SIEBEN

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Taehyung

Es fühlte sich fast fremd an, wieder völlig allein zu sein. Am liebsten wäre ich zu Hause, würde eine Dusche nehmen und mich in meinem Bett verkriechen. Aber ich war immer noch im Krankenhaus — saß immer noch auf der Liege in einem Behandlungszimmer. Der Arzt war damit fertig, sich die Blessuren an meinem Körper anzusehen. Ich hatte wohl Prellungen an den Rippen, Blutergüsse an Oberschenkeln, Hals und den Armen, ein blaues Auge, eine angebrochene Nase und einen saftigen Schock — zumindest waren das die Dinge, die Doktor Kim festgestellt hatte.

Inzwischen trug ich auch nicht mehr meine Sachen. Nach den Untersuchungen gab mir Doktor Kim eine Jogginghose, Boxershorts und einen Pullover aus dem Schrank neben der Tür. Er legte meine Kleidung noch zusammen und dann beiseite. Er meinte, wir würden sie später vielleicht nochmal brauchen. Ich saß also auf der Liege und machte gerade einen Knoten in die dunkelblaue Hose, damit sie nicht zu locker saß. Doktor Kim war gerade aus dem Raum gegangen. Er sagte, er würde gleich wieder bei mir sein.

Ich war also wieder allein und obwohl ich darüber vermutlich froh sein sollte, war ich es ganz und gar nicht. Es fühlte sich schrecklich an, allein zu sein. Dass ich weinte, merkte ich erst, als ich sah, wie eine Träne auf den Stoff der Jogginghose tropfte. Schnell wischte ich mir über die Augen und versuchte, mich wieder zusammenzureißen. Nur einen Moment später öffnete sich die Tür und Doktor Kim kam wieder ins Zimmer. »So, Taehyung.«, fing er an und zog sich einen Hocker näher an die Liege, auf der ich saß.

»Ich würde dir jetzt ein paar Fragen stellen, wenn das in Ordnung ist.«, erklärte er mir und sah mich mit einem lieben Lächeln an. Am liebsten hätte ich Nein gesagt — nein, es ist nicht in Ordnung —, aber ich wollte nicht unhöflich sein, schließlich wollten mir alle nur helfen. Bloß wusste ich nicht, was ich alles erzählen konnte. Ich wollte nicht darüber reden und ich wollte vor allem keine große Sache daraus machen. Es war nunmal passiert.

Also nickte ich nur und wartete darauf, was er als nächstes sagen würde. »Gut, also.. ich würde gerne noch nach Spuren eines sexuellen Übergriffs suchen. Jeongguk, der Junge, der dich hier hergebracht hat, hatte angedeutet, dass dir etwas in der Richtung passiert sein könnte.« Er sprach vorsichtig, was ich zwar zu schätzen wusste, die Sache aber nicht unbedingt leichter machte. Nervös knetete ich meine Finger und wandte meinen Blick von dem Braunhaarigen ab.

»Nein.«, murmelte ich und schüttelte den Kopf, da ich nicht wusste, ob er meine leise Antwort wirklich gehört hatte. »Was meinst du? Möchtest du nicht weiter untersucht werden?«, fragte der Arzt nach. Seine Stimme transferierte weiter eine gewisse Einfühlsamkeit. Ich merkte, wie sie mich beinahe schwach machte — doch ich hatte mich entschieden. Ich würde einfach wieder nach Hause gehen. Also schüttelte ich den Kopf und konnte gleich das enttäuschte Seufzen von Doktor Kim hören.

»Taehyung, denk nochmal gut darüber nach. Ich kann verstehen, dass dir das zu viel ist, aber es ist wichtig, dass wir die Sache medizinisch dokumentieren können. Das wird auch der Polizei helfen, denjenigen zu finden und zu bestrafen, der dir das angetan hat.«, sprach der Braunhaarige und ich spürte dabei seine Augen auf mir. Ich hob meinen Kopf an und erwiderte seinen Blick. »Nicht die Polizei.«, sagte ich diesmal etwas lauter, als vorhin noch. »Ich will nicht zur Polizei.«, wiederholte ich nach einem langen Ausatmen und krallte meine Hände in den Stoff der Jogginghose.

Doktor Kim schüttelte nur verwirrt den Kopf. »Du musst das anzeigen.«, versuchte er mich umzustimmen, doch da stieß er bei mir auf Granit. »Nein, ist schon OK.«, versicherte ich ihm und zog einmal die Nase hoch. Ich wischte mir noch einmal darüber, was einen leichten Schmerz auslöste. Der Braunhaarige vor mir senkte seinen Kopf und gab ein gestresstes Geräusch von sich. »Taehyung, bitte hör mir zu. Was dir passiert ist, ist auf keinen Fall OK — dass du unter Drogen standest macht hierbei keinen Unterschied.«, redete er weiter auf mich ein. »Bitte denk nochmal darüber nach. Weißt du denn, wer es war?«

BEING WITH HIM, kookvWo Geschichten leben. Entdecke jetzt