7

1.4K 58 35
                                    

Ich war unglaublich müde, todesmüde. Die Nacht war lang, ereignisreich und der Tag schon halb vorbei, wie ich bemerkte, als ich auf die Uhr an der Wand blickte. Neben mir lag immer noch Jared, was mich wirklich sehr erstaunte. Leise stand ich auf, um ihn nicht zu wecken und zog mir das Kleid von gestern an. Etwas Anderes blieb mir wohl nicht übrig.

„Wohin so schnell?", ertönte Jareds raue Stimme. Ich liebte diese Morgenstimme so sehr. „Wollte mich nur anziehen", murmelte ich etwas verlegen. „Hab doch alles schon gesehen, Prinzessin", säuselte Jared und stand ebenfalls auf. „In diesem Schrank sind immer frische Sachen, bedien' dich ruhig." Wir beide standen vor dem Schrank, Jared nackt und ich in einem knappen Kleid. Ich griff nach frischer Unterwäsche, einem oversize T-Shirt und der grauen Jogginghose, die mir sofort aufgefallen war. Komischerweise war es mir keinesfalls mehr unangenehm, mich vor Jared umzuziehen. Das Kleid legte ich auf das Bett, ich würde sicher gleich noch einmal kommen, um es zu holen.

Zur Zeit waren nicht mehr viele Menschen im Haus, nur River, Steve, Traicy, Jared und ich, die restlichen Leute waren schon gegangen. Traicys böser Blick galt mir und war echt unangenehm. Die ganze Zeit starrte sie mich an, doch irgendwann reichte es mir. „Schau woanders hin, du nervst unglaublich!", fauchte ich Traicy an. „Es tut mir leid, okay? Aber Ashley ist eben meine beste Freundin, wie sollte ich sonst reagieren?", entgegnete Traicy. „Gar nicht! Ihr seid mir relativ egal, um ehrlich zu sein. Ich alleine entscheide, mit wem ich schlafe und mit wem nicht!", donnerte ich . „Ihr hattet Sex?", fragte Traicy verblüfft und sah Jared und mich abwechselnd an.

„Nein, wir haben Puzzle gebaut", spottete Jared und verdrehte seine Augen. „Das würde ich euch zutrauen", murmelte Traicy. „Naja, du solltest uns eher zutrauen, dass wir ficken, bis das Bett bricht", meinte Jared amüsiert. „Es hat niemanden zu interessieren, wie wir es machen", sagte ich kühl. „Das geht mir zu sehr ins Detail", lachte River und klopfte Jared auf die Schulter. „Sollten wir auf jeden Fall wiederholen, Prinzessin, muss jetzt aber wirklich los!", rief Jared und verschwand.

Gestern Nacht hatte ich mit Jared geschlafen und fand es alles andere als schlecht. Ashley würde hundertprozentig davon erfahren, doch das war mir momentan ziemlich egal. Manchmal musste etwas nicht sehr Tolles passieren, damit einem die Augen geöffnet wurden. Das hieß natürlich nicht, dass ich nur deswegen mit Jared geschlafen hatte, nein, ich war einfach eine junge Erwachsene, die ihren Spaß haben wollte. Und den hatte ich ganz gewiss, was ich Ashley nicht unter die Nase binden würde.

„Ich glaube, ich geh auch mal", murmelte ich und erhob mich. Mein Kopf tat weh und ich hatte das Gefühl, ich würde etwas vergessen. Da es mir nicht einfiel, verließ ich einfach das große Haus. Durch Google Maps erfuhr ich, dass es zu mir nach Hause nur eine halbe Stunde dauerte. Ich tastete nach meinem Geld in der Hosentasche. Dieses hatte ich kurz zuvor aus meiner Handyhülle genommen. Ich hatte dreißig Dollar dabei, ein Eistee dürfte sich locker ausgehen.

Ich kam beim Park an und betrat den nächsten Lebensmittelladen. Als ich das Geschäft verließ, fiel mir eine alte Bettlerin auf, zu der ich sogleich ging. „Guten Tag, wie geht es Ihnen?", fragte ich höflich. „Setz dich doch neben mich", bat mich die alte Frau. Ich ließ mich neben ihr nieder. „Wie geht es Ihnen?", wiederholte ich meine Frage. „Die Sonne scheint. Natürlich geht es mir gut", seufzte die Bettlerin. „Wie heißen Sie?", wollte ich wissen. „Oh, sprich mich ruhig mit ‚du' an, Liebes. Ich bin Maria Ferrero", lächelte die alte Frau. „Freut mich sehr, mein Name ist Helena Monroe. Haben Sie - ich meine, hast du schon etwas gegessen oder getrunken?", fragte ich. „Noch nicht, wenn ich ehrlich bin. Manchmal trinke ich aus dem Brunnen, aber das Wasser ist nicht sauber. Jeder hat so seine Probleme", meinte Maria.

„Was isst du gerne?", erkundigte ich mich. „Oh, das hat mich ja noch niemand gefragt", lachte die alte Dame. Ihre blauen Augen strahlten mich glücklich an. „Ich liebe Schokolade, wie unanständig, das ist so ungesund! Aber gegen frisches Obst kann ich auch nichts sagen." „Ich bin gleich wieder da", rief ich, stand auf und lief zurück in das Geschäft. Ich kaufte Maria drei große Wasserflaschen, eine Packung Pralinen, drei Bananen, zwei Äpfel und einen leckeren Salat mit Dressing. Mit einer befüllten Einkaufstüte kehrte ich zurück zu det armen Frau zurück. Sie war zu Tränen gerührt.

„Du hast so ein großes Herz, Liebes", schniefte sie zutiefst berührt. „Eine Kleinigkeit. Ich schaue jeden Tag bei dir vorbei, Maria. Hier hast du noch Geld, falls du noch etwas Anderes möchtest", erwiderte ich und gab ihr mein restliches Geld. „Gott wird dich reich belohnen", stammelte Maria, als ob sie ihr Glück nicht fassen konnte. „Das hat er schon, denke ich", lächelte ich und verabschiedete mich von ihr. „Helena? Pass bitte auf, böse Menschen sind unterwegs"", warnte Maria mich besorgt. „Kein Grund zur Sorge, ich werde auf mich achten", versprach ich ihr. Doch ich selbst hatte auf einmal ein seltsames Gefühl im Bauch.  Die Straßen waren menschenleer, was mich sehr wunderte. Hatte ich etwas verpasst? Ich nahm einen Schluck von meinem Eistee.

„Na, du bist ja eine Hübsche!"

Ich zuckte zusammen und beschleunigte meine Schritte. Irgendwie hatte ich mich verlaufen, ich befand mich in einer Gegend, die ich noch nie gesehen hatte. „Nicht so schnell, wir wollen doch noch Spaß haben!", ertönte eine zweite Stimme. Ich blieb abrupt stehen, drehte mich um und erblickte drei Männer vor mir. „Wehe, ihr fasst mich an. Lasst mich in Ruhe und sucht euch ehrlich eine Freundin zu Ficken, ohne jemanden zu entführt!", zischte ich selbstsicher. Der Typ mit dem Oberlippenbart lachte auf. „Aber so macht es viel mehr Spaß!", meinte er. „Nein!", sagte ich. „Oh, das kannst du nicht entscheiden", lachte der mit einer Kapuze. „Oh doch, und wie ich das kann", drohte ich und schlug seine Hand weg, welche sich auf meine Schultern gelegt hatte. „Zu frech, meine Liebe", fauchte der Größte und hielt meine Hände fest, sodass ich mich nicht mehr mit ihnen wehren konnte.

„Lasst sie sofort los oder ihr könnt was erleben!" Jared verpasst dem Anführer mit seiner Faust einen Schlag ins Gesicht und wandte sich zu mir. „Alles okay?", fragte er besorgt und legte seinen Kopf schief. „Jared, oh mein Gott", flüsterte ich und vergrub mein Gesicht in seinem T-Shirt. „Schon gut, Prinzessin, ich bin ja da", sagte Jared beruhigend. „Ich... tut mir leid", murmelte ich und wich zurück. „Wofür entschuldigst du dich jetzt? Komm, ich fahre dich nach Hause", meinte er und ging zu seinem Auto, was fünfzig Meter weiter am Straßenrand parkte.

„Gib mir dein Handy", sagte Jared, als er vor meinem Haus hielt. Ich entsperrte mein Handy und gab es ihm. Jared tippte kurz etwas und reichte es mir wieder. „Für Notfälle", schmunzelte Jared.

In meinem Zimmer sah ich nach, was er gemacht hatte. Wie es aussah, hatte ich jetzt Jareds Nummer.

wild thoughts ✓Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang