NEUN

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Taehyung

Aufwachen tat ich erst, als mein Telefon in einem unfassbar lauten Ton neben mir plötzlich das Klingeln anfing. Verschlafen rieb ich mir einmal über die Augen und kniff sie fast wieder ganz zu, als sie das helle Licht des Bildschirms traf — im Kontrast zu meinem maximal abgedunkelten Schlafzimmer brauchten meine Augen eine Weile, bis sie sich daran gewöhnt hatten. Ich nahm den Anruf direkt an — wenn auch mit einem kleinen Seufzen — als ich Baekhyuns Namen las. Hoffentlich fragte er nicht wieder, wie es mir ging.

»Ja?«, meldete ich mich zu Wort, während ich den Lautsprecher anstellte und mein Telefon neben mich auf die Matratze legte. Meine Stimme war noch gar nicht richtig da — schließlich hatte ich bis eben noch geschlafen. Ich musste mich also räuspern, doch dann konnte ich schon den Älteren sprechen hören. »Tae? Hast du geschlafen?«, fragte er sofort, was ich nur mit einem knappen Mhm beantwortete. »Dann ruf ich wohl gerade rechtzeitig an — ich komme in einer halben Stunde, das weißt du noch, oder?«, fragte er mich weiter. Kurz musste ich überlegen, doch dann fiel mir wieder ein, was er meinte.

Baekhyun und ich hatten heute Morgen schon telefoniert, bevor ich zur Arbeit musste — leider war mein bester Freund einer dieser Menschen, die ein Telefonat einer einfachen Nachricht vorzogen. Wir würden uns an diesem Abend alle bei Chanyeol treffen — seine Eltern machten eine Woche Urlaub und das wollten wir ausnutzen. »Ja, weiß ich.«, antwortete ich ihm, als es mir wieder eingefallen war. Ein kurzer Blick auf die Uhr meines Telefons verriet mir, dass es bereits halb sieben Uhr abends war.

Lange hatte ich nicht geschlafen — nur etwa eine Stunde. Doch hätte Baekhyun mich nicht angerufen, hätte ich mit Sicherheit das Treffen verschlafen. Eigentlich hatte ich auch schon viel früher zu Hause sein wollen, doch zur Zeit fielen einige meiner Kollegen aus, was für mich natürlich mehr Arbeit bedeutete — doch vermutlich sollte ich mich glücklich schätzen. Das zusätzliche Geld durch die Überstunden konnte ich gut gebrauchen. Außerdem war ich lieber allein im Laden und räumte Regale ein, als mit meinen Kollegen über ihr Leben zu quatschen. Ich mochte sie zwar irgendwie, aber manchmal war mir einfach nicht nach unterhalten.

»Dann los. Steh auf und mach dich fertig. Wehe du liegst noch im Bett, wenn ich nachher komme.«, hörte ich Baekhyun wieder sprechen. Ich rieb mir einmal über die Augen und gab ein kurzes bestätigendes Geräusch von mir — allerdings schien ihm das nicht zu reichen. »Ich mein's ernst, Jagi. Ich hab dich fast einen Monat nicht gesehen. Jetzt steh auf und komm in die Puschen. Die anderen freuen sich auch, dass du kommst.«, meinte er, was sofort ein schlechtes Gewissen in mir aufkommen ließ. Es tat mir schon leid, ihn die letzten vier Wochen abgewimmelt zu haben, doch ich hatte keine Lust, Baekhyun zu sehen. Es lag nicht an ihm — ich wollte niemanden sehen. Und das hatte ich auch nicht. Aber für diesen Abend hatte er mich überreden können.

»Ist gut. Ich bin fertig, wenn du da bist.«, sagte ich, was ihn mit Sicherheit lächeln ließ. Wir verabschiedeten uns, ehe er auflegte und ich meinen Blick von der Decke über mir löste. Mit einem Ruck setzte ich mich im Bett auf und starrte erstmal ein paar Sekunden vor mich auf die zerknitterte Decke über meinen Füßen. Es dauerte auch nicht viel länger als diese paar Sekunden, bis die Erkenntnis zu mir zurückkam — das Treffen heute. Wir würden uns alle bei Chanyeol treffen. Wir alle — das bedeutete auch Sehun. Ich bekam eine Gänsehaut, als es mir wieder bewusst wurde. Ich würde ihn sehen. Das erste Mal, nachdem wir vor einem Monat im Sunrise waren.

Ich wusste nicht so recht, was genau ich fühlen sollte. Ich hatte keine Angst, das war es nicht. Aber mir war einfach nicht ganz wohl dabei, den Älteren wiederzusehen. Doch mir war klar, dass es irgendwann soweit sein würde. Wir waren Freunde — natürlich würden wir uns früher oder später wiedersehen. Also verließ ich schließlich doch mein Bett, ließ mich aber direkt wieder auf den Boden davor fallen. Puh, war ich erschöpft. Ich wusste nicht, ob es von der Arbeit war oder dem wenigen Schlaf, den ich letzte Nacht hatte. Irgendwie ging es mir in den letzten Wochen ständig so — ich war kaum draußen. Nicht, dass es normalerweise anders gewesen wäre, doch gerade fehlte mir noch mehr als sonst die Energie dazu, irgendwas zu machen.

BEING WITH HIM, kookvWhere stories live. Discover now