6. Kapitel

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Die beiden Männer erinnerten sie an ihren ehemaligen Mann im Bunde. Drum verabscheute Marah Dallos von Rehmar und Leonar von Badazan. Sie waren bestimmt, dickköpfig und vor allem Dallos ungewöhnlich laut. Leonar hatte wenigstens den Anstand, meistens zu schweigen, doch Dallos konnte seine Worte kaum für sich behalten. Ständig ging es um irgendein Königshaus, irgendeine Stadt oder Landschaften. Der Narr wusste nicht, wann es auch einmal angebracht war, zu schweigen.

   Als sie das zerstörte Fischerdorf verließen, schritt Marah noch voran. Es war schließlich sie, die von Schwester Fabienne persönlich als Führer dieser Gruppe bestimmt worden war. Ihr kleines Gesicht hielt sich bestimmt, ihr dreckblondes Haar hing fest zu einem Zopf gebunden und ihre engen, eleganten Kleider wirkten sicherer als jede Rüstung der Welt.

   Doch diesen Drang spürten ihre Untergebenen nicht so eilig. Die Männer zogen sich eher schleppend durch die karge Landschaft, mal blieben sie stehen und musterten fast wortlos die Wälder und Berge, mal hockten sie sich nieder und strichen und schnupperten an der dreckigen Erde.

   Marah war die Wildnis so fremd genug. In der Hauptstadt des Kaiserreichs streckte man seine Finger nicht in Richtung Dreck aus. Die vernünftigen Bürger taten dies wenigstens nicht. Und die beiden Männer wirkten in der Wildnis nur noch fremder.

   Kaum Bäume, kaum Grün, nur Erde, Stein und Kälte mochte Skjaldir aufbringen. Warum gerade Marah die beiden begleiten und sogar führen sollte, dass musste Schwester Fabienne allein wissen. Sie und die bleiche Königin natürlich.

   Nach gut einem Tagesmarsch kamen sie endlich an ihrem ersten Ziel an. Die leere Steppe wurde abrupt von einer sanften Schlucht durchtrennt, darin schlängelte sich ruhig ein schmaler Fluss. Der Spalt war nicht breit, doch gut zehn Schritt tief. An manchen Stellen konnte man bestimmt mühelos hinüberspringen. Nicht so das klagende Heer. Die verfluchten Sklaven waren kaum mehr in der Lage für solch komplexe Vorgänge, hieß, diese Schlucht würde sich als ein Hindernis für sie ergeben.

   "Da liegt das erste Hindernis, ein ordentlicher Graben." Dallos stöhnte und lies sich mit einem Rumms auf den harten Boden fallen.

   Marah hätte dies kaum mitbekommen, hatte sie doch die Schwafelei des Mannes in den Hintergrund verschwinden lassen. "Wie angekündigt. Also. Weiter gen Westen, dort soll die Brücke liegen. Dahinter der Wachturm. Darin unsere Feinde. Lasst uns ziehen."

   Dallos seufzte aus, Spucke verfing sich in seinem kurzen Bart und seine Strähnen flatterten im kalten Wind. "Marah, wenn du ... Ihr gestattet. Unsere Knochen sind nicht die der Unsterblichen, wir brauchen eine Pause, etwas ruhen und Kräfte sammeln ist bitter von Nöten, ansonsten sind wir leichtes Spiel für jeden Feind. Und weiß einer warum, hier oben wird die Brise seltsam wärmer. Und das gefällt mir."

   Marah gaffte den Mann aus Rehmar ungläubig an und merkte, für diesen bräuchte es eine festere Leine. Gerade wollte sie zu einem bellenden Befehl ansetzen, da donnerte es auch neben ihr.

   Leonar ließ sich fast gänzlich aus dem Stand auf den Boden fallen und atmete einmal tief aus. Die halbe Glatze schimmerte nun fast wie eine zweite Sonne, doch Marah hätte gewettet, dass das erste Licht Áhn nicht so ein Sturkopf wie diese beiden hier war. "Dumm. Es wäre dumm weiter zu laufen. Diese Entscheidung, wie du, wäre dumm."

   Nun verlor Marah die Geduld. "Bei den ewigen Fünf! Noch mehr solche Worte der Befehlsverweigerung und des Widerstandes und ich lasse Euch persönlich zu dem Teil des klagenden Heeres werden. Ihr steht auf und zieht weiter, sonst ..."

   In einer Windeseile ergriff Leonar ihren Oberschenkel und riss sie zu Boden.

   Marah war so verwundert, sie konnte kaum reagieren. Verrat unter den Vampiren war ungehört, nicht ein Mensch oder Unsterblicher hatte sich je gegen den Willen der bleichen Königin gestellt.

Die bleiche Königin - Geburt des TerrorsWhere stories live. Discover now