Kapitel 44

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Königreich Anchor, Hauptstadt Alystowe

»Ein Fest?«, rief Prinz Eliphas empört, als die Lords und Herzöge und anderen wichtigen Persönlichkeiten den Saal verlassen hatten. Cyra beobachtete wie er mit den Händen gestikulierte. »Hast du nicht gesehen, wie sie mich angeschaut haben?!«

»Wie jemanden, der ihnen das beste Stück Torte stielt«, murmelte Hunter neben ihr und sie war froh, dass sich seine Wut verflüchtigt zu haben schien.

»Du bist der Prinz«, erwiderte Locan, als würde das alle Einwände, die jemand haben könnte beiseite wischen.

»Aber ein Prinz, der für die letzten drei Jahre von der Bildfläche verschwunden war«, gab Herzog Thyron zu bedenken. »Jeder von ihnen hatte eigene Pläne mit dem Thron.«

König Locan warf seinem alten Freund einen finsteren Blick zu. »Sie werden sich damit abfinden. Es ist jetzt wichtig, dass wir Einigkeit demonstrieren.«

»Wie kommst du überhaupt dazu, das hier vor allen zu verkünden?«, fragte Eliphas weiter mit mühsam beherrschter Wut. Cyra verstand seine Aufregung nicht. Er war der Prinz und er war zurückgekehrt, warum sollten das nicht alle erfahren?

König Locan runzelte die Stirn und schien ähnliche Gedanken zu haben, wie sie. »Aber was spricht denn dagegen? Du bist mein Sohn und du wirst selbstverständlich meine Nachfolge antreten.«

Eliphas stieß einen Schwall Luft aus. »Weil ich ... Ich will ...« Er unterbrach sich und sah hilfesuchend im Saal umher.
Cyra warf Hunter einen nachdenklichen Blick zu.

Verständnis stand in seinen blauen, gelb gesprenkelten Augen, er schien genau zu wissen, was Eliphas sagen wollte – aber offensichtlich nicht konnte. Und da dämmerte es auch ihr. Hatte der neue ausgerufene Prinz etwa gar nicht die Absicht, in Alystowe zu verweilen? Hatte er eigentlich darauf spekuliert, sich wieder davonzustehlen?

Aber wenn Cyra in die hoffnungsvollen Augen des Königs sah, die seit langer Zeit wieder Leben auszustrahlen schienen, verstand sie, warum er das seinem Vater nicht sagen konnte. König Locan setzte all sein Vertrauen in seinen Sohn.

Eliphas seufzte tief und ergeben. »Vergiss es.« Er nickte in die Runde und drehte sich dann um, um auf den Ausgang zuzusteuern.

König Locan, Herzog Thyron, Cyra und Hunter sahen ihm nach. Nevan starrte gedankenverloren aus den bodentiefen Fenstern. Er schien an diesem Tag überhaupt sehr in Gedanken versunken.

»Ich weiß nicht, ob das eine so gute Entscheidung war«, äußerte Thyron seine Bedenken.

»Warum nicht?«, erwiderte der König verständnislos. »Er ist der Prinz.«

»Natürlich. Aber vielleicht wäre es besser gewesen, das ganze etwas langsamer anzugehen. Den Lords und den anderen erstmals etwas Zeit zu geben, sich an die neue Situation zu gewöhne, sich an Eliphas zu gewöhnen. Und Eliphas etwas Zeit zu geben, sich hier einzufinden. Er war drei Jahre fort, Locan.«

König Locan wischte die Worte ihres Vaters mit einer Handbewegung beiseite. »Er ist ihr Prinz! Sie sollten sich daran nicht erst gewöhnen müssen.« Er blickte zur Tür. »Und Eliphas wird sich schon in seinen neuen Platz einfinden, wenn er eine Weile hier ist.«

Wenn er überhaupt lange genug hier ist, dachte Cyra bei sich.

»Wir haben da noch einige andere Dinge zu besprechen«, fuhr Locan ungerührt fort. »Die seltsamen Vorkommnisse, von denen deine Tochter berichtete, zum Beispiel.«
Herzog Thyron nickte nur und wandte sich dann an Nevan. »Wir würden es wirklich zu schätzen wissen, wenn Ihr an unserer Besprechung teilnehmen würdet.«

Snow Hunter - gefährliches ErbeWhere stories live. Discover now