttelte leicht seinen Kopf. »OK. OK, ist schon gut. Wir bringen dich ins Krankenhaus.«, ließ ich ihn wissen und schenkte dem Jungen ein aufmunterndes Lächeln. Er sagte nichts dazu und ich wollte schon aufstehen, als ich allerdings eine Hand auf meiner spüren konnte. Ich setzte mich wieder zurück zu Taehyung und blickte zu seiner Hand, die meine festhielt. »Jeongguk.«, sprach er meinen Namen aus und zog leicht an meiner Hand. Ich wartete, ob er noch etwas sagen würde, allerdings schien mein Name das einzige gewesen zu sein, das er loswerden wollte.

»Ist er high?«, hörte ich dann Yoongi hinter mir fragen, weshalb ich mich umdrehte und den Älteren ansah. »Was?«, fragte ich überrumpelt. »Er ist total verwirrt.«, erklärte mir Yoongi seine Frage und zeigte demonstrativ auf Taehyung. »Ich weiß nicht — er steht unter Schock, wahrscheinlich.«, antwortete ich ihm und sah zurück zu dem Schwarzhaarigen. Er blickte nur auf unsere Hände und sagte nichts. »Gut, lass uns jetzt gehen. Es ist schon spät.«, sagte Yoongi dann und stand als erster auf.

»Komm, Taehyung. Kannst du aufstehen?« Ich nahm die Decken von ihm herunter, ehe er sich auch schon aufsetzte und versuchte, von der Couch aufzustehen. Seine Hände zitterten, doch er schaffte es dennoch, sich von den Polstern hochzudrücken und schließlich vor mir zu stehen. Er lief schwankend neben mir zur Tür. Ich hatte wieder einen Arm um seine Hüfte geschlungen, um ihm zu helfen und etwas Anstrengung abzunehmen.

»Chaeyoung fährt uns.«, meinte Yoongi und kam mit der Blondine im Schlepptau aus seinem Zimmer — sie hatten sich also wieder versöhnt. Ich begrüßte sie kurz und wir beide lächelten leicht, ehe sie die Autoschlüssel von Yoongi entgegennahm und wir alle die Wohnung verließen. Chaeyoung und Yoongi nahmen die Treppe, sodass der Grauhaarige ihr erklären konnte, was hier gerade los war. Taehyung und ich kamen zuerst am Parkplatz an und warteten, bis die beiden auch zum Auto kamen.

Der Verkehr war nicht viel anders als sonst. Die Digitaluhr auf dem Armaturenbrett zeigte halb vier Uhr nachts an. Taehyung saß neben mir auf der Rückbank und hatte seinen Blick starr nach draußen gerichtet. Er wirkte angespannt und gleichzeitig erschöpft. Diesmal hatte ich ihm meine warme Winterjacke angezogen, in deren Futter er fast verschwand. Er versteckte sich bis zu den Augen im Kragen der Jacke und zupfte an seinen Fingern, die zwischen seinen Beinen hingen. Mein Blick blieb dort hängen, als ich sah, wie er sich die Haut an den Fingern aufzwickte, sodass er an manchen Stellen schon blutete. Stillschweigend rutschte ich etwas näher an ihn heran und legte meine linke Hand auf seine beiden, um ihn daran zu hindern, damit weiterzumachen.

Er schloss nur seine Augen, wodurch ihm ein paar Tränen aus diesen liefen. Wir sagten beide nichts — auch Yoongi und Chaeyoung blieben still. Im Auto war nur die Musik aus dem Radio und der Verkehr von draußen zu hören. Als wir ankamen drückte ich Taehyungs Hände, sodass auch er bemerkte, dass wir aussteigen würden. Er verzog sein Gesicht als er sich drehte und hielt sich mit einem schmerzhaften Zischen die Seite. Es war die richtige Entscheidung, herzukommen.

Als ich ausgestiegen war lief ich wieder um das Auto herum, damit ich Taehyung weiter stützen konnte. Zwar kam mir der Schwarzhaarige schon langsam entgegengetrottet, allerdings legte ich dennoch meinen Arm wieder um ihn — ich hatte Angst, er würde mir noch an Ort und Stelle zusammenklappen. Taehyung sah auch nach seinem kurzen Schlaf nicht wirklich besser aus. Er war blass und extrem wacklig auf den Beinen. Auf das Geräusch des herunterfahrenden Autofensters drehte ich mich um. »Geh du mit ihm rein, wir suchen einen Parkplatz. Ruf mich an und sag Bescheid, wenn ihr irgendwo drangenommen werdet.«, sprach Yoongi aus dem Fenster zu mir. Ich nickte und zeigte ihm einen Daumen hoch. Dann ging ich mit Taehyung allein weiter durch den Haupteingang der Notaufnahme.

BEING WITH HIM, kookvWhere stories live. Discover now