12

1.1K 47 9
                                    

Die letzten Tage waren schnell vergangen und schon war Freitag, der Tag, an dem wir zurück nach Amerika flogen. Jared und ich verstanden und mittlerweile viel besser als vor einer Woche. Mit Harvey hatte ich noch Nummern getauscht, Carlo hatte ich nicht mehr gesehen. Ich hoffe, er stand nicht ernsthaft auf mich, sondern hatte keine starken Gefühle für mich.

Und was Jared anging... Nun ja, meine Gefühle wurden von Tag zu Tag stärker. Eine Fortsetzung von dem, was wir im Schwimmbecken getan hatten, gab es noch nicht. Nein würde ich definitiv nicht sagen. Jared war perfekt.

Im Flugzeug und auch im Bus brauchte ich wieder ein wenig Zeit für mich, obwohl ich, wenn wir ankamen, sowieso zwei ganze Tage zum Ausruhen hatte. Ich hörte Musik und schaltete komplett ab. So bemerkte ich gar nicht, dass wir wieder vor der Schule angekommen waren, erst, als Jared mich leicht anstupste.

„Wir sind da", schmunzelte er und verließ dem Bus. Ich folgte ihm hastig. Während wir warteten, dass der Busfahrer die Koffer auslud, hielt ich Ausschau nach meinen Vater. Ich erblickte ihn und winkte ihm zu, er strahlte mich an. Dafür, dass er mich abholte, war ich ihm echt dankbar.

„Helena, wollen wir uns am Wochenende nochmal treffen?", fragte Jared mich. Ich sah ihn überrascht an. „Können wir vielleicht, je nachdem, ob ich aus dem Bett komme. Wir können ja schreiben, oder?", erwiderte ich. „Ja sicher. Komm her, Prinzessin!" Jared breitete seine Arme aus, ich erwiderte die Umarmung. Er roch so wahnsinnig gut.

„Bis morgen, Prinzessin", sagte Jared zwinkernd und ging zu seinem Auto. Ich wollte meinen Vater nicht länger warten lassen und machte mich auf den Weg zu ihm. Konnte es sein, dass mein Koffer schwerer geworden war?

„Na hallo, meine Kleine! Wir haben dich gewaltig vermisst!", sagte Dad, als er mich in seine Arme schloss. „Ich war doch nur eine Woche weg", brummte ich zufrieden. „Oh, das war eine lange Zeit, Schatz. Mutter hat schon das Abendessen gekocht, wir sollten uns beeilen, sonst isst sie noch alles selber auf!", scherzte mein Vater. „Aber jetzt erzähl doch mal von dem Jungen! Magst du ihn?" Ich verdrehte meine Augen. „Nein, ich hasse ihn. Deswegen umarme ich ihn ja auch."

...

Mum hatte mein Lieblingsessen von ihr gekocht - Knödel mit Rindsoße, Rindfleisch und Sauerkraut. Ich liebte es so sehr, nur sie konnte es so kochen, dass ich es mochte. Als ich ungefähr sieben Jahre alt war, waren wir in ein Restaurant gegangen und ich hatte genau das bestellt. Es endete so, dass ich mit meinem Teller aufs Klo ging und das Essen runterspülte, so grauenvoll schmeckte es mir. Eigentlich war nur meine Mutter schuld, weil sie einfach perfekt kochte und ich zu hohe Erwartungen bei anderen hatte.

„Schmeckt es dir, Liebling?", fragte Mum besorgt. „Ich liebe es, Mutter. Danke, dass du dir so viel Mühe gegeben hast!", erwiderte ich und nahm mir eine zweite Portion. „Wusstest du, dass unser Schatz einen Verehrer hat? Sie hat uns nichts davon erzählt!", sagte Dad empört. „Das ist nicht mein Verehrer, Vater. Wir verstehen uns einfach sehr gut!", verteidigte ich mich. „Wie heißt er denn?", erkundigte sich Mum. „Jared Lincoln." Der Name schien den beiden etwas zu sagen, zumindest der Nachname.

„Ah, wir sind bei den Lincolns eingeladen. Sie sind wirklich fabelhafte Arbeitspartner, Mrs. uns Mr. Lincoln! In zwei Wochen, wenn ich richtig bin. Dass die beiden einen Sohn haben, wusste ich ja gar nicht!", sagte meine Mutter erstaunt.

„Wie sind sie so?", wollte ich wissen. „Sehr anständige und höfliche Leute, die ihre Arbeit ausgezeichnet machen! Könnte mir keine besseren Partner statt ihnen vorstellen. Ich hoffe doch sehr, dass ihr Sohn auch so ist", sagte Dad und sah mich durchdringlich an. „Oh, Jared ist sehr... nett", erwiderte ich ziemlich einfallslos. Amüsiert sah Mum mich an.

„Ich wünschte, wir könnten öfters zusammen essen. Aber Helena, unser Arbeitsgeber stellt uns viel mehr Urlaubsstunden zur Verfügung. Wir versuchen, jedes Mal, wenn du Ferien hast, auch ein paar Tage freizunehmen", erzählte Vater mir. „Das würde mich sehr freuen. Wir könnten wieder nach Paris fliegen oder einfach jeden Abend essen gehen!", schlug ich vor. Mutter lächelte. „Das werden wir machen. Wir geben dir früh genug Bescheid, wann wir uns freinehmen und du entscheidest dann, wohin wir fliegen. Sei es Paris oder mal ganz was Anderes."

Ich freute mich jetzt schon wahnsinnig. In den letzten Jahren hatte ich sehr wenig Zeit mit meinen Eltern verbracht, aber langsam wurden wir wieder zu einer richtigen, „normalen" Familie, wo man jeden Tag miteinander redete.

In der Nacht lag ich müde im Bett und dachte nach. Über Jared und über den Urlaub. Vielleicht konnte ich meine Eltern überzeugen, dass Jared mitkommen könnte. Falls er das überhaupt wollte. Nur weil wir uns gut verstanden, hieß das nicht, dass dies ab jetzt normal war. Zwar hoffte ich es, aber man wusste ja nie.

Ich wollte mit jemandem reden, aber es gab niemanden. Meine Eltern schliefen sicher schon, Jared konnte ich nicht anrufen, das traute ich mich irgendwie nicht. Aber die Müdigkeit übernahm die Entscheidung und ich schlief endlich ein.

wild thoughts ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt