39 - Wettergrollen

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Als er den Bully betrat, klammerte sich Anna gerade an die kleine Spüle darin, während sie sich hektisch übergab. Er überquerte die paar Schritte, die sie trennten, fix und strich ihr behutsam die Haare zur Seite.

Als sie sich wieder im Griff hatte, hauchte sie: „Tut mir leid. Ich dachte, ich muss nicht ... aber mir ist immer noch schlecht."

„Kein Ding, Arielle", murmelte er und machte schlicht das Wasser an.

Es würde im Abwassertank landen, der unter dem Bully ruhte und den sie nur entleeren mussten, wenn sie auch wieder Frischwasser für den anderen Tank holten. Er zog sie in seine Arme und sie lehnte sich erschöpft gegen ihn. Ihm war weiter nach Heulen. Er würde ihre Kotze auch irgendwo abkratzen, nur weil es bedeutete, dass sie überhaupt noch brechen konnte. Er schmiegte sein Gesicht an ihres und schloss die Augen, während er die Mischung aus ihrem Duft und dem Geruch des Wassers tief in sich aufnahm. Er liebte dieses unverwechselbare Gemisch.

„Ich bin so müde. Es war so anstrengend. Ich dachte, ich schaffe es nicht. Ich konnte nur daran denken, dass ich dich jetzt doch alleinlassen würde und dass das nicht fair wäre", wisperte sie und ihm wurde wieder die Kehle eng, als er an die Szene ein paar Minuten zuvor dachte, bei der er gedacht hatte, sie hätten ihre Kräfte verlassen und sie würde untergehen.

„Dann leg dich hin, hm?", schlug er kaum hörbar vor und schob das Bild der absinkenden Anna von sich.

„Meine Arme sind immer noch wie aus Blei. Ich dachte, ich schaffe es nicht", wiederholte sie und jetzt hörte er, dass sie weinte.

Er zog sie näher und strich ihr durch das nasse Haar. Sie würde sich erkälten, wenn sie nicht aus ihren Klamotten kam und warm eingepackt werden würde. Sie zitterte weiterhin wie Espenlaub. Er flüsterte ihr zu, dass zum Glück nichts passiert sei und er sie liebe, bis sie sich etwas beruhigt hatte. Er wollte auch heulen. So sehr. Weil sein Kopf ihm immer wieder Szenen vorspielte, wie es ohne Anna gewesen wäre. Wie trostlos. Wie einsam. Wie schwarz.

Aber sie steht vor dir, du Idiot. Bring sie ins Bett. Sie kann sich kaum mehr auf den Beinen halten', dachte er und hörte: „Ich muss mich umziehen."

Er nickte und griff nach einem Handtuch, um ihr Haar darin einzuwickeln. Sie sah ihn bekümmert an und er bemerkte, wie sie sich zusammenriss. Einerseits, um nicht weiter zu weinen, andererseits, um aus den Klamotten zu kommen. Ihre Bewegungen waren fahrig und zittrig. Er half ihr schweigend, weil er weiterhin damit kämpfte, die dunklen Vorahnungen wegzuschieben, die ihn befallen hatten, als er registriert hatte, dass die Liebe seines Lebens sich in Lebensgefahr befunden hatte. Als sie in trockenen Klamotten steckte, zitterte sie immer noch. Doch sie hatte sich ihre Zahnbürste gegriffen und putzte sich bedächtig die Zähne. Er würde jeden Moment zusammenbrechen. Er hätte sie heute wieder verlieren können. Das machte ihn fertig.

Er sah, dass sie weiterhin schwankte, doch sie wollte trotzdem den Bully verlassen, also hielt er sie fest und meinte: „Du solltest dich lieber hinlegen, Anna, du bist total fertig."

„Aber Lari ist sauer. Ich ... ich muss ihr das erklären. Dass ich sie nicht verletzen wollte, weil ... ich hab sie lieb. Ich hab ihr das nie gesagt, aber das ist so. Es tut mir weh, dass sie denkt, sie wäre beschissen", flüsterte sie und er nickte, während er bemerkte, dass neue Tränen in ihren Augen schwammen.

„Ich weiß. Aber ich verspreche dir, dass sie morgen nicht mehr böse bist. Du gehörst trotzdem ins Bett. Komm", entschied er und bugsierte sie sanft zur Liegefläche, wo sie sich zögerlich niederließ.

Ihre Augen wollten ihr schon zufallen, bemerkte er, während er sie in Decken wickelte und sie hauchte: „Lari..."

„Kann warten bis morgen, Anna", flüsterte er und sie sah ihn nochmal kurz an, ehe ihr die Lider zufielen.

Mein Name ist Anna!Where stories live. Discover now