2. Mai 1997

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No matter how fast light travels, it finds the darkness has got there first. - Terry Pratchett

2. Mai 1997

„Warum hat uns Snape nur wieder so viele Hausaufgaben aufgegeben", seufzt Lisa und knallt das Buch in dem sie eben noch geblättert hat auf den kleinen runden Tisch im Gemeinschaftsraum der Gryffindors.

Ich lehne mich leicht nach vorne, um die ersten warmen Sonnenstrahlen des Jahres auf mein Gesicht fallen zu lassen. „Was einer der vielen Gründe ist, weshalb ich heute nicht in seinen Unterricht gehe", erwidere ich. Natürlich auch, weil ich das Risiko nicht eingehen kann, ihn so wütend zu machen, dass er meine wahre Identität ausplaudert.

„Grey! Du kannst wirklich nicht jede seiner Stunden schwänzen! Bald sind Abschlussprüfungen, wie willst du die bitteschön bestehen?"

„Hm mal überlegen..." Ich fasse mir gespielt nachdenklich an den Kopf. „Ich könnte jetzt gerne Möglichkeiten aufzählen, wie ich einen Menschen dazu bringen kann, mir meine Wunschnote zu geben. Nur bezweifle ich, dass du danach jemals wieder gut schlafen wirst."

Lisa rollt mit den Augen. „Liege ich mit der Vermutung richtig, dass Lernen kein Punkt auf deiner Liste ist?"

„Sagen wir mal so... für meine Möglichkeiten braucht man mehr Wissen in Sachen Magie, als für die Prüfung an sich." Ich grinse leicht und wirbele meinen Zauberstab drohend durch die Luft.

„Das sieht dir wohl ähnlich", murmelt Lisa und seufzt ergeben. „Dafür, dass du erst gestern gegen mein Team verloren hast, hast du heute außergewöhnlich gute Laune", bemerkt sie.

„Dafür, dass du erst gestern gewonnen hast, hast du heute erstaunlich schlechte Laune", entgegne ich.

„Naja, dein idiotischer, eingebildeter Collins-Freund musste mich ja auch direkt in den ersten fünf Minuten ausschalten...", beginnt sie genervt.

Nun bin ich an der Reihe mit den Augen zu rollen. „Meine Antwort darauf ist immer noch dieselbe wie vor fünf Minuten", grummle ich.

'Selber Schuld', ich weiß", murmelt die Blonde, „aber mal ehrlich, hast du irgendetwas ausgeheckt?"

„Darf man in diesem bescheuerten Haus nicht mal guter Laune sein?"

„Doch klar, natürlich! Von deinem dunklen Humor abgesehen, freue ich mich ja auch darüber. Nur ist es bei dir schon echt selten, dass du lächelst und mit mir redest, ohne mich gleich zu beschimpfen."

Ich zucke mit den Achseln. „Freu mich auf Verteidigung. Das ist alles."

„War ja klar, dass es mit Professor Unruh zusammenhängt", grinst Lisa.

„Ja", murmle ich. „Natürlich."

Lisa vertieft sich wieder in ihre Hausaufgaben und ich starre gedankenverloren durch das Fenster. Ich kann nicht anders, als den Moment mit Gellert auf dem Astronomieturm noch einmal Revue passieren zu lassen. Er war so aufgeschlossen und lieb zu mir gewesen, wie selten sonst. Und die Tatsache, dass unser erster Kuss noch genauso präsent in seinen Erinnerungen ist, wie in meinen, lässt mein Herz schneller schlagen. Vielleicht darf ich doch noch auf eine glücklichere Zukunft hoffen. Am liebsten würde ich mich auf der Stelle in Victoria verwandeln und ihn in seinem Büro überraschen.

„So", holt mich Lisa auf einmal aus den Gedanken und stopft schwungvoll ihr Pergamentblatt in die Tasche. „Zaubertränke ist später wieder dran. Jetzt erstmal ab zu Verteidigung!"

Mit einem leichten Grinsen stehe ich auf und krame einen kleinen Spiegel aus der Handtasche, um Frisur und Make-up zu checken.

„Gre-ey", seufzt Lisa gut gelaunt. „Es ist nur Unterricht. Kein Date, hast du verstanden?"

Gellerts VictoriaWhere stories live. Discover now