14 - Wettergrauen

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Sie schloss die Wohnungstür auf und lauschte. Sie hörte den Fernseher laufen. Demnach war Flo schon zu Hause. Das hieß, sie würde einem Gespräch tatsächlich nicht aus dem Weg gehen können. Sie hatte irgendwie doch auf eine Gnadenfrist gehofft. Aber es war besser so, sprach sie sich selbst Mut zu, während sie aus den Schuhen schlüpfte und den Wohnraum betrat.

 Flo hatte es sich mit einem Teller Nudeln auf dem Sofa bequem gemacht. Jedes Mal, wenn sie sein Bettzeug da liegen sah, zog sich ihre Brust zu. Das fühlte sich einfach nicht richtig an. Sie konnte auch kaum schlafen, da er nicht neben ihr, sondern im Raum nebenan lag. Wahrscheinlich war sie deswegen geplatzt. Weil sie das so belastete.

„Hey. Du bist daheim...", sagte sie und knetete nervös ihre Hände.

„Ja. Hatte keinen Bock auf Gesellschaft", erwiderte er und ihre Brust zog sich zu.

„Oh. Dann ... sollte ... äh ... ich sollte dich dann wohl alleinlassen", stammelte sie und wand sich unter seinem forschenden Blick.

„Wolltest du dich nicht mit Lari treffen?", fragte er und sie nickte.

„Hab ich. Äh, sie hat mich heimgeschickt. Zu dir. Ich hab geheult", erklärte sie und als er sie stirnrunzelnd ansah, fügte sie hastig an: „Egal. Du willst deine Ruhe. Ich gehe."

Sie wendete sich ab und wollte schon verschwinden, als sie hörte: „Eigentlich wollte ich mit dir reden."

‚Oh, nein. Jetzt kommt's. Er macht Schluss', dachte sie automatisch und drehte sich wieder zu ihm, während sie versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie diese Aussicht traf.

„Ah. Ok. Ja", machte sie und merkte, wie sie sich hölzern auf ihn zu bewegte.

Sie beobachtete, wie er den Teller auf den Couchtisch stellte, ehe er sie wieder musterte. Wenn er so weitermachte, würde sie in Nullkommanichts heulen, dachte sie und wich seinem Blick aus, um sich unter Kontrolle halten zu können.

„Ich hab heute mit Ma telefoniert. Wegen Weihnachten. Was wir geplant haben", erklärte er und sie nickte.

„Aha. Hm", machte sie und sah im Augenwinkel, wie er wieder mit der Stirn runzelte.

Dann seufzte er und meinte: „Als ich ihr gesagt hab, dass wir gar nichts geplant haben, weil im Moment der Wurm drin ist, hat sie mich gefragt, warum. Und ist dann sauer geworden, weil ich mich offenbar wie ein Komplettarsch benommen hab. Ihre Worte."

Jetzt flog ihr Kopf doch zu ihm herum und sie starrte ihn an, als er sagte: „Na ja, sie hat mich gefragt, ob ich dich liebe. Ich hab ihr erklärt, dass das irgendwie logisch ist, sonst wäre ich längst weg. Daraufhin hat sie mich zusammengeschissen, warum ich dann nicht auch so handle. Es wäre unfair gewesen, dir keine Chance zu geben, dich zu erklären und so weiter. Jedenfalls war ich nach dem Gespräch richtig wütend. Weil sie nur für dich Partei ergriffen hat. Aber dann hab ich nachgedacht. Ich glaube, sie hatte Recht. Zumindest in großen Teilen. Beim Hauptteil. Ich hab die ganze Zeit gewartet, ob von dir noch was kommt, aber da kam nichts. Ich weiß nicht warum. Sie meinte, ich müsste fragen. Sie hat die Befürchtung, dass ich dich tief verletzt hab. Stimmt das?", erkundigte er sich und sie nickte, ehe sie mit den Schultern zuckte.

„Ja, schon", sagte sie und registrierte, dass sie ihm mehr Kontext geben musste.

‚Nur leider ist mein Kopf gerade fast leer', dachte sie und versuchte in Worte zu fassen, was sie empfand: „Ich ... ich war überrumpelt. Ich konnte nicht richtig ... mich rechtfertigen. Ich fühle mich nicht wohl in meiner Opferrolle. Und du warst nie nur ein Betthäschen. Ich wär gekommen, wenn ich geahnt hätte, dass es dir so wichtig ist. Dann hätt ich die Unsicherheit gegenüber Fremden geschluckt. Ich ... ich will nur nicht immer verletzt werden. Darum laufe ich weg oder stell mich nicht solchen Situationen. Ich hasse Konfrontationen. Aber ich wäre das Risiko eingegangen, wenn ich gewusst hätte ... Ich dachte, du brauchst gerade Freiraum, darum hab ich ihn dir gegeben. Du hast es kaum mehr zu Hause ausgehalten. Das ist ok. Kein Vorwurf."

Mein Name ist Anna!Where stories live. Discover now