17. Februar 1997 (Teil 2)

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Kill me, then, Voldemort, I welcome death! But my death will not bring you what you seek... there is so much you do not understand... - Gellert Grindelwald

17. Februar 1997

Blasshäutig und schlangengesichtig tritt der dunkle Lord ein und setzt sich auf seinen thronartigen Stuhl. Es ist, als würde er jegliche Eigenwilligkeit aus den Versammelten aussaugen. Aus stolzen, arroganten Männern und Frauen werden vor Angst und Schrecken zitternde Diener, deren Haut blass und von Augenringen getrübt ist. Mir fröstelt. Ist der Typ etwa eine verrückte Kreuzung aus einer Schlange mit einem Dementor?

Die Einzigen, die ihre Fassung bewahren sind Snape, der emotionslos wie eh und je seinen Blick auf den dunklen Lord gerichtet hält, Bellatrix, die Voldemort förmlich anschmachtet und selbstverständlich ich, Victoria Collins, die einer Emotion wie Angst erhaben ist und immer noch neben Nagini auf dem Boden kauert.

„Wie ihr alle seht, haben wir heute einen Gast", zischt der dunkle Lord mit einer kalten, gruseligen Stimme, die viel zu hoch für einen erwachsenen Mann sein sollte. Wie schafft es der Typ, einen so einfachen Satz wie eine Drohung klingen zu lassen? Das will ich auch können! „Victoria Collins, früher eine von Grindelwalds Gefolgsleuten, jetzt ein Nichts, genau wie ihr Meister, der für seinen Feind in einer Schule arbeiten muss."

Bellatrix schrilles und hysterisches Gelächter durchbricht die folgende Stille. Ich schäume vor Wut, obwohl mir klar ist, dass genau das Voldemorts Ziel ist. „Wagen Sie es niemals wieder, so über den großen Gellert Gr...",

„Crucio!", unterbricht er mich herzlos.

Es kommt so unerwartet, dass ich mit einem gequälten Schrei nach hinten falle. Ich beiße die Zähne zusammen, meine Glieder zucken und der höllische Schmerz frisst sich in jeden Partikel meines Körpers. Mein Kopf droht zu zerbersten, es ist, als hätte jemand eine Bombe in meinem Körper entzündet, die mich nun von innen heraus zerstört.

Dann hört alles auf. Einen Moment liege ich reglos da, dann komme ich mit einem plötzlichen Ruck auf die Füße. Ich spüre, wie mir das Blut vor Scham in den Kopf schießt. Mit verletztem Stolz stehe ich da und fühle mich ausgeliefert und nackt. Meine Beine zittern und brennen, als hätten sie Feuer gefangen und ich muss jede Selbstkontrolle anwenden, um nicht zusammenzusacken. Meine Zähne sind gefletscht und mein sonst so schönes Gesicht in eine hässliche Grimasse verzogen.

„Du siehst, Collins, wie bei uns mit Ungehorsam umgegangen wird", flüstert Voldemort bedrohlich.

Ich reagiere nicht, sondern versuche meine Wut, sowie meine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten. Es wird nicht helfen, wenn ich aus einem tierischen Instinkt heraus den dunklen Lord angreife.

„Ich erinnere mich, dir befohlen zu haben, deinen Meister mitzubringen", fordert Voldemort plötzlich.

Ich nicke und blicke ihm stur in die roten Augen. Sofort spüre ich die drängende Macht, die versucht, durch meine Gedanken zu kramen. Ich bin schlau genug, ihn nicht zu blockieren, sondern ihm nur das zu zeigen, was ich will. Es funktioniert und das Gewicht in meinem Kopf lässt langsam nach.

„Ja genau", antworte ich unbeirrt und versuche so aristokratisch und selbstbewusst wie immer zu klingen. Zum Glück habe ich mir schon vorher eine Antwort zurechtgelegt. „Gellert wollte auch kommen, nur ist es momentan so, dass er in Dumbledores Krallen feststeckt. Wir müssen noch einen Weg darum herum finden."

Voldemorts schlangenähnliches Gesicht senkt sich in einem Nicken. „Dumbledore wird nicht mehr lange eine Bedrohung darstellen", stellt er mit einem bösartigen Flackern in den roten Augen fest.

„Das freut mich zu hören", erwidere ich. Wenn Dumbledore erstmal außen vor ist, wird sich alles nur noch um uns beide drehen in einem heftigen Zweikampf, in dem ich Gellert langsam aber sicher an die Macht manövrieren werde.

„Setz dich, Collins", zischt Voldemort und wendet sich mir ab. „Irgendwelche Neuigkeiten aus dem Orden, Severus?"

Es folgt ein ausführlicher Austausch von Informationen über das Ministerium und eine Organisation, die sich den Orden des Phoenix nennt. Ich höre angestrengt zu, kann mir aber keinen Reim aus all dem machen. Es hat sich einfach zu viel verändert in den letzten dreiundfünfzig Jahren.

Schließlich entlässt Voldemort seine Todesser und ich bin zugegeben erleichtert, noch am Leben zu sein. Doch das hält nicht lange an.

„Auf ein Wort, Collins", zischt das Schlangengesicht und deutet auf einen Platz Erde vor seinem Thron. „Knie dich nieder vor deinem neuen Herrn und Meister", befiehlt er.

Ich zögere und beobachte neidisch die Todesser, die eilig den Raum verlassen. Mein neuer Herr und Meister? Ich habe nur einen wahren Herrn und Meister und das ist mein geliebter Gellert, nicht irgendein dahergelaufener dunkler Lord ohne Nase. Diese Gedanken rauschen in Sekundenschnelle durch meinen Kopf, doch dann tritt der Wunsch nach meinem Fortbestand als ein lebendiges Wesen in den Vordergrund. Hasst Gellert mich dafür? Ich versuche mich selbst davon zu überzeugen, dass alles nur für das größere Wohl ist. Gellert wird mir später noch dafür danken.

„Ja, mein Lord", bringe ich mich dazu so respektvoll wie möglich zu sagen.

Zähneknirschend stelle ich einen Fuß vor den nächsten, bis ich vor dem Thron stehen bleiben. Dann lasse ich mich auf mein linkes Knie nieder und senke den Blick. Nagini, die ihren rachsüchtigen Appetit auf mich in all den Jahren beibehalten hat, dreht gierig ihre Kreise um mich, als warte sie bloß auf die Erlaubnis ihres Herrn, um mich zu fressen. Für mich ist ihr vertrauter, feindlich gesinnter Anblick in dieser verzwickten Lage ein Trost.

„Draco Malfoy arbeitet momentan an einer Möglichkeit, den Todessern Eintritt nach Hogwarts zu verschaffen. Da er nicht vorangekommen ist, fordere ich, dass du seine Aufgabe durch Neutralisation des magischen Schutzwalls übernimmst", informiert mich Voldemort kalt.

Ich sehe erstaunt auf. Ich hatte während meines Aurorenstudiums das Bannbrechen als Wahlpflichtfach belegt, doch die Magie um Hogwarts ist sehr mächtig und fast unmöglich zu penetrieren. Wie um Merlins Willen soll ich das bewerkstelligen? „Mein Lord, ich..."

„Von außen ist es unmöglich, in das Schloss einzudringen, ohne die Insassen sofort zu alarmieren. Deshalb musst du von innen heraus arbeiten", zischt Voldemort, "der Wald ist eine gefährliche, aber zuverlässige Schwachstelle im Schutzmantel des Schlosses."

Nagini wählt genau diesen Moment, um mit einem leisen Zischen langsam an Voldemorts Stuhl emporzugriechen und ihren gewaltigen Leib um die Schultern des dunklen Lords zu legen. Ihre Augen mit den senkrechten Schlitzen als Pupillen starren mich ohne zu blinzeln an. Miese Verräterin!

Ich senke gespielt unterwürfig den Kopf und nicke. Als Victoria Collins war ich nahezu die drittmächtigste Hexe meiner Zeit gewesen. Ich hätte eine Chance. „In Ordnung, mein Lord. Wann soll ich anfangen?"

„Du wirst benachrichtigt, sobald der Tag gekommen ist. Solange bleibst du in der Schule und behältst deine Tarnung aufrecht. Niemand soll davon erfahren, dass du nun für mich arbeitest."

„Ja, mein Lord." Ich finde es unnötig, ihn davon in Kenntnis zu setzen, dass Dumbledore meine Identität sowieso schon kennt. Das würde ihn nur unnötig provozieren und außerdem habe ich mich noch nicht entschlossen, ob ich Snape verraten will. Der Mann scheint, genau wie ich, auf seiner eigenen Seite zu stehen, während beide Kriegsherren ihn auf seiner Seite glaubten.

„Du darfst nun gehen und ich warne dich, ich habe in deinen Kopf gesehen. Ich weiß, wie du funktionierst. Ein falscher Schritt und es wird dein letzter sein, Victoria Collins."

Gellerts VictoriaWhere stories live. Discover now