Kapitel 58

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Königreich Anchor, Hauptstadt Alystowe

Als Cyra in den Ballsaal zurückkehrte, herrschte das reinste Chaos. Lords und Ladys lagen am Boden und sie konnte nicht sagen, ob sie tot waren oder nur bewusstlos.

Wandbehänge wirbelten durch den Raum, eine zerbrochene Harfe wurde in ihre Richtung geschleudert und in dem Moment, in dem sie zur Seite hechtete, um dem Musikinstrument auszuweichen, zersplitterten die hohen Fenster und ließen tausend Scherben niederregnen.

Sie sah Kain, der schützend die Hände hob und an dessen Barriere das Glas einfach abprallte.

Auf der anderen Seite standen Hunter und Nevan, der jetzt ebenfalls die Hände in die Höhe riss und einen Wall aus Magie um ihn und Hunter schloss.

Und auf dem Podest vor dem Thron stand die Ursache. Eliphas sah aus wie einer der Götter, während sich das Abendlicht in seinem Haar spiegelte und es in flüssiges Gold verwandelte.

Es wirbelte um seinen Kopf herum, aber er unternahm keinen Versuch, es zu glätten. Seine Arme hingen an seinen Seiten herab, das Schwert lag zu seinen Füßen. Die unglaubliche Macht, die von ihm ausging, hätte Cyra in die Knie gehen lassen, hätte sie nicht ein Stück von Alasters Kräften besessen.

Die Scherben, die nun ebenfalls umhergewirbelt wurden, erreichten sie nicht, als sie anfing sich ihren Weg durch den tobenden Sturm zu erkämpfen.

Der Wind zerrte an ihren Haaren und ließ ihren dunkelgrauen Umhang hinter ihr her wehen. Sie umklammerte Escanda fester und stemmte sich dann gegen die unfassbare Menge an Magie, die sich im Raum zusammenballte.

Kain entdeckte sie als Erster. Seine Augenbrauen wanderten erstaunt nach oben, als hätte er damit gerechnet, dass sie längst zu fliehen versucht hätte.

Als er das Schwert in ihren Händen erblickte, wurden seine Augen noch größer. Seine Lippen bewegten sich, aber der Wind rauschte so laut in ihren Ohren, dass es unmöglich war, ihn zu verstehen.

Als sie es in die Mitte des Raumes geschafft hatte, erblickten auch Hunter und Nevan sie. Hunter schien sich in Bewegung setzen zu wollen, aber Nevan hielt ihn zurück.

Er musste mit seiner Magie zwei Personen schützen, es war leichter, an Ort und Stelle zu bleiben. Cyra wusste nicht, wieso sie aufgehört hatten gegeneinander zu kämpfen, aber vielleicht war Kains Kontrolle tatsächlich völlig verloren gegangen. Sie hielt Ausschau nach ihrem Vater, konnte ihn aber nirgendwo entdecken.

Hoffentlich hatte er es geschafft aus dem Raum zu entkommen, bevor dieses Chaos losgebrochen war.

Solange er nicht versuchte, das Schloss zu verlassen, war er in Sicherheit. Zumindest hoffte sie das.

Es war erschreckend, welches Chaos außer Kontrolle geratene Magie anrichten konnte. Sie zweifelte nicht daran, dass das nicht Eliphas Absichten gewesen waren. Aber das spielte auch keine Rolle.

Cyra musste etwas tun, sie musste das beenden. Und sie hatte die Macht dazu.

Kain hatte sich nun ebenfalls mit langsamen Schritten in Bewegung gesetzt. Er hielt auf Cyra zu, vermutlich wollte er ihr das Schwert entreißen.

Aber dazu würde sie es nicht kommen lassen. Sie riss Escanda aus der Scheide, reckte es hoch in die Luft und rief: »Mit der Macht der Drei geschmiedet, braucht es drei, sie zu erwecken, drei sie zu führen, drei sie zu zerstören und einen, sie zu halten.«

Sie spürte die Magie, die plötzlich von dem Schwert ausging ganz deutlich.

Eine Kraft war ihr vertraut, es war Alasters Magie, ein Teil seiner Seele, der noch immer in dem magischen Schwert ruhte.

Snow Hunter - gefährliches ErbeWhere stories live. Discover now