ACHT

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Jeongguk

Die Milch verteilte sich gleichmäßig, als ich mit dem Löffel in meinem Kaffee herumrührte. Inzwischen war es nach fünf und in ungefähr neun Stunden sollte ich im Krankenhaus sein — zu meiner Schicht auf der Kinderstation, nicht, um nach Taehyung zu sehen. Ich sollte also vermutlich nicht hier in der Küche am Esstisch sitzen und mit Yoongi und Chaeyoung meine zweite Tasse Kaffee trinken. Aber genau das taten wir.

Zum Schlafen war ich noch viel zu aufgeregt und das Koffein schien mich gerade weitestgehend zu beruhigen — es schaffte etwas Ordnung in meinen zerstreuten Gedanken. Mein Kopf war voll von Taehyung und dem, was heute alles vorgefallen war. Der Tag war keine sechs Stunden alt und trotzdem war schon so viel passiert. Es kam mir surreal vor, dass es jetzt einfach vorbei war. »Ich werd ihn nie wiedersehen, oder?« Es war eher eine rhetorische Frage, denn die beiden mir gegenüber wussten schließlich auch nicht mehr, als ich.

Ich würde ihn nicht mehr wiedersehen — ich wusste ja nichts über ihn! Außer seinem Namen hatte ich keine Information über Taehyung. Keine Nummer und keine Adresse. »Vielleicht kannst du in deiner Pause in der Notaufnahme fragen, ob er noch da ist. Vielleicht triffst du deinen Kollegen wieder, der ihn untersucht hat.«, meinte Chayoung und schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. Es war eine gute Idee, allerdings wusste ich, dass das nicht klappen würde. »Doktor Kim und ich verstehen uns zwar recht gut, aber ich gehöre nicht zur Familie — ich kenne Taehyung kaum und das weiß er. Er wird mir nichts sagen.«, erklärte ich, was die Blondine sich enttäuscht im Stuhl zurücklehnen ließ. Yoongi nahm ihre Hand in seine und trank still einen Schluck von seinem Kaffee.

»Und dieser Freund, mit dem ihr geredet habt? Habt ihr seine Nummer oder sonst irgendwas?«, hatte sie noch einen weiteren Vorschlag. Ich schüttelte den Kopf und blickte zu Yoongi, da er bei dem kurzen Gespräch mit Baekhyun dabeigewesen war. Chaeyoung hatte in der Zeit die Parkscheibe weitergedreht. Wir hatten nicht viel miteinander geredet und ich hatte an meiner Entscheidung festgehalten, ihm über den Vorfall nur das Nötigste zu verraten. Ich erzählte ihm das, was er auch ohne mich hätte herausfinden können — dass Taehyung zusammengeschlagen auf dem Boden einer Toilette lag. Am Telefon schon hatte ich ihm gesagt, ich würde glauben, es sei noch mehr mit Taehyung passiert — allerdings hatte dann keiner von uns mehr etwas dazu gesagt.

Baekhyun sagte uns, er wäre mit Taehyung im Sunrise feiern gewesen und hatte sich Sorgen gemacht, als er zu lange weg war. Er schwor darauf, den ganzen Laden abgesucht zu haben. Vermutlich waren Taehyung und ich da schon aus dem Club raus. Ich wusste noch immer nicht, in welcher Beziehung die beiden zueinander standen, aber er machte einen sehr netten Eindruck. Er sorgte sich um Taehyung und wirkte extrem erleichtert, als ich ihm sagte, dass es dem Schwarzhaarigen den Umständen entsprechend gutging.

»Nein, wir haben nur kurz mit ihm geredet und sind dann gleich gegangen.«, erklärte Yoongi und machte somit auch diese Idee seiner Freundin zunichte. Es war hoffnungslos — ich würde Taehyung nicht wiedersehen. Aber das wollte ich. Mir war an diesem Morgen noch nicht klar, wieso ich ihn unbedingt wiedersehen wollte — doch ich wusste es, sobald ein paar Tage vergangen waren.

»Vielleicht soll es einfach nicht sein, Guk. Wieso willst du ihn auch nochmal sehen? Es wird sich mit Sicherheit gut um ihn gekümmert — dieser Freund von ihm machte doch einen netten Eindruck.«, meinte Yoongi und stellte seine Kaffeetasse vor sich auf den Tisch, als er sich mit seinen Ellbogen darauf abstützte. »Ja, stimmt. Ich weiß nicht, worum's mir geht. Ich würde ihn gern kennenlernen. Ist das so komisch?«, fragte ich die beiden, ohne wirklich über meine Worte nachzudenken. Ich war müde, wollte aber irgendwie auch sofortige Klarheit zu diesen seltsamen Gefühlen.

»Also ich finde es romantisch.«, kam es von Chaeyoung. Die Blondine lächelte und zwinkerte mir zu. »Nicht alles ist eine Liebesgeschichte, Chae.«, meinte Yoongi und stupste spielerisch ihre Nase an. Ich schüttelte nur den Kopf und lächelte ebenfalls. »Nein, so meine ich das nicht. Ach, ich weiß auch nicht.« Ich nahm einen Schluck von meinem Kaffee, der mittlerweile lauwarm geworden war. »Vielleicht sollten wir ins Bett gehen — du brauchst 'ne ordentliche Mütze Schlaf. Für dich war die Sache sicher auch nicht leicht.«, sagte der Ältere und reichte der Blondhaarigen neben ihm seine Tasse, die daraus den letzten Schluck nahm.

BEING WITH HIM, kookvWhere stories live. Discover now