4. Kapitel

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„Bei Defala." Dallos Blick suchte das Innere ab und seine sonst stetig lächelnde Miene entglitt ihm. „Ich wusste, was geschieht. Aber so ... so wild? Wo bleibt deine ... Du blutest. Stark."

   Leonar thronte vor Dallos, man könnte beinah meinen, um ihm den Blick in die Halle zu nehmen. „Nichts. Ein kleiner Stich eines schlechten Schwertes. Ich stehe und kämpfe noch." Sofort wollte Dallos die frische Wunde inspizieren, doch Leonar stieß ihn weg. „Ich sagte, es ist nichts! Also lasst mich!"

   Gerade eben noch zur Sorge verzogen wandelten sich die Augen von Dallos wieder in Schadensfreude um. „Naja. Wenn du das sagst. Du wirst das klagende Heer hervorragend ergänzen."

   Das Lachen des Mannes gackerte nur kurz, da packte Leonar dessen Hals. „Keine Worte! Genug von deinem stetigen Palaver. Verstanden? Es raubt mir die Geduld!"

   Jeder andere Mann wäre zusammengezuckt, doch Dallos schien den Würgegriff von Leonar beinah wie eine Umarmung zu begrüßen. „Was ein Arm Leonar, was eine Kraft! Unser erster Verrat in unseren Reihen?! Uhhhh, was Kun und Dorrash wohl mit einem Verräter machen würden? Ich frage mich, ob der Nächste dann genauso töricht ist."

   Die Drohung verfehlte nicht ihr Ziel und Leonar ließ ihn sofort los. Er schnaufte tief aus, dabei floss stetig weiter das kleine Rinnsal Blut aus seiner Rüstung. „Verzeiht ... Die Wunde ... der Schmerz ... Ich kenne Kampf und ich kenne es nur still und konzentriert. Ihr seid ablenkend."

   „Nettes Kompliment." Dallos schlenderte zu dem Leichenhaufen. „Still und konzentriert? Und warum sehen diese hier alle aus, als hätte man versucht ihre Köpfe wie Nüsse zu spalten und in die Erde selbst zu pflanzen? Man könnte fast annehmen, hier hätte jemand die Beherrschung verloren? Anders erklärt sich für mich auch nicht, wie ein einfacher Fischer einem so erfahrenen Krieger wie dir einen so widerlichen Stich versetzen konnte." Dallos grinste nun umso breiter und schlug Leonar auf die Schulter. „Sehr schön. Beherrschung verlieren. Wütend. Wunderbar ... menschlich. Und das sind wir schließlich, oder? Sowas kann man verzeihen, nicht wahr?"

   Leonar schloss dankbar die Augen. „Frau Felka. Ist sie erfolgreich aus dem Dorf geschleust worden?"

   Nun blieb Dallos in seiner Bewegung hängen und seine Augen nahmen den Ausdruck einer Entschuldigung an. „Nun ja, nein. Und bevor Ihr etwas sagt, es ist besser so."

   „Besser so? Es war der Befehl vom Admiral Silithrilanil persönlich?! Warum ..." Leonar fing ermahnend seine Stimme. „Welche taktische Überlegung führte dazu?"

   Dallos deutete Richtung Ausgang. „Verstärkung. Es kamen mehr Fischer vom Norden. Anscheinend ungeplant, doch das Heer ist mit ihnen beschäftigt. Nun liegen damit Augen und Ohren des Feindes auch noch außerhalb der Mauern. Das Heer wird am Ende gewinnen, doch im Dorf selbst warten noch zu viele Menschen. Ich nehme an, Herr Kun will Felka ohne Aufsehen entführen, um an ihre Informationen zu kommen. Wenn irgendwie bekannt wird, dass wir sie haben, dann wird der Feind darauf reagieren." Er deutete auf die zerschlagenen Leichen. „Ich dachte eigentlich, diese hier würden schnell und unauffällig sterben, dass sie nicht mehr nach Felka suchen. Aber das hier sind Spuren."

   Leonar senkte sein Haupt. „Töricht. Ich ... nun verzeiht."

   Er zuckte zusammen, als Dallos ihm erneut kräftig auf die Schulter schlug. „Ach, ist es ebenso Leonar. Jetzt ärgere dich nicht so stark über dich. Das Risiko nehmen wir nun in Kauf. Kommt davon, schickt man Menschen vor! Ha!" Dallos grinste frech auf und Leonar konnte nicht anders als mit zu schmunzeln.

   Plötzlich verlor der große Mann mehr Gefühl in seinen Beinen und begann zu schwanken. Dallos griff seinen Arm und stützte ihn sanft. „Hier braucht es einen Heiler. Du siehst ... nun ... es gibt Ghule, die sehen kräftiger aus."

Die bleiche Königin - Geburt des TerrorsWhere stories live. Discover now