51 - Wetteraussichten

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Er war völlig fertig. Er war mindestens genauso nervös wie Anna, die blass und aufgeregt neben ihm saß. Ihre Hand zitterte in seiner. Kein Wunder. In wenigen Minuten würde sich entscheiden, wie ihr Weg weiterging. Er war gestern zu ihrer Arbeit gerast und hatte das Schlimmste erwartet. Doch Anna hatte ihn überrascht: Sie hatte aufgewühlt gewirkt und er hatte geschluckt, als sie ihm von den Geschehnissen des Tages erzählt hatte.

Doch Stolz hatte ihn geflutet. Sie hatte sich gewehrt. War für sich eingestanden. So richtig. Aber als ihre Wut verpufft war, war Anna verzweifelt gewesen und hatte mit sich gehadert, da sie befürchtete, sie hätte ihre Zukunft in den Sand gesetzt. Auch da hatte er wieder innerlich geflucht, weil er weiterhin keine Antwort hatte.

Jetzt war sie da. Heute angekommen. Er hoffte so sehr, dass diese positiv ausfiel, um sie auffangen zu können, denn er bezweifelte, dass die Firma auf ihre Forderung einging. Aber das würde er später erfahren.

Sie hatten diese Nacht jedenfalls nicht sehr viel geschlafen. Anna war immer wieder zwischen Wut und Verzweiflung hin und her geschwankt und er war ohnehin nervös gewesen wegen dem, was er für heute geplant hatte. Am Morgen hatte seine Liebste kaum etwas gesagt. Sie hatte nur still in ihren Kaffee gestarrt und nachgedacht. Ob und welche Pläne sie schmiedete, wusste er also nicht.

Er hatte sie dann in die Firma gefahren und als er auf dem Weg zur Schule gewesen war, hatte er sich umentschieden. Er hatte sich krankgemeldet und ein Aufbauprogramm geplant, bis es Zeit gewesen war, hierher zu kommen. Anna hatte ihn überrascht angesehen, als er statt Lari vor dem Gebäude gewartet hatte, doch er hatte sie in diesen wichtigen Minuten nicht alleinlassen wollen.

Er bemerkte den abschätzigen Blick, den die Empfangsdame immer wieder zu ihnen warf und unterdrückte den Impuls, ihr die Zunge herauszustrecken. Ja, Anna hatte einen Freund. Und der ließ sie nicht völlig aufgelöst hier sitzen, sondern leistete ihr Beistand. Auch wenn sie nicht viel redeten.

Sein Blick schnellte zur Glastür, als diese sich öffnete und eine dunkelhaarige Mittdreißigerin im Hosenanzug darin stand und meinte: „Frau Kreitmayr? Wir wären so weit."

Annas Augen flirrten hilfesuchend zu ihm und er nickte ihr ermutigend zu, obwohl ihm selbst der Arsch auf Grundeis ging. Er sah, wie die Frau ihn musterte, während seine Liebste sich erhob und zu seinem Glück die Schultern straffte.

„Bis gleich", sagte Anna und er nickte nur.

Er konnte seine Nervosität kaum bändigen. Von diesen Minuten würde alles abhängen. Anna würde zwar unabhängig davon, wie die Firma sich entschied keinen Job mehr haben, aber, ob sie sich einem langwierigen Gerichtsverfahren unterziehen musste, war noch offen. Er hoffte so sehr, dass ihr das erspart bleiben würde. Er beobachtete, wie Anna der Frau folgte und tippte nervös mit seinen Fingerspitzen auf seinem Knie herum, während seine Füße wippten. Er war echt daneben. Vom heutigen Tag hing so viel ab. Mehr, als sie wusste.

Er versuchte, sich zu beruhigen. Egal, was sich bei dem Gespräch ergab, seine Liebste brauchte einen moralischen Beistand, der nicht selbst völlig durch den Wind war. Er schloss die Augen und ging in Gedanken nochmal durch, ob er an alles gedacht hatte.

Mir fällt jetzt nichts Gegenteiliges ein', dachte er und zuckte heftig zusammen, als die Glastür kräftig aufgestoßen wurde.

„Frau Kreitmayr!", rief die Empfangsdame automatisch aus und er riss die Augen auf.

‚Scheiße, sie hat die sorgfältig formulierte Kündigung gebraucht', erkannte er und sprang aus dem Sessel auf, um ihr entgegenzueilen.

Ein Blick in ihre Augen reichte, um zu sehen, dass Wut und Verzweiflung um die Vorherrschaft in ihr kämpften, während sie mühsam gelassen erklärte: „Wir können. Ich hab Feierabend."

Mein Name ist Anna!Where stories live. Discover now