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„Helena! Wie schön, dass du auch dabei bist!", begrüßte mich Diana und umarmte mich kurz. „Hey", erwiderte ich lächelnd und sagte ebenso Anthony Hallo. „Heli!", rief Lilith und umarmte mich wie ihre Mutter. „Lilith", lachte ich. „Du siehst ja umwerfend aus!" Sie trug ein pinkes Prinzessinenkleid, welches ich als Kind immer haben wollte. „Du bist auch so schön!", seufzte Lilith. „Oh, wie lieb du bist, danke!", antwortete ich berührt und errötete tatsächlich ein wenig.

„Kommt mal rein, unsere großen Kinder warten schon auf euch", lächelte Diana und führte uns in das Wohnzimmer. Am schön dekorierten Tisch saßen Kathy und Jared. Während Kathy ein schwarzes, schulterfreies Kleid trug, hatte ihr Bruder einen Anzug an. Er sah unglaublich gut darin aus.

Sein Blick hob sich, als ich mich ihm gegenüber niederließ. Diese stechend grünen Augen durchbohrten mich ein bisschen zu lang. Mein Herz hatte angefangen, schneller zu schlagen. Verdammt, ich verfluchte Jared dafür, dass er so eine Wirkung auf mich hatte.

„Ich habe Lasagne gemacht, hoffentlich schmeckt sie euch. Notfalls kann ich noch schnell normale Spaghetti kochen, falls es echt schlimm ist", meinte Diana und reichte jedem einen Teller. Ich nippte an meinem Rotwein. Erstaunlich, dass Diana uns, ausgeschlossen Lilith, schon normal Alkohol trinken ließ. Meine Eltern waren aber auch nicht so streng, was dieses Thema anging.

„Diana, die Lasagne ist unglaublich!", schwärmte Mum. Diana strahlte über das ganze Gesicht. „Das freut mich wirklich! Ich hatte wirklich Angst, dass sie nicht schmeckt", gestand sie. „Egal was du kochst, Mama, es schmeckt immer", sprach Lilith aus, was alle dachten. „Das ist sehr lieb von dir, Schatz", lächelte Diana.

Als wir fertig gegessen hatten, schickte uns Anthony in den Nebenraum. „Und wehe, ihr verschwindet in eure Zimmer!", sagte er an seine Kinder gewandt. „Mach ich nicht, Indianerehrenwort!", sagte Lilith stolz. Ich musste lächeln. Sie brachte so eine gute Laune mit sich mit.

„Wollen wir einen Film schauen?", schlug Kathy vor. „Nein! Wir machen alle gemeinsam ein Schachturnier!", rief Lilith. Ich sah, wie Jared seine Augen verdrehte und das Handy aus seiner Hosentasche herausholte. „Hast du deine kleine Schwester nicht verstanden? Alle gemeinsam", fuhr ich ihn an. Er hob seinen Blick und sah mich spöttisch an. Eine eisige Kälte überkam mich.

„Du willst mich also dabei haben?", spottete Jared. „Nein, also ja, will ich, weil Lilith das so will!", erwiderte ich. „Oh ja, wenn Lilith irgendwas sagt, müssen es sofort alle machen, oder?", zischte er. „Jared!", sagte Kathy laut. „Nun gut, ich spiele mit. Ihr habt keine Chance mehr", meinte dieser und setzte sich an den Couchtisch. „Jared gegen Helena!", rief Lilith begeistert.

Ich spielte, seit ich sechs Jahre alt war, Schach. Dieses Spiel war für mich so faszinierend. Ein falscher Schritt und alles ging zunichte.

Jared hielt mir seine Fäuste hin, ich wählte die linke. Ich hatte weiß erwischt. Mein Gegenüber drehte das Spielfeld um hundertachtzig Grad und fing an, teuflisch zu lächeln. „Weiß beginnt, schwarz gewinnt." Ich sah ihn sauer an und fing an, meinen Bauern um zwei Felder nach vorne zu versetzen.

Ich konnte gut spielen, keine Frage, aber Jared besiegte mich nach zehn Minuten. „So ist es, wenn man gegen mich spielt, Süße", raunte er mir zu und ich hatte das Gefühle, dass er nicht nur meinen Verlust von diesem Spiel meinte.

Während Kathy und Lilith gegeneinander spielten, nutzte ich die Chance, bei Jared zu sein, und sprach ihn an. „Jared, können wir kurz reden?", fragte ich. Er hob seine Augenbrauen. „Worüber willst du sprechen?", spottete er. „Fabiola hat mir erzählt, dass-" „Es geht dich nichts an!", unterbrach Jared mich wütend. „Natürlich geht es mich was an, nachdem sie es mir anvertraut hat, verdammt! Lass dir doch mal helfen!", rief ich. Jetzt fing er an, bösartig zu lächeln. „Wie willst du uns helfen, hm?", feixte er. Der Mann wollte mich verunsichern.

„Ich weiß es noch nicht. Deswegen wollte-" „Es ist mir egal, was du wolltest", unterbrach Jared mich. Langsam wurde ich echt wütend. „Verdammt, du bist so ein Arschloch, Jared Lincoln!", fauchte ich.

„Streitet nicht, ich mag das nicht", mischte Lilith sich ein. „Halt die Fresse! Niemanden interessiert deine Meinung!", schrie Jared und stürmte aus dem Zimmer. Wir sahen ihm geschockt hinterher. „Lilith, hör nicht auf ihn. Ihm geht's nicht so gut", sagte Kathy leise. „Trotzdem braucht er mich nicht anschreien", murmelte Lilith.

„Was ist hier los?" Anthony war gekommen. „Jared hat Lilith angeschrien", sagte Kathy leise. Ihr Vater war stinksauer. Ich wollte nur noch hier weg. Der Schein einer perfekte Familie war verschwunden. „Dann werde ich mal ein Wörtchen mit ihm reden", meinte er und stampfte die Treppe nach oben.

Kurze Augenblicke später hörte man die lauten Stimme von Jared und seinem Vater, dann ein lautes Poltern, worauf noch mehr Sachen auf den Boden zu fallen schienen. Lilith presste sich an Kathy und war kurz vorm Weinen.

Was war nur los mit Jared?

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