- Kapitel 33 -

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Lukes Sicht

»... schon wieder da?«, hörte ich Jules Stimme kurz nachdem ich wieder wach geworden war.
»Die Ärztin meinte, es wäre jetzt besser, wenn Sie nur eine Person bei sich hat, damit sie genug Ruhe bekommt. Akira versteht sich mit Markus aktuell besser als mit mir, weshalb er bei ihr bleibt«, war es Moms Stimme, die ich hören konnte. Noch machte ich nicht auf mich aufmerksam, sondern tat so, als sei ich noch am Schlafen.

»Verstehe. Ist schon klar, wie lange sie im Krankenhaus bleiben muss?«, wollte Jules wissen.
»Ein paar Tage auf jeden Fall. Einfach um zu schauen, wie sich ihr Zustand entwickelt. Die Kombination aus Dehydration, Gehirnerschütterung und Unterzucker haben ihr ordentlich zugesetzt«, klärte Mom ihren Bruder über den Zustand meiner Zwillingsschwester auf.
»Wie geht’s denn Luke? Ist noch was passiert, seitdem wir weg waren? Das Letzte, was ich mitbekommen habe, war, dass der Notarzt zu Luke ins Zimmer gegangen ist«.

»Ihm geht’s gut so weit. Schläft seit knapp eineinhalb Stunden. Ich muss sagen, Damien hat ihn gut beruhigt bekommen. Wie weiß ich nicht, das habe ich nicht mitbekommen. Luke war bereits aus der akuten Panikattacke raus, als ich ankam«, informierte Jules sie darüber, was in ihrer Abwesenheit passiert war.

Leise grummelte ich auf und öffnete die Augen.

»Oh, haben wir dich geweckt?«, war es Jules, der zuerst was sagte.

Langsam setzte ich mich auf und schüttelte den Kopf. »Hab genug geschlafen«, murmelte ich und rieb mir durch die Augen.

»Wie geht’s dir?«, erkundigte Mom sich bei mir. »Gut. Noch bisschen müde«
Sie nickte. »Akira geht es übrigens besser. Sie muss aber ein paar Tage im Krankenhaus bleiben, damit man ihren Zustand beobachten kann«, klärte Mom mich bezüglich Akira auf. Sie konnte ja nicht wissen, dass ich den Teil des Gesprächs bereits mitbekommen hatte.

»Ich muss gleich nochmal los, ihr ein paar Klamotten vorbeibringen. Die muss ich noch schnell zusammen packen. Jules bleibt noch hier und hat ein Auge auf dich.«

»Okay«, sagte ich darauf.

»Bis später. Mach keinen Unsinn«, verabschiedete sie sich wieder und verschwand nach oben.

Auch Jules war aufgestanden, ist aber statt nach oben zu gehen in die Küche verschwunden. Kurz darauf kam er mit einem Glas Wasser zurück und gab mir das.

Das kam mir gerade recht. Ich hatte Durst, weshalb ich das gesamte Glas leerte. Das leere Glas stellte ich auf den Tisch.

»Sag Mal Jules … Wer war das, der da bei mir war, bevor du gekommen bist. Ich weiß, dass er Damien heißt und Notarzt ist, aber er … Wie soll ich das sagen? … Er wirkte auf mich total beruhigend. Das war seltsam«, versuchte ich mehr über diesen Damien herauszufinden.

»Das war Damien Martens. Seinen Vornamen kennst du bereits. Er ist bekannt für seine ruhige Ausstrahlung. Wie er das macht? Keine Ahnung. Das einzige, was ich weiß, dass es was mit seinem Facharzt zu tun hat. Er ist Psychiater. Kennt sich daher mit der Psyche sehr gut aus«, gab er mir ein paar mehr Infos über diesen Notarzt.

Er ist Psychiater.
Was hatte ich den für ein Glück, dass ausgerechnet er zu diesem Einsatz alarmiert wurde?

»Seine beruhigende Art scheint auch bei dir funktioniert zu haben.«

Zustimmend brummte ich.

»Wollen wir was aufm Fernseher schauen? Vielleicht lenkt dich das ein wenig ab«, schlug er vor.
»Läuft denn was Gutes? Ich hab lange kein normales Fernsehprogramm mehr geschaut«
»Das sehen wir gleich«, meinte er, nahm sich die Fernbedienung vom Tisch, schaltete den Fernseher an und zappte durch die Kanäle.
Wie erwartet, lief nichts Interessantes.

In der Zwischenzeit hatte man die Haustür ins Schloss fallen hören. Mom war wohl wieder Richtung Krankenhaus aufgebrochen, um Akira Klamotten zu bringen.

Jules hatte nach einer Weile aufgegeben, was Sehenswertes zu finden und schaltete den Fernseher wieder aus.

»Schade. War aber einen Versuch wert«, sagte er und legte die Fernbedienung zurück.

Mein Blick lag auf dem wieder schwarzen Bildschirm des Fernsehers.

»Weißt du, in welchem Krankenhaus Akira liegt?«, fragte ich Jules.
»WKM. Wieso?«, stellte er die Gegenfrage.
»Nur so. Hat mich interessiert«, war meine Antwort.

»Darf ich mir mein Handy und meine Kopfhörer von oben holen?«
»Ich kann sie dir holen. Musst mir nur sagen, wo es liegt«
»Beides aufm Bett.«

Daraufhin stand er auf und ging nach oben, um die angeforderten Dinge zu holen.
Keine zwei Minuten später war er wieder da und gab mir beides.

»Danke«, bedankte ich mich, setzte die Kopfhörer auf und begann mir mit YouTube die Zeit zu vertreiben.

Irgendwann war Mom wieder da und unterhielt sich mit Jules.

So verging der Nachmittag.

Zum Abendessen war Dad wieder da.
Viel mehr über Akiras Zustand sagen, als ich schon wusste, konnte er nicht. Sie schlief wohl die meiste Zeit.

Nach dem Essen durfte ich endlich wieder auf mein Zimmer und für mich alleine sein.

Ich stellte mich an meinen Schreibtisch und schaute aus dem Fenster.

»Es fühlt sich komisch an, dass Akira nicht da ist. Irgendwie leer, obwohl ich sie die letzten Tage bereits kaum gesehen habe. Trotzdem bemerke ich den Unterschied. Ist das so ein Zwillingsding? Gibt es das überhaupt?«

Egal, ob es diese Zwillingsphänomene gibt oder nicht.
Eines war klar. Akira ist ein wichtiger Teil von mir.
Als ich sie an diesem Vormittag reglos auf dem Boden liegend sah, war mein Herz in tausend Teile zersprungen, aus Angst, dass sie für immer fort war.
Zum Glück lebte sie. Wäre es anders gewesen, bezweifelte ich, dass ich damit zurechtgekommen wäre.

»Hör auf, dir darüber Gedanken zu machen! Sie lebt und ihr geht es gut. Sie kommt bald wieder nach Hause und dann geht es weiter wie immer«, redete ich mir ein, ging rüber zu meinem Bett, zog meine Kopfhörer auf und machte ein Video an, auf das ich mich versuchte zu konzentrieren.

Meine Aufmerksamkeit wechselte zwischen Video und meinen Gedanken.
Wenn ich merkte, dass ich in meine Gedanken abdriftete, schaffte ich es meine Aufmerksamkeit wieder zurück auf das Video zu lenken. Lange hielt das nicht an und ich war wieder in Gedanken bei Akira und diesen Bild in meinem Kopf von ihr reglos auf dem Badezimmerboden.

Das ging so lange, bis die Erschöpfung des Vormittags wieder anklingelte und mich in den Schlaf zog.

WKM - Angst vor ihnen Where stories live. Discover now