1. Mai 1997 (Teil 6)

155 21 45
                                    

Dominanz heißt nicht, jemand auf die Knie zu zwingen, sondern das Verlangen zu wecken auf die Knie gehen zu wollen.

1. Mai 1997

Wir landen sanft auf einer Couch in dem Muggelhaus, welches wir überfallen haben und nun als unseren Stützpunkt in Paris nutzen. Das erste, was ich sehe, ist ein altes Muggeltelefon, bei dessen Anblick mir das Blut vor Scham ins Gesicht rauscht.

„Was ist los, Victoria?", fragt Gellert mit einem kaum erkenntlichen Heben der Mundwinkel und folgt meinem Blick.

„Du kennst mich echt zu gut, Gellert", erwidere ich mit einem schiefen Grinsen und seufze übertrieben. „Versprich mir, dass du es niemandem verraten wirst, aber ich, eine stolze Collins, habe tatsächlich einige Stunden meines Lebens mit dem Versuch vergeudet, zu verstehen, wie dieses dumme Gerät funktioniert!"

„Und dabei willst du ein Akolyth sein?", raunt er gefährlich.

Ich zucke erschrocken zusammen, als er mich mit einem viel zu festen Griff packt und mit solcher Wucht in die Kissen drückt, dass mir für einen kurzen Moment die Luft wegbleibt.

„Du tust mir weh, Gellert", werfe ich ihm leise vor.

„Ich weiß", erwidert er irgendwo über mir, ohne seinen Griff um meine Oberarme zu lockern.

„Nun, wenn du denkst, dass mir Blutergüsse stehen, dann soll es eben so sein, aber...", ich blicke ihm verwirrt in die Augen, „bist du mir wirklich so böse, nur wegen...?"

Er unterbricht mich. „Was, wenn nicht?"

„Aber..."

Sein Griff wird fester - Blutergüsse sollen es wohl sein... „Was, wenn ich einfach nur Lust hierauf habe?"

Wie auf Befehl beginnt mein Herz zu hämmern. „Du erinnerst mich gerade erschreckend an... mich selbst", flüstere ich und denke an mein dominantes Verhalten Nagini gegenüber.

„Willst du damit sagen, dass ich aufgeblasen, kompliziert und undurchdacht bin?"

Ich funkle ihn an. Seine Augen bohren sich bedrohlich in meine und ich muss mich dazu zwingen, seinem harten Blick standzuhalten. „Ist es etwa das, was du von mir denkst?"

„Ja", lautet die simple Antwort.

Ich schlucke schwer. „Du bist so ein...", beginne ich wütend, komme allerdings nicht weit, da Gellert kurzerhand meinen Mund mit seinem verschließt. Unberechenbar!

Ich bin so überrascht, dass ich gar nicht dazu komme, den so lange ersehnten Kuss zu erwidern. Erst reagiere ich, als mir Gellert fest auf die Unterlippe beißt und der ekelerregende Geschmack von Blut in meinen Mund quillt.

„Ge-ert", kommt es undeutlich aus mir heraus, da schiebt mir der Zauberer auch schon seine Zunge in den Mund. Meine Augen weiten sich vor Erregung, als ich ihn schmecken kann und Gellert wild meinen Mund erkundet.

Erst in dem Moment, da er mit unbarmherziger Stärke meine Hüfte packt, merke ich, dass er meine Arme freigegeben hat. Meine Hände verkrampfen sich in dem groben Stoff seines Umhangs, als sich Gellerts harter Körper brutal gegen meinen drückt und eine Flutwelle der Empfindungen, wie ich sie noch nie zuvor gespürt habe, über mich bricht. Ein kleiner Schrei verlässt meinen Mund, als er durch den Stoff meines Umhangs meine Brust packt und das erbarmungslose Tempo seiner Lippen auf meinen steigert.

In der nächsten Sekunde endet der Kuss so plötzlich, wie er began. Keuchend ringe ich nach Luft und fülle krampfhaft meine brennenden Lungen.

Beinahe liebevoll streichen Gellerts kratzige Finger über meine Wange und wenden meinen Blick zu ihm. „Wie geht es dir, Süße?", fragt er ruhig und klingt dabei überhaupt nicht außer Atem.

„Besser... denn... je", krächze ich.

Daraufhin muss er lachen. „Dabei war es nur ein Kuss..."

„Nein", erwidere ich, „Küsse hatte ich schon viele." Ich senke verschwörerisch die Stimme. „Das warst du."

„Ich?"

„Selbst, wenn du nur da liegst, so nah neben mir, machst du mich verrückt. Weißt du das?"

„Sicher", grinst er.

„Gellert?"

„Ja?", flüstert er und seine Stimme ist wie ein Windhauch an meinem Ohr. Wo sein Atem auf meine Haut trifft, bildet sich eine Gänsehaut.

Während ich meine Frage hinauszögere, schließe ich meine Augen und spüre in millionenfachem Ausmaß die Gefühle und Empfindungen, die Gellert scheinbar ohne jegliche Mühe in mir auszulösen vermag.

„Gellert..." Ich schlucke. Meine Stimme versagt. Ich atme tief durch und balle meine Hände zu Fäusten, bevor ich weiter spreche. „Meinst du es wirklich ernst mit mir?"

Seine Hand, die eben noch sanft auf meiner Wange auflag, verstärkt ihren Druck auf meiner Haut. Davon abgesehen, scheint Gellert nicht zu reagieren. Ich lege meine Hand leicht auf seine und spüre bei der Bewegung meines Arms die Stelle, an der Gellert mich vorhin gepackt hat. Das schwache Pochen der Verletzung sendet ein zartes Kribbeln bis in meine Fingerspitzen, das mich an den harten Griff seiner Hände erinnert.

„Würdest du das wollen?", raunt er schließlich.

„Aber natürlich Gellert!" Ich lache überrascht auf. „Vor allem jetzt, da du mir gezeigt hast, was sein könnte... Ich glaube, ohne dich kann ich nicht mehr leben! Ich will dich mit jeder Faser meines Daseins, Gellert, mit jedem Partikel meines Herzens, mit..."

„Das ist mir klar, Victoria", schneidet er mir das Wort ab. „Die Frage ist, ob du auch mir gehören willst", erklärt er mit seiner dunklen Stimme, die mir jeden rationalen Gedanken raubt.

„Ich bin durch deine Flammen gegangen, Gellert! Natürlich möchte ich das", sage ich atemlos. Obwohl er so nah neben mir liegt, dass ich seine Körperwärme spüren kann, ertrage ich den Abstand zwischen uns nicht länger.

„Nun gut", brummt er.

Mit nur einer schnellen Bewegung hat er mich wieder unter sich vergraben. Jeder Kontaktpunkt zwischen uns scheint in Flammen zu stehen. Wie automatisch wandern meine Hände zu seinen Hüften, nur um sich beinahe schüchtern auf den dicken Stoff seines Umhangs zu legen. Mit unbarmherziger Stärke packt mein Geliebter meine Handgelenke und nagelt sie neben meinem Kopf fest, sodass mein gesamter Körper unter seiner Kontrolle steht.

„Deine Dominanz ist so erfrischend, Gellert", lache ich.

Als er seine Lippen wieder auf meinen Mund presst, erwidere ich den Kuss mit derselben Intensität und Leidenschaft, während das Adrenalin wie wild durch meine Venen rauscht. Ich befreie meine Beine unter seinen und schlinge sie um seine Taille, um ihn noch näher an mich heranzuziehen. Da schießt seine Hand von meinem Handgelenk zu meiner Kehle und drückt leicht zu. Ich keuche und schnappe erschrocken nach Luft. Schmunzelnd lässt er locker, genau in dem Moment, als es zaghaft an der Tür klopft.

„Credence", sagt der Schwarzmagier und löst sich von mir. Meine Augen folgen sehnsüchtig jeder seiner Bewegungen. „Um dich kümmere ich mich später noch, meine Schöne", droht er.

Ich lächele und erwische einen Zipfel seines Umhangs, den ich festhalte, um ihn am Gehen zu hindern. „Heißt das, wir sind jetzt zusammen?", frage ich und halte gespannt die Luft an.

Er befreit den Stoff aus meiner Hand und entfernt sich aus meiner Reichweite. Erst als er an der Tür angelangt ist, dreht er sich noch einmal zu mir um. „Falls du dich als würdig erweist."

Gellerts VictoriaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt