Die 4 Schwestern

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Bris Atem stoppte. Ihr Herz setzte einen Schlag aus. „Ich mache was?"

„Vertraut er dir?", fragte Emil Fross.

„Moment, er – er lebt? Henry lebt?", stotterte Bri.

„Ja. Er ist in Echo."

Bri versuchte mit aller Kraft, sich ihre Erleichterung nicht anmerken zu lassen.

„Briseis, vertraut Henry Fitz–Becket dir?", fragte Fross erneut.

„Ich denke schon, aber –"

„Du wirst ihn an uns ausliefern."

Sie schluckte schwer. „Wozu?"

Adrian verschränkte seine Hände. „Wir erpressen Levi Fitz–Becket und haben die Möglichkeit ... Dinge in Erfahrung zu bringen."

Erschrocken starrte Bri die Piratenjäger an. „Was?" Hilfesuchend sah sie zu Mia. „Mia –"

„Bri ..."

„Ich –" Sie schloss die Augen. „Wieso entführt ihr ihn nicht selber? Wozu braucht ihr mich da?" Sie wollte auf gar keinen Fall etwas mit Henrys Entführung zu tun haben. Unter gar keinen Umständen.

Adrian schnalzte mit der Zunge. „Leichter gesagt als getan. Echo ist zu gut bewacht, um einfach so hineinzugelangen. Und sein Vater hat das gut eingefädelt. Niemand kann Henry einfach so und ohne weiteres entführen." Er schien beinahe fasziniert von dieser Tatsache. „Dieser Bär ist immer bei ihm. Er ist sozusagen Henrys Leibwache."

„Imo." Bri bekam keine Luft mehr.

„Imo", nickte Emil Fross. „Niemand kommt an Henry heran, der nicht das Vertrauen des Bären hat." Bri hatte es ja selbst miterlebt. Wie Imo Bri angreifen wollte, als sie Henry bedroht hatte. Wie Imo den Südpiraten zerfleischte, der Bri umbringen wollte. Oder wie er Oliver gegen die Bauernjungen verteidigt hatte.

Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Das ... das geht nicht. Ich kann das nicht tun."

„Warum nicht?", fragte Emil Fross.

Bri dachte verzweifelt nach. „Weil – weil es eine bessere Möglichkeit gibt. Ich weiß, was ihr tun könntet, wenn ihr den Krieg mit die Piraten beenden wollt."

Fross hob die Augenbrauen. „Und das wäre?"

„Redet mit Henry", sagte Bri eindringlich. „Wenn ihr Frieden wollt, dann kann er euch dabei helfen. Aber nicht, wenn ihr ihn entführt und foltert!" Ihre Stimme überschlug sich beinahe. Sie schüttelte den Kopf. „Es könnte eine friedliche Übereinkunft mit den Nordpiraten geben. Und Henry könnte uns helfen. Er – er würde uns helfen, das weiß ich!"

Stina Soto stand auf, ging mit langsamen Schritten um den Tisch herum und blieb direkt vor Bri stehen. Die Präsidentin hatte ein spitzes Gesicht, aus denen boshafte Augen quollen. Sie warf Bri ein schwarzes Stück Stoff auf den Schoß. Es war eine Armbinde, auf die ein N gestickt war. „Wenn du Henry Fitz–Becket an uns auslieferst ..." Sotos Stimme klang dunkel und ruhig. „... wirst du zur Piratenjägerin ersten Ranges befördert. Alle Anklagepunkte werden fallen gelassen."

Geschockt starrte Bri auf den Stoff.

Stina Soto bäumte sich vor Bri auf. Ihre ruhige Stimme wollte so gar nicht zu ihrer Haltung passen. „Bring uns Henry oder du wirst erschossen. Morgenfrüh wollen wir deine Entscheidung hören."

Sie starrte die Wände ihrer Zelle an. Briseis war gefangen in ihren Gedanken, die alle Möglichkeiten immer und immer wieder durchgingen.

Sie konnte es einfach nicht fassen. Ihre eigene Familie stellte sie vor die Wahl, sich erschießen zu lassen, oder den einzigen Menschen zu opfern, dem sie noch vertraute.

16521 Band 1: Der Pirat, der Bär und der RegenWhere stories live. Discover now