32 - Königswetter

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Er spürte, wie ihr sein Herz aufs Neue zuflog. Wie ging das? Er kannte sie seit knapp zwei Jahren näher und sie hatte immer noch diese Macht über ihn. Das war einfach Wahnsinn!

„Damit war ich im Grunde schon bedient. Aber dann packte sie eben den Rest auch aus: Dass irgendwann Samen herausschießen würde, und ich dachte wieder: Urgh, abgesehen von den ganzen anderen Absurditäten das auch noch? Und überhaupt: Wo kam denn jetzt plötzlich Samen her? Wie Blumensamen oder wie? Das hab ich mich gefragt und ihr Freund nickte erneut mit dieser Leichenbittermiene. Jedenfalls kam ich ab da nicht mehr aus dem Kichern heraus. Sie war so verzweifelt, dass sie mich fragte, ob ich mal vom Wein probieren wollte. Weil sie die Hoffnung hatte, der würde mich ruhigerstellen oder so. Keine Ahnung. Ich hab noch mehr gelacht, der Schuss ging also nach hinten los und sie hat sich immer mehr Mut angetrunken, das durchzuziehen. Ich hab irgendwann ein eigenes Glas mit Wein bekommen. War nur ein bisschen gefüllt, aber egal. Sie erzählte mir dann noch, wenn das passiere, und die Frau ein Ei in sich hätte, dann würde ein Baby entstehen."

Mittlerweile lachte sie so herzhaft, dass ihr Tränen über die Wangen liefen, und er musste grinsen, als sie mit Mühe und Not herausbrachte: „Ich kannte nur eine Art von Eiern und die aßen wir zum Frühstück. Also hab ich gedacht, Frauen hätten Hühnereier in sich! Und ihr Freund hat das auch wieder abgenickt! Ich bin fast zusammengebrochen!"

Er lachte nun ebenfalls los, als er sich vorstellte, wie Anna dort gesessen haben musste, während sie sich über die Wangen wischte und giggelnd anfügte: „Dann war sie fertig. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ihre Zunge war schon schwer vom Wein und sie hat etwas gelallt. Sie hat mich dann gefragt, ob ich noch Fragen hätte, und ich hab mich erkundigt, ob das alle machen würden. Sie meinte, Kinder nicht, aber alle Erwachsenen. Danach hätte ich nicht fragen sollen. Wirklich nicht. Das hat für so manche peinliche Momente gesorgt. Als die Schule nämlich wieder anfing, bekam ich einen Lehrer – Herrn Schmidt - der war gefühlte 90 und der hat sich mal im Schritt gekratzt und sofort kam mir das alles in den Sinn. Mich hats so geschüttelt bei dem Gedanken, dass der sowas machen könnte und dass bei ihm was herausschießt. Ich konnte dem nie in die Augen sehen. Stand sogar im Zeugnis: ‚Die schüchterne Schülerin meidet Augenkontakt jeglicher Art'."

Sie zuckte mit den Schultern und erzählte: „Zum Glück gab es ‚Bravo'. Die hat das dann alles ins richtige Licht gerückt. So, dass ich nicht schockiert war, als sich die Aussagen meiner Mutter als wahr erwiesen. Rückwirkend kann ich nicht glauben, wie doof ich damals war."

„Na ja, es zeigt, dass du noch nicht reif für die ganze Geschichte warst. Dass du schlicht und ergreifend ein unbedarftes Kind warst. Wie man es mit zehn sein sollte. Trotzdem haben sie dir deine Schwester überlassen, damit du dich um sie kümmerst. Da konnte nicht alles glattgehen, Anna", sagte er ernstgeworden und bemerkte, wie ihr Blick überrascht zu seinen Augen flog.

Sie sah ihn lange an, ehe sie nickte und murmelte: „Du hast recht. So hab ich das nie gesehen."

Da sie nun in dumpfen Brüten zu versinken schien, fragte er: „Jetzt findest du es aber nicht mehr eklig, oder?"

Er grinste, als sie ihn amüsiert anlächelte, den Kopf schüttelte und erwiderte: „Der Ekel wurde irgendwann von Neugier abgelöst. Und dann von Freude. Ich denk, so solls sein. Hühnereier und Blumensamen. Scheiße."

Er strich ihr zärtlich die Reste der Tränen von den Wangen, als plötzlich ihr Handy bimmelte. Sofort verschwand die Belustigung aus ihren Augen und stattdessen trat Panik hinein.

„Ich kann nicht gucken", flüsterte sie und er nickte.

‚Jetzt gilt's', dachte er mit heftig pochendem Herzen und fischte nach dem Test, während er bemerkte, dass Anna die Augen zukniff.

Mein Name ist Anna!Where stories live. Discover now