16. Februar 1997 (Teil 3)

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Schweigen ist eines der am schwierigsten zu widerlegenden Argumente. - Josh Billings

16. Februar 1997

„Gellert...", flüstere ich den Namen meines Geliebten verträumt vor mir hin, während meine Finger seine alte, schrumpelige Kopfhaut massieren. Eine tiefe Ruhe und Glückseligkeit umfasst mein Inneres und verbirgt die hässlichen Narben in meinem Herzen für einen kurzen Moment.

„Ja, meine Schöne?", haucht er mir zu und hebt seinen Kopf leicht von meiner Brust, um mir in die Augen zu schauen. Ein Schmunzeln umspielt meine Lippen bei dem Kosenamen, den er mir so oft in unseren gemeinsamen Nächten zugeflüstert hat.

„Ach, ich bin einfach nur glücklich, wieder mit dir zusammen zu sein."

Eine Weile schweigen wir und genießen die Zweisamkeit. Das künstliche Meeresrauschen im Raum der Wünsche ist das einzige, was zu hören ist.

„Gellert?", unterbreche ich die Ruhe zurückhaltend. „Damals, als wir noch gemeinsam für das größere Wohl gekämpft haben, wusstest du da schon, dass wir scheitern?"

„Ich habe es gesehen. Nicht alles, aber genug. Allerdings dachte ich damals, ich könnte es aufhalten. Es gibt immer verschiedene Zweige der Zukunft und wenn man nicht aufpasst, wird man von seiner eigenen Siegessicherheit geblendet und sieht nur, was man sehen will. Merk dir das als grobe Regel beim Wahrsagen."

Nach kurzem Zögern fügt er leise hinzu: „Es hätte auch eine Zukunft geben können, wo wir siegen. Ich habe dich gesehen. Als ich und Dumbledore uns duellierten, wärst du dazwischen gegangen. Dumbledore hätte sich an den Kampf in unserer Jugend erinnert, bei dem Ariana, seine Schwester, verstarb. Er hätte versucht, dich zu retten. Es wäre nur ein kurzer Moment der Schwäche seinerseits gewesen, der mir die entscheidende Wendung ermöglicht hätte. Wir beide, wir wären gemeinsam an die Macht gekommen." Seine Stimme ist kalt und verdeckt alle Emotionen. Ich allerdings bin am Heulen.

„Es tut mir ja so leid", flüstere ich schuldbewusst. Ich atme tief durch und versuche, mich zu fassen. „Jetzt sind wir ja beide hier. Wir haben eine neue Chance." Doch um ehrlich zu sein, glaube ich es selbst nicht. „Wir beide..." Als er nichts antwortet, vollende ich den Spruch. „Gegen den Rest der Welt. Wie damals."

Ich drücke ihm einen kleinen Kuss auf seine faltige Stirn und nehme meinen ganzen Mut zusammen. „Die Todesser, sie sind eklig und unnötig grausam, aber Gellert, sie vertreten unsere Ziele und Ideale." Ich schabe nervös mit meinen Füßen im Sand und muss mich mit allem Mut, den ich aufbringen kann, zum Weiterreden zwingen. „Ich... ich habe Voldemort versprochen, mich ihnen anzuschließen. W-wirst du mitkommen?"

Ruckartig richtet er sich auf. Seine zweifarbigen Augen bohren sich bedrohlich in meine, doch, als er spricht, ist seine Stimme ruhig und leise. „Du hast was?"

„Gellert, bitte, hör mir zu!" Ich fasse seine kühlen Hände und halte mich an ihnen fest. „Das Wichtigste in meiner Welt bist du, Gellert. Ich würde dich niemals verraten, oder mir einen neuen Meister suchen. Vor allem keinen hässlichen, schlangengesichtigen Feigling wie Voldemort." Ich wage ein kleines Lachen, doch als Gellert nicht mit einstimmt, verstumme ich so schlagartig, als wäre mir die Luft genommen worden.

„Und doch hast du es", erinnert er mich immer noch mit dieser schrecklichen Ruhe in der Stimme. Ich kann seine verdeckte Wut förmlich spüren und erinnere mich noch gut daran, was diesen fünf Worten meistens folgte. Es war ein unbarmherziges „Werft sie in die Kerker!" und das, wenn man Glück hatte. Im schlimmsten Fall wurde der Betroffene wegen Hochverrat hingerichtet; ein Vorgang, den ich damals gefeiert habe.

Ich befeuchte mir nervös die Lippen. „Ja, aber ich habe einen Plan."

„Ach ja?"

Ich seufze bekümmert. „Voldemort will Dumbledore besiegen, genau wie wir. Also arbeiten wir zusammen gegen unseren gemeinsamen Feind und kommen mit den Todessern an die Macht. Sobald wir uns dann von der..." Ich zögere. „Vergangenheit erholt haben, können wir wieder unser eigenes Ding machen und niemand wird uns mehr stoppen können. Alle werden uns lieben. Sie werden uns als die Helden der Zauberergemeinschaft feiern, so wie damals." Er schaut immer noch nicht begeistert aus, deshalb füge ich schnell hinzu: „Wir benutzen doch bloß die bestehende Ordnung, um aufzusteigen, so hast du es mir doch damals beigebracht."

Gellerts VictoriaWhere stories live. Discover now