12. Kapitel

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Ihr Aussehen so unscheinbar wie der Anblick des Mondes. Ihre Gestalt fiel dünn und filigran, ein pechschwarzes Kleid bedeckte totbleiche Haut. Glattes, weißes Haar wehte sanft um ihren Kopf, einzig Farbe trugen ihre blutroten Lippen.

   Ihre Augen wanderten so langsam wie der Gang der Sonne selbst durch den Raum, beinah gänzlich silberweiß schimmerte deren Form. Ihr Gesicht wirkte ewiger als die Zeit selbst, keine Bewegung in ihrem Leib schien mehr wie die eines Menschen zu sein.

   Milana, die bleiche Königin, Herrscherin der Vampire und seit Kriegsbeginn auch über das Kaiserreich und fast den gesamten Kontinent Auervam, trat geduldig in den Saal hinein, hier in ihrem Reich, den ewigen Hallen, Heimatstadt ihres Volkes.

   Ihre Anwesenheit brachte eine unnatürliche Stille mit sich, keiner der Anwesenden traute sich zu einem Wort. Kun verblieb auf einem Knie, Fabienne hielt den Kopf gesenkt, ihre blutverschmierte Hand zum Gruß der Vampire auf ihrer Brust.

   Marah und Leonar hielten den Atem an, fürchteten auch nur ein falscher Ton wäre ihr Tod. Dallos dagegen kämpfte gegen seinen müden Leib und fiel ebenso auf ein Knie, wie ein treuer und ehrvoller Ritter aus Menschenhaus.

   Milana krümmte nur kurz einen Finger, da hob Kun seinen Kopf und starrte ihr in die bleichen Augen. Die beiden Ewigen schienen ein Gespräch für sich in der Stille gefunden zu haben, darauf senkte der Admiral wieder beschämt sein Haupt.

   Nun sah Schwester Fabienne der bleichen Königin in die Augen, doch die beiden Vampirinnen tauschten nur wenige Blicke aus.

   „Verläuft der Gang dieses Bildes weiter wie in den letzten Wochen, so trete ich vor Anbruch des Herbstes in die Kaiserstadt Calicedam und werfe mein Schwert den Menschen vor die Füße, kapituliere diesen meinen Krieg." Ihre Worte wirkten weniger wie von einem menschlichen Wesen gesprochen und eher so natürlich wie das Rauschen des Windes.

   Entsetzen schoss durch all ihre Blicke.

   Kun war auf die Füße getaumelt, sah aus wie ein betrunkener Narr. „Herrin, Ihr ... es kann doch nicht so ..."

   „Du und ich wissen besser als der Rest, solch Zeiten schön und nah geschätzt zwischen Seelen dieses Seins, sie finden stets ein nicht ewiges Ende, wenn auch so dick Blut miteinander verbunden scheint." Milana sprach sanft und liebevoll, ihre Züge kaum erkennbar zu einem Lächeln geformt. Sie und Kun teilten sich etwas Unausgesprochenes und er errötete kurz, wand den Blick ab.

   „Herrin, schätzt ihr unsere Lage so ... fatal ein?" Schwester Fabienne rückte etwas näher an Milana, doch die bleiche Königin sprach ohne ihr ins Gesicht zu sehen.

   „Zu sein Vam Ir heißt zu herrschen, so verfluchte es einst Defala die Erste unseres Blutes, Mala. Sie, ihr Kind Malum und sein Kind, ich, wir formten und führten nach dieser natürlichen Regel. Doch so wie Malas Blut den Titel zur Herrschaft bekam, trug das Blut ihres Bruders Jol das Recht zur Rebellion in sich. Und so können wir es seinem Erbe nicht verwehren, wir müssen es erdulden." Milana sprach Geschichte selbst und trat weiter in den Saal. „Scheitern wir gegen diesen Feind, unser Volk muss auf Jahrhunderte in die Schatten fliehen, die Welt an diese unsere Feinde übergeben. Ich fürchte nicht um das Leben der Einzelnen hier, ich fürchte um den Gang des Bildes, Fabienne, sehr sogar. Erkenne diese Geschichte in deinem eigenen Weg zu unserem Fluch. Warst du nicht einst Mitglied des Diersasi Ordens, in welch ein jeder den Titel Schwester trug, sei es Mann oder Frau? Wo stehen die Überreste dieses Ordens, wenn nicht alleine in dir?"

   Fabienne blickte beschämt zu Boden, doch leichter Trotz schlich sich in ihren Zügen. „Sie endeten mit mir ... Und sie bekamen alle meine Rache zu spüren, wie sie mich schändeten und ... fallen ließen."

Die bleiche Königin - Geburt des TerrorsWhere stories live. Discover now