30 | Nikan

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Die Sonne steht tief zwischen den Bäumen und mein sonst dunkles Schlafzimmer wird durch goldene Strahlen erhellt. Neben mir liegt River. Ihre Augen sind geschlossen. Vor ungefähr einer Stunde ist sie eingeschlafen.
Nach unserem kleinen Erlebnis auf der Lichtung sind wir wieder zurück zur Siedlung, haben etwas gegessen, geduscht und uns dann ins Bett gelegt. River hat mir aus einem ihrer Romane vorgelesen. Zu meinem Bedauern, sind wir noch nicht an den interessanten Stellen angekommen.
Als ich dann gemerkt habe, dass ihre Lider immer schwerer wurden, sie gegähnt hat und weiter in sich zusammengesackt ist, habe ich ihr das Buch abgenommen, selbst vorgelesen und gewartet bis sie eingeschlafen ist.
Sie sieht wunderschönen aus. So friedlich. Ganz anderes als heute Vormittag auf der Lichtung. Da war sie göttlich, magisch und nicht von dieser Welt. "Meine kleine Waldfee", flüstere ich ihr zu und küsse ihre Nasenspitze. So gerne ich ihr noch weitere Stunden zugesehen hätte, müssen wir uns jetzt aus diesem Bett bequemen und zu den anderen gehen. Dean und Luke sind vor einigen Minuten zurückgekommen.
Ich küsse ihre Nasenspitze erneut und sie regt sich. Weil ihre Augen aber geschlossen bleiben, küsse ich sie wieder und noch einmal.
River gibt einen unzufriedenen Laut von sich und fragt dann: "Hast du mich gerade Waldfee genannt?"
Das hat sie gehört? Sie hat einen leichteren Schlaf als ich dachte.
Ich lache und antworte ihr: "Ja, du siehst nun mal wie eine Sagengestalt aus."
Fragend öffnet sie erst ein Auge, dann das andere und ich weiß, dass ich ihre meine Beobachtungen erklären muss. "Deine langen Haare, der wunderschöne zarte Körper, diese hypnotiserenden blauen Augen, deine Beziehung zur Natur", zähle ich auf und fahre mit meinen Fingern ihre genannten Körperstellen nach.
"Dann sollte ich mir vielleicht spitze Ohren aufsetzen, Flügel besorgen und nackt durch den Wald rennen", scherzt sie, doch ich kann nur überrascht aufkeuchen bei dem Bild, das sie in meinem Kopf erzeugt.
"Das ist definitiv eine Sache, die wir überdenken sollten."
"Du bist verrückt", kichert sie und ich lege meine Lippen über ihre, um sie gleich darauf stürmisch für mich zu erobern. Bei River fällt es mir schwer mich zurückzuhalten. Ein eigentlich harmloser kleiner Kuss wird schnell zu einem erregenden Kampf der Leidenschaft.
Und der Kuss hätte sich womöglich zu mehr entwickelt, wenn River sich nicht von mir lösen würde und angestrengt an die Decke starrt. "Sind Dean und Luke zurück?"
"Ja, deshalb habe ich dich geweckt", erkläre ich und stehle mir dennoch einen weiteren kleinen Kuss.
"Dann sollten wir runter gehen, sie warten bestimmt schon auf uns."
River versucht mich von sich wegzudrücken, doch da ich halb auf ihr liege, gelingt ihr das nicht. Ich weiß, dass sie stark ist, aber ich bin größer, habe mehr Gewicht - das meiste davon Muskelmasse versteht sich - und bin ein Alpha.
"Nikan, wir müssen wirklich aufstehen." Sie versucht erneut mich von sich zu stoßen, doch scheitert wieder.
"Mir scheint ich hätte dich vorhin noch nicht genug ausgepowert. Vielleicht sollten wir dieses Bett doch noch nicht verlassen." Ich kann mir ein vorfreudiges Grinsen nicht verkneifen, als ich mir einen Weg zwischen Rivers Beine bahne und einen rosa Schimmer auf ihren Wangen erkenne.
"Nikan", ruft sie entsetzt aus und legt ihre Hände an meinen Kopf, um mich wieder nach oben zu ziehen.
"Was denn? Als ich dich vor ein paar Stunden geleckt habe, warst du noch nicht so verlegen."
"Nikan", ruft sie erneut entsetzt aus und ihre Augen werden ganz groß.
"Schon gut", bringe ich unter einem rauen Lachen hervor und stehle mir einen weiteren flüchtigen Kuss ihrer köstlichen Lippen, bevor ich mich erhebe und River gleich mit mir ziehe. "Ich habe sowieso etwas anderes im Sinn."
"Was denn?", fragt sie neugierig, während sie versucht die zerwühlten Laken glatt zu streichen.
"Ach, plötzlich nicht mehr schockiert?" Ich grinse sie breit an und erhalte ein Augenrollen. "Könnte sein, dass du in meinem Kopf leicht bekleidet bist, spitze Ohren und schimmernde Flügel trägst, während du durch den Wald rennst und ich dir hinterher jage. Auf der Suche nach meiner Beute, die ich anschließend vernaschen kann."
Zugegeben, ausgesprochen klingt meine Fantasy schon etwas absurd. Aber was soll ich machen? Die Idee von River in diesem Outfit, hat sich in mein Gehirn gebrannt.
"Du bist echt bescheuert", entgegnet sie mit einem Kopfschütteln, doch ich kann ein kleines Zucken ihrer Mundwinkel erkennen. Vielleicht bleibt diese Idee doch nicht nur in meinem Kopf bestehen.
"Na komm Waldfee, wir müssen uns aus dem Zauberwald entfernen und in die reale Welt eintreten." Ich nehme River an der Hand und gemeinsam gehen wir zu den anderen ins Wohnzimmer.

Tatsächlich haben alle auf uns gewartet und wie auch die letzten Male, haben sich alle eine Sitzmöglichkeit gesucht. Bis auf Ian und Mato, die unsere Grenzen bewachen, sind alle anwesend und brennen darauf, was uns die Redbone Brüder zu berichten haben.
Ich setze mich neben Clayton an das kurze Ende des Sofas und weil nicht mehr genügend Platz ist, nehme ich River auf den Schoß.
"Wir wären schon eher zurück gewesen, doch hatten uns noch mit unserer Mutter abgesprochen", erklärt Dean sofort.
"Kein Problem", bestätige ich und nicke mit dem Kopf.
"Also, wie hat Henry auf unsere Ideen reagiert?", fragt Clayton und spricht damit die Frage aus, die uns alle brennend interessiert.
Ich schlinge meinen Arm um Rivers Bauch und ziehe sie näher zu mir, so dass ihr Rücken meine Brust berührt und sich ihre Wärme über meinen ganzen Körper legt. Ihre Hand wandert automatisch über meine und versucht beruhigende Kreise auf den Handrücken zu malen.
"Überraschend positiv würde ich sagen", bestätigt Luke und lehnt sich in dem Sessel entspannt zurück.
Er ist entspannt. Das heißt es muss gut gelaufen sein. "Henry hat sich eure Vorschläge angehört und war einverstanden einen Vertrag aufzusetzen. Bis jetzt hat er allerdings noch keiner eurer Forderungen zugestimmt."
"Was soll das bedeuten?", möchte River wissen und mir entgeht dabei nicht der misstrauische Ton im ihrer Stimme.
"Das bedeutet, dass die Sache nicht so schnell erledigt sein wird, wie ihr es euch wünscht", erklärt Luke und fährt sich über seine roten Haare. "Er ist zwar einverstanden mit einem Vertrag, aber möchte eigene Bedingungen stellen."
Das war uns bewusst und wir haben auch damit gerechnet. Es wäre etwas faul, wenn dem nicht so wäre.
"Was für Bedingungen?" Dieses Mal hat Len die Frage gestellt und hebt misstrauisch eine  Augenbraue.
"Hat er nicht gesagt. Noch nicht jedenfalls. Er vertraut Dean und mir nicht, als unabhängige Vermittler in diesem Konflikt zu agieren. Er möchte seine eigenen Vermittler einschalten."
Ich räusperte mich und hake nach: "Und wer sollen diese Vermittler sein?"
"Hat er nicht gesagt", erklärt Dean und fährt sich mit der Hand über sein stoppeliges Kinn. "Nachdem wir ihm alles erzählt haben, ist er für ungefähr eine Stunde verschwunden und hat uns mitgeteilt, dass er selbst jemanden zu sich holt. Diejenigen aber frühestens in einer Woche anreisen können."
"Eine Woche", murmelt Clayton neben mir vor sich hin.
"Ja, wir haben ihm versichert, dass es Atlas gut geht und er hat uns versichert, dass es auf keinen Fall zu weiteren Vorkommnissen kommen wird." Luke schaut mich bestätigend an und nickt mir zu.
"Das heißt wir können die Patrouille bei zwei Personen belassen", überlege ich laut und erhalte ein zustimmendes Kopfnicken aller Anwesenden. Das entlastet uns alle, dennoch werden wir gelegentlich und ohne Muster mehr patrouilliern, damit Henry erst gar nicht in Versuchung kommt, etwas anderes zu versuchen.
"Das ist zwar nicht viel, aber immerhin ein weiterer Schritt vorwärts", spricht Antonio uns allen Mut zu.
"Na ja, oder es ist nur Taktik von Henry und er will uns hinhalten", überlegt Noah und weckt in mir eine Sorge, die ich verzweifelt versucht habe zu unterdrücken.
"Henry klang wirklich aufgeschlossen gegenüber euren Vorschlägen", widerspricht Dean.
"Wir können sowieso nichts machen. In diesem Fall müssen wir auf Henrys guten Willen vertrauen" antwortet Len und eine nachdenkliche Stille breitet sich im Raum aus.

 In diesem Fall müssen wir auf Henrys guten Willen vertrauen" antwortet Len und eine nachdenkliche Stille breitet sich im Raum aus

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