- Kapitel 45 -

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Lukes Sicht

»Was geht dir gerade durch den Kopf?«, wollte Damien wissen, vermutlich um herauszufinden, was mich daran hinderte eine Entscheidung zu treffen.

Sollte ich mit ihm darüber reden?
Vertraute ich ihm genug dafür?

Ich sollte es zumindest versuchen. Akira und ich hatten seiner Hilfe zugestimmt, weshalb wir uns Mühe geben sollten, sie wirklich in Anspruch zu nehmen.

Meine Zwillingsschwester hat bereits den ersten Schritt getan und sich ihm anvertraut.

Wenn sie Damien für vertrauenswürdig genug empfand, konnte ich das auch.

»Das ist irgendwie komisch. Ich möchte wissen, was sie geplant haben. Andererseits … Was, wenn die Infos zu grob sind und meine Gedanken wieder genug Spielraum für Interpretation haben, in eine Richtung, die mir nicht gefällt?«, wagte ich es das auszusprechen, was mich davon abhielt eine Entscheidung zu treffen.

»Deine Sorgen sind verständlich. Ich kann dich aber beruhigen. Der Plan ist ausgereift genug, dass ich ihn dir erklären kann«, versicherte er mir.

Wenn er das sagte, musste das stimmen, weshalb ich zustimmte.

»Fangen wir ganz von vorne an. Mein Plan ist es ja dich in gewisser Weise zu konfrontieren mit dem, was dir Angst macht. Da ist mir eine Idee gekommen, die ich als machbar empfand. Um das besser erklären zu können möchte ich euch was zeigen. Keine Sorgen, wir bleiben draußen«, begann er mit der Erklärung seines Plans.

Akira schaute zu mir. Fragte mich still, ob ich damit einverstanden war, dass Damien uns was zeigen wollte.

Als Antwort stand ich auf.

»Dann los.«

Wir verließen den Klinikpark und liefen in Richtung der beiden Nebengebäude.

»Das linke Gebäude ist die Psychiatrie das rechte ist die Rettungswache. Und die Rettungswache ist das Gebäude, das Teil meines Plans ist«. Er zeigte auf das rechte Gebäude mit den Hallentoren, wohinter die Rettungsfahrzeuge standen.

Ich schluckte. Mein Herz raste schneller als vorher.

»Phase eins meines Plans ist wie folgt: Du Luke sollst dich trauen das Gebäude zu betreten. Wie bei allen anderen Sachen auch gilt hier, dass wir nichts überstürzen. Rom wurde auch nicht in einem Tag erbaut.«

Mit gerunzelter Stirn betrachtete ich das Gebäude mit den vielen Toren.
Die Vorstellung, dass ich da rein gehen sollte, war surreal, aber vorstellbarer als in das Hauptgebäude zu gehen. Freiwillig und nicht aus einem Grund der mich dazu zwingt.

Meine Zwillingsschwester legte einen Arm um meine Schultern.

»In Phase zwei sollst du dich an diese Umgebung gewöhnen. Dazu sind wir einmal die Woche, also an jedem Samstag, wenn ich Dienst habe, dort. Zwar hast du einen Tag mehr in der Woche, den du früh aufstehen musst, aber ich glaube, dass sind die zu erwartenden Ergebnisse allemal wert«, führte er seine Erklärung fort.

»Die dritte Phase besteht daraus, dass ich dir Herausforderungen stelle, die du bewältigen sollst. Wir fangen klein an und steigern uns mit der Zeit. Auch hier herrscht kein Zeitdruck. Wichtig ist, dass du es versuchst dich zu überwinden.«

»Er redet von Herausforderungen. Was kann ich mir darunter vorstellen? Wahrscheinlich so Sachen wie Zugang gelegt bekommen oder sowas. Brrr.«

Mir lief es eiskalt den Rücken runter bei den Vorstellungen, was Damien sich für Herausforderungen ausdenken konnte.

»Und wie lange soll das gehen?«, fragte Akira nach.

»Das weiß ich leider nicht. Es gibt verschiedene Faktoren die da reinspielen. Zu rechnen ist mit ein paar Monaten«, beantwortete Damien die Frage.

Mir blieb fast die Spucke im Hals stecken und meine Augen hatte ich vor Schreck aufgerissen.

Ein paar Monate sollte ich das machen?!

»Ich weiß. Das hört sich total unvorstellbar und unmöglich an, aber vertrau mir, wenn ich dir sage, dass es mit der Zeit besser wird«, redete Damien mir ein, um meiner Angst den Wind aus den Segeln zu nehmen.

»Wann genau soll der Plan starten?«, war es Akira, die fragte.

»So bald wie möglich. Wir werden Freitag nochmal zu dritt reden ab dann trennen wir das ganze. Luke bekommt den Dienstag und du Akira bekommst den Freitag. Das ermöglicht es mir besser individuell auf eure Probleme einzugehen.«

Akiras Augen verzogen sich zu Schlitzen, sie musterte Damien für einen Augenblick.
»Sicher, dass wir schon so weit sind?«

Der Psychiater nickte

»Na gut«, gab Akira nach und entspannte ihre Gesichtsmuskeln wieder. Ich bemerkte aber, dass die Anspannung nicht vollständig verschwunden ist.

»Der Plan ist besprochen. Du Akira hast deine Hausaufgabe und du Luke, versuch die nicht zu viele Gedanken zu machen. Ich weiß, es ist einfacher gesagt als getan aber versuchen ist ein Anfang. Und wenn es sich überkommt, denk an die Atemübung, die wir zusammen gemacht haben«. Er schaute zu der jeweiligen Person, die er meinte.

Darauf nickte ich einfach.

»Wir sehen uns Freitag. Selbe Uhrzeit. Selber Treffpunkt«, verabschiedete er sich.

Nickend nahmen wir das zur Kenntnis, dann trennten sich unsere Wege.

Damien verschwand in das Gebäude der Psychiatrie, Akira und ich liefen zum Parkplatz.

»Was hältst du von Damiens Plan?«, kam auf dem Weg zum Parkplatz die Frage von Akira.

»Weiß nicht. Er hat es gut gewählt. Die Rettungswache ist deutlich kleiner als das Hauptgebäude und da laufen weniger Leute rum. Trotzdem weiß ich nicht, wie ich in einer Umgebung mit so vielen Sanitätern und Notärzten überleben soll …«, sprach ich meine Zweifel aus.

Mir wurde eine Hand auf die Schulter gelegt.

»Am liebsten würde ich dich nicht dorthin lassen, aber wie soll das besser werden, wenn wir es nicht mal versuchen?«

Sie hatte recht. Wir mussten es versuchen. Ansonsten hatte das mit Damien keinen Sinn.

Nickend stimmte ich zu, sie lächelte und wir stiegen ins Auto.

»Und wie war’s?«, erkundigte Mom sich.

»Aufschlussreich«, meinte Akira und schnallte sich an.

Von vorne kam nur ein Seufzten, woraufhin es nach Hause  ging.

WKM - Angst vor ihnen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt