Snow Hunter - gefährliches Erbe

Kapitel 5

Königreich Anchor, Hauptstadt Alystowe

Drei Tage dauerte die Reise nach Alystowe nun schon und so langsam hatte Cyra genug. Den ganzen Tag ritten sie, machten nur selten kurze Pausen und Kejon nervte sie zusehends.
Außerdem war es immer noch ziemlich kalt.

Faronville lag weit im Norden und sie war niedrige Temperaturen gewöhnt, Alystowe aber lag genau in der Mitte von Anchor und Cyra hatte mit etwas wärmeren Temperaturen gerechnet. Natürlich herrschte in Anchor das ganze Jahr über Kälte und im Norden fiel auch im Sommer noch Schnee, aber sie hatte gehofft, auf ihrer Reise zumindest ein wenig von den grünen Wiesen zu sehen zu bekommen, von denen ihre Mutter so gerne erzählte.

Aber das wäre ja noch erträglich gewesen, wäre da nicht der Begleiter des Gesandten Telan Sa'rul.
Ellan, Kejon und Jerren – die drei Männer, die Telan Sa'rul zum Schutz nach Faronville begleitet hatten, schienen auf den ersten Blick ganz in Ordnung zu sein.

Aber als Cyra angefangen hatte sich zu langweilen, hatte sie Kejon angesprochen. Zuerst war es ein nettes Gespräch gewesen und er hatte ihr erzählt, dass er aus Chelldra stammte und dort Familie hatte.

Aber dann war er abgeschweift, hatte begonnen von Alystowe zu schwärmen und von der Ausbildung zum Krieger, die er dort als Bester bestanden hatte – behauptete er.
Und seitdem hörte er nicht mehr auf zu reden. Cyra hatte noch nie viel für derartiges Geplänkel übriggehabt und in ihren Ohren verschmolzen all seine Worte zu einem einzigen Ton, dem keine Einzelheiten mehr zu entnehmen waren. Sie ließ alle Höflichkeit fahren und trieb ihr Pferd an, bis sie auf gleicher Höhe mit ihrem Vater ritt. »Sind wir bald da?«

Thyron fragte glücklicherweise nicht nach. »Bis Sonnenuntergang sollten wir die Hauptstadt erreicht haben«, erklärte er dann.
Erleichtert atmete Cyra auf.

Sie erreichten Alystowe tatsächlich mit den letzten Sonnenstrahlen des Tages.

Fasziniert betrachtete Cyra die meterhohe Steinmauer, die die Stadt umgab. Dahinter sah sie die riesigen goldenen Türme des Palasts aufragen.

Das Tor war geschlossen und oben auf den Mauern waren mehrere Wachen postiert. Ein Mann beugte sich ein wenig zu ihnen hinab. »Was wünscht ihr?«

Cyras Vater ritt noch etwas näher an die Mauer heran und reckte das Schreiben des Königs in die Höhe. »Mein Name ist Thyron Virdin. Ich bin der Herzog von Faronville. Der König bat um mein Erscheinen.«

»Wer sind Eure Begleiter?«

Telan kam ebenfalls näher. »Ich bin es! Telan Sa'rul, der Gesandte des Königs.« Er machte eine Bewegung hinter sich. »Das sind die Wachen die uns zu unserem Schutz begleiten und Cyra Virdin, die Tochter des Herzogs.«

Der Mann sagte etwas zu den anderen Wachen, dann wurde das Tor geöffnet.

Zwei Wachen positionierten sich am Eingang und musterten die Ankömmlinge noch einmal genauestens. Schließlich nickten sie ihnen zu.

»Ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals so lange gedauert hat, bis man in die Stadt hineinkam«, sagte Thyron während sie das Tor passierten.

Sa'rul zuckte die Schultern. »Eine Vorsichtsmaßnahme. Jeder wird genauestens kontrolliert und nach Sonnenuntergang kommt niemand mehr in die Stadt hinein oder hinaus.«

Thyron schüttelte den Kopf. »Denkt Ihr nicht, das ist etwas übertrieben? Es macht fast den Anschein als bereite sich König Locan auf eine feindliche Übernahme vor.«

»Es macht den Anschein, als würde ein Feind über uns kommen. Besser wir bereiten uns früh darauf vor, als später ahnungslos im Schlaf erschlagen zu werden. Und wenn die Ahnungen des Magiers nicht eintreffen – umso besser!«