Kapitel 7

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Königreich Anchor, Phedia

Hunter erreichte Phedia noch vor Sonnenuntergang. Er passierte ungehindert das Tor und stellte das Pferd in einen kleinen Schuppen neben dem Haus. Es war alt, die Fassade schmutzig und rissig. Aber das Innere war gemütlich und stellte seit etwa vier Monaten Kierans und Hunters Unterschlupf dar.

Er trat an die Tür und suchte in seinen Taschen nach dem Schlüssel. Als er ihn nicht finden konnte, stieß er einen lauten Fluch aus.

Der Schlüssel musste in den Satteltaschen des Pferdes gewesen sein, das der Räuber mitgenommen hatte.

Probehalber versuchte er die Tür zu öffnen, diese blieb jedoch – wie erwartet – verschlossen. Es wäre auch sehr nachlässig von Kieran, wäre es anders gewesen.

Aber jetzt musste er darauf hoffen, dass sein Freund ihm öffnen würde.
Er hämmerte einige Male gegen die Tür. »Kier?«, rief er. »Ich bin's, Hunter! Bist du da?«

Es geschah nichts. Hunter seufzte. Womöglich war Kieran gar nicht da. Er hämmerte noch einmal gegen die Tür, diesmal lauter.

In diesem Moment wurde die Türe aufgerissen. »Bei den Göttern, was...« Kieran verstummte augenblicklich, als er Hunter erkannte.

»Hunter?«, fragte er ungläubig. Er steckte den Dolch, den er sicherheitshalber in der linken Hand bereithielt, wieder in den Waffengurt um seine Hüfte.

Dann trat er beiseite und ließ Hunter eintreten. Er warf noch einen Blick die Straße hinunter und schloss die Tür dann sorgfältig hinter sich. Seine dunklen Augen musterten Hunter kritisch.

Hunters schulterlangen, weißen Haare waren unter einer dunklen Kapuze verborgen, die er nun nach hinten schob. Die gelben Sprenkel in seinen eisblauen Augen blitzten belustigt, während er die Schultern kreisen ließ.

»Keine Sorge, mir ist niemand gefolgt.«

Kierans Blick verdüsterte sich. »Musstest du so einen Lärm machen?! Was sollen die Leute denken, mh? Wo ist dein Schlüssel?«

»Hab ich verloren«, erklärte Hunter beiläufig.

»Was soll das heißen, du hast ihn verloren?!«

Hunter grinste leicht verlegen. »Naja, nicht direkt verloren. Eigentlich wurde er mir gestohlen. Ich wurde auf dem Weg nach Imarith von einem Pack Räuber überfallen. Einer von ihnen ist mit meinem Pferd entkommen. Und in den Satteltaschen war der Schlüssel. Und ein paar Wurfsterne. Du hast doch nichts dagegen, wenn ich mir welche von deinen borge?«

Kieran schüttelte seufzend den Kopf. »Wie bist du herkommen, ohne ein Pferd?«

»Oh ich habe ein Pferd. Ich habe es ganz legal mit dem Gold meines illegalen Berufs erworben.« Er grinste Kieran an.

Dieser zog die geschwungenen Augenbrauen hoch. »Das soll ich dir glauben?«

»Ja. Aber ich denke, das war das erste und das letzte Mal. Es macht einfach viel mehr Spaß, die Dinge, die man braucht zu stehlen.«

Später saßen die beiden sich, dicht beim warmen Feuer des Kamins, gegenüber.

»Wie lief dein Auftrag?«, fragte Kieran schließlich. Sein pechschwarzes Haar war etwas länger, als Hunter es in Erinnerung hatte und lockte sich leicht an den Schläfen.

»Erfolgreich abgeschlossen«, erwiderte Hunter, ohne die Zufriedenheit aus seiner Stimme herauszuhalten. Er warf seinem Freund das Säckchen mit den Goldmünzen zu. Kier fing es auf und wog es nachdenklich in den Händen.

»Bei einem Auftrag von Sal'almár hast du auf jeden Fall mehr bekommen.« Er hob überrascht den Blick. »Dann hast du das Pferd also tatsächlich bezahlt.« Er grinste Hunter an.

Snow Hunter - gefährliches ErbeWhere stories live. Discover now