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„Was?", fragte Henry verwirrt. „Du kennst die Zahlen nicht? Aber –"

„Ich weiß, ich weiß." Briseis rieb sich die Schläfen. „Ich muss sie eigentlich kennen. Ich erinnere mich an Benjamin Paas, der mich im Arm hält und sagt: ‚Eines Tages werden diese Zahlen, die ich dir jeden Tag mitgebe, alle Richtungen verändern.' Aber ich schwöre es. Ich kenne diese Zahlen nicht. Benjamin hat mir nie Zahlen gesagt."

Zwischen Henrys Augenbrauen hatte sich eine Falte gebildet. „Und deine Schwestern wissen das?"

„Ja", bestätigte Briseis verzweifelt. „Alle, die jemals auf Tante Selmas Anwesen waren, wissen das." Ihre Stimme senkte sich. „Vor etwa sechs Jahren hat mein Vater angefangen, zu fragen. Ich werde nie seinen Blick vergessen, als ihm klar wurde, dass ich die Wahrheit sage. Hast du eigentlich eine Ahnung, was das für ein Gefühl ist, zu wissen, dass du etwas weißt, es aber einfach nicht weißt?"

„Äh – nein?"

„Es ist zum Kotzen."

„Wieso sollten Helen und Mia das tun?", fragte Henry. „Ihnen muss doch bewusst sein, in was für eine Gefahr sie dich damit bringen."

Briseis schüttelte langsam den Kopf. „Ich weiß es wirklich nicht." Sie setzte eine entschlossene Miene auf. „Ich muss zu ihnen."

„Was?", fragte Henry ungläubig. „Nein, du –"

„Henry, ich muss mit meinen Schwestern reden", bekräftigte Briseis. „Das ist meine einzige Möglichkeit. Sie müssen den Leuten erklären, dass ich die Zahlen nicht kenne und dass all das ein Missverständnis ist."

„Du bist dort nicht sicher", sagte Henry.

Briseis lachte bitter und strich Imo über die Nase. „Ich bin nirgends mehr sicher."

Er fuhr sich durch die Haare und nickte schließlich. „In Ordnung. Komm aber erst einmal mit nach Echo, dann können wir alles Weitere sehen, ja? Du kannst nicht einfach so in November reinspazieren, das wäre verrückt."

Briseis blickte ihn an. Etwas zu lange.

Henry lachte tonlos. „Du weißt nicht, ob du mir vertrauen kannst, richtig?", fragte er schließlich leise.

„Nein, ich –", beeilte Briseis sich zu sagen, doch Henry unterbrach sie.

„Wenn es stimmt, dass Helen und Mia dir nicht mehr glauben, dass du die Zahlen nicht kennst, bin ich der einzige Mensch in Septentrio, der die Wahrheit kennt." Er suchte ihren Blick. „Außerdem würde ich niemals zulassen, dass jemandem so etwas angetan wird, nur damit die Leute Septentrio verlassen. Damit endet der Krieg nämlich nicht." Henry schüttelte den Kopf. „Dein Vater und Benjamin Paas haben Recht. Er wird sich nur weiter ausbreiten."

Briseis nickte. „Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als dir zu vertrauen." Sie fuhr sich durch die Haare. „Oh mein Gott, ich habe das alles wirklich gerade Henry Fitz–Becket erzählt." Er lachte, Briseis legte ihren Kopf an seine Schulter. „Und jetzt?", fragte sie müde.

Er lächelte. Das war die Eigenschaft, die Briseis an Henry am meisten zu schätzen wusste: Egal wie schrecklich die Situation war, er schaffte es stets, etwas Erfreuliches zu finden. „Zunächst einmal: Du brauchst einen Spitznamen. Ich habe selten so einen scheußlichen Namen gehört."

„Wirklich?", fragte Briseis mit hochgezogenen Brauen. „Glaubst du, ich hab' solche Sticheleien von meinen Schwestern früher nie hören müssen?"

Briseis. Das ist kein Name, das ist eine Krankheit. Keine schöne Erkältung oder so was, nein, eine mit Geschwüren." Henry lachte und legte einen Arm um ihre Schultern. „Brisi. Das ist gut."

16521 Band 1: Der Pirat, der Bär und der Regenजहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें