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„Was machen wir?", quengelte Lilith. Es war nicht dieses nervige Quengeln, das man von Kindern sonst kannte, sondern eines, wo man einfach lächeln musste. Lilith war bezaubernd.

„Wirst du schon sehen", sagte Kathy und lächelte geheimnisvoll auf der Rückbank. Lilith wollte unbedingt vorne sitzen, und da ich die Fahrerin war, blieb nur noch ein Platz hinten. Aber damit hatte Kathy kein Problem, mein Auto war gemütlich.

Ich wollte eigentlich den Tag genießen, aber ich dachte jetzt schon nur an Jared und Carina. Hatte ich meine Chance wirklich verpasst? War der Zug endgültig abgefahren? Ich wollte das nicht wahrhaben. Lilith bemerkte, dass etwas mit mir nicht stimmte.

„Du bist so still, Helena", stellte die Kleine fest. „Ich bin müde", erwiderte ich leise. Lilith wäre echt dumm, wenn sie mir das abkaufen würde. „Das glaube ich dir nicht. Also ja, vielleicht schon, aber da gibt es noch etwas Anderes. Ist es wegen Carina?", fragte Lilith. Wieso hatte sie das so schnell erkannt? Naja, sie war nicht dumm.

„Ja", sagte ich nach einer kurzen Stille. „Er liebt sie nicht", behauptete Lilith. „Warum bist du dir da so sicher?", sagte ich überrascht. „Ich kenne Jared. Er schaut sie nicht so an, wie er dich anschaut, küsst sie nie als Erster, lächelt sie nicht an. Er liebt sie einfach nicht", erzählte Lilith. „Wie schaut er mich denn an?", erkundigte ich mich aus reiner Neugierde. Dass mich die Antwort so sehr berühren würde, hatte ich nicht erwartet.

„Als wärst du alles, was Jared brauchen würdest. Helena, er liebt dich! Ihr werdet heiraten! Du musst nur daran glauben. Versuch, mit ihm zu reden. Gesteh ihm deine Liebe", sagte Lilith. Wie konnte ein so junges Mädchen schon so verdammt reif sein?

„Ja, bitte. Ich halte diese Carina langsam nicht mehr aus und bin kurz davor, zu River zu-" Kathy stoppte mittendrin. „River?", fragte ich erstaunt. „Läuft da was zwischen euch?" „Naja, er hat mir geholfen, als Jaime Schluss gemacht hat und... alte Gefühle wurden wieder erweckt", gestand Kathy. „Also, ich mag River. Er ist richtig höflich und nett zu mir, wie Jared mal war", sagte Lilith.

Wie Jared mal war...

Wir kamen bei der Eislaufarena an, ich hörte schon den Lärm der vielen Menschen. Der Platz war gut besucht. „Eislaufen?", fragte Lilith erstaunt und aufgeregt zugleich. „Du wolltest es doch unbedingt lernen, nicht?", fragte Kathy lächelnd. „Ja!", rief Lilith begeistert und lief schon vor zum Eingang.

Wie es sich herausstellte, waren wirklich viele Menschen hier, ich sah bekannte Gesichter aus der Highschool. Lilith lernte schnell, wie man auf den Schlittschuhen lief, und es machte ihr unglaublich viel Spaß. Ich war sehr glücklich darüber, dass ihr der kleine Ausflug gefiel.

Nach mehr als drei Stunden wurde es Zeit zu gehen. Wir beschlossen, schnell bei McDrive reinzufahren und bei mir Zuhause Kekse zu backen. Wir wollten auch einen Weihnachtsfilm schauen, Lilith war für „Kevin allein Zuhaus".

Der Nachmittag verging wie im Flug und meine Eltern kamen immer noch nicht zurück. Sie ließen sich so viel Zeit, dass Diana und Jared bereits klingelten und ich ihnen die Tür öffnen musste.

„Helena, wie gut du aussiehst!", schwärmte Diana und schloss mich in ihre Arme. „Danke, kann ich nur zurückgeben", lächelte ich. Jared sah mich nur stumm an und ging bei mir vorbei. Zwischen ihm und Lilith herrschte Funkenstille, die beiden ignorierten sich einfach. Naja, Jared ignorierte einfach jeden, sowohl auch mich. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus.

„Jared, können wir kurz... reden?", fragte ich leise. Lilith bekam es dennoch mit und lächelte mich ermutigend an, während sie ihren Daumen in die Luft streckte. „Von mir aus", brummte Jared und folgte mir in den Flur, wo wir ungestört sein konnten.

„Wieso tust du das alles?", wollte ich wissen. „Du wolltest reden, und nicht mich durchlöchern mit Fragen", zischte Jared. „Das gehört dazu", entgegnete ich wütend. Okay, wenn es so weiter ging, konnte ich alles vergessen. „Kann ich dir etwas sagen, ohne dass du mich unterbrichst?" „Versuch es", forderte Jared mich heraus. Dieser Blick brachte mich aus der Fassung.

„Weißt du, als ich dich das erste Mal gesehen hatte, da dachte ich mir einfach, dass du irgendein Möchtegern-Fuckboy bist. Aber nach der Zeit habe ich gemerkt, dass so viel hinter dieser Fassade steckt, verdammt. Du hast mir so viel bedeutet, du bedeutest mir jetzt auch noch einiges. Während du Scheiße gebaut hast, war ich immer bereit dazu, dir zu verzeihen. Aber du hast nicht damit aufgehört. Was willst du mit dieser Carina? Du liebst sie nicht, man sieht es, man merkt es. Alles, was du bist, ist ein Wrack. Was ist aus dir geworden? Wo ist dieser glänzende Jared von früher?", fragte ich verzweifelt.

„Du erwartest jetzt eine Antwort von mir, oder wie...?"

„Nein, ich habe dich das nur aus Spaß gefragt", fauchte ich. „Ganz ruhig, Tiger. Du wolltest reden, und nicht fragen, also bitte", erwiderte Jared gelangweilt.

„Jared, verdammt, ich liebe dich!"

wild thoughts ✓Where stories live. Discover now