Kapitel 13: 15. Mai 1886

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"Du hast was?"
 Ich verdrehe die Augen und bedeute meiner Zofe mit einer Handbewegung, aus dem Raum zu gehen. Meine Haare kann ich auch alleine machen.
 "Ich habe gejagt, bin einer Horde verrückter Vampire begegnet und von Klaus Mikaelson gerettet worden", wiederhole ich geduldig.
 Damon steht vor meinem Bett und starrt mich ungläubig an. "Warum erzählst du mir das erst jetzt?"
 Ich zucke mit den Schultern und nehme ein Spange aus dem Schälchen. "Ich habe es bis heute nicht für erwähnenswert gehalten."
 Mein Bruder schüttelt nur stumm den Kopf und lässt sich mit einem Seufzer in die weichen Federn fallen. "Manchmal frage ich mich wirklich, was nur in dich gefahren ist, Schwesterchen", murmelt er.
 Ich musste grinsen. "Jetzt tu nicht so als wärst du um meine Sicherheit besorgt. Ich kann auf mich alleine aufpassen."
 "Darum geht es mir auch nicht. Du -" Er richtet sich wieder auf und schaut meinem Spiegelbild in die Augen. "hättest. Erfahren. Können. Wo. Stefan. Ist."
 "Wie denn? Indem ich ihn einfach frage? Klaus hätte mir das nie im Leben gesagt, und wenn er noch so, was hast du gesagt? 'Von meinem hinreißenden Aussehen und meiner verzückenden Art verzaubert ist'". Ich muss kichern. Damon hatte es mir nach dem Ball damals direkt an den Kopf geworfen, kaum dass wir zuhause gewesen sind.  Seitdem ziehe ich ihn damit regelmäßig auf.
 Er stöhnt genervt auf und steht plötzlich am Fenster und schaut der untergehenden Abendsonne zu. Nach einer Weile sagt er: "Wir sind schon seit zwei Monaten in New Orleans und versuchen herauszufinden, wo unser Bruder ist. Niemand scheint etwas zu wissen, alle Antworten führen zur Mikaelson-Familie. Heute auf dem Frühlingsball müssen wir endlich weiterkommen."
 "Was schlägst du vor?"
 "Du lenkst sie ab und ich sehe mich um."
 Ich schiebe mir noch eine Haarspange zwischen den dicken Haarknoten, damit er hält. Dann mache ich mich daran, mit den Fingerspitzen vorsichtig die Strähnen an den Seiten herauszuziehen. "Das hat das letzte Mal auch nicht funktioniert. Und du kannst mich nicht immer als Ablenkungsmanöver missbrauchen."
 "Bitte."
 Ich lasse mich von dem flehenden, herzzereißenden Ton in seiner Stimme nicht erweichen. Das klappt vielleicht bei seinen Affären, aber nicht bei mir. "Nein, Damon. Ich habe eine viel bessere Idee."
 "Die da wäre?"
 Ich steige von dem Hocker und drehe mich zu ihm um. "Kannst du mir mal das Glas da geben?", frage ich und deute auf das volle Glas Blut, das neben ihm auf der Fensterbank steht.
 Mit gerunzelter Stirn gibt er es mir. Ich setzte es an meine Lippen und mit einem einzigen Schluck ist der Inhalt weg. Ich lächle ihn an und fahre mir mit einem Taschentuch über die Lippen. "Danke."
 "Chloey, der Plan."
 Ich wende mich wieder zum Spiegel zu und verschaffe mir einen letzten Blick über mein Aussehen. "Deine Idee von vorhin war gar nicht mal so schlecht", erkläre ich ihm. "Ich frage ihn einfach. Oder einen der anderen Mikaelsons. Ich freunde mich mit ihnen an und irgendeiner wird es mir schon sagen. Ich habe fünf Versuche."
 "Das ist dein Plan? Ernsthaft? Dich bei ihnen einzuschleimen?"
 "Damon, ich muss doch bitten."
 "Und was soll ich in der Zwischenzeit machen?"
 "Naja, wie wärs, hm ..." Ich ziehe eine Augenbraue hoch. "Wenn du dich auch mit ihnen anfreundest? Oder du kannst dich wie auf jedem Ball vergnügen."
 "Da ist mir dein zweiter Vorschlag lieber."
 Ich stoße mich von der Stelle, auf der ich stehe, ab, und bin im nächsten Moment bei der Tür. "Kommst du? Die Kutsche wartet."
 Ich öffne die Tür und schreite den Gang entlang. Damon kommt von hinten und sticht mich in die Seite. "Spiel dich nicht so auf, Chloeylein. Ich bin immer noch der Ältere von uns beiden."
 Ich lache ihn breit an. "Aber dafür noch längst nicht der Klügere." Ich beschleunige meine Schritte und laufe auf den Ausgang zu. Damon erreicht ihn vor mir und nimmt sich den Zylinder vom Kopf, um sich imaginären Staub von der Krempe zu schnipsen. "Was hast du gerade gesagt?", fragt er und schaut mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
 Ich schüttle nur den Kopf. "Du bist wirklich unmöglich, Salvatore."
 "Wirklich, bin ich das?"
 Mit einem Lachen steige ich ihn die Kutsche ein und er setzt sich gegenüber von mir.
 "Auf zum Frühlingsfest in der Höhle des Löwen", meint er und sieht aus dem Fenster.
 Ich verdrehe die Augen. "Du übertreibst." So schlimm sind die Mikaelsons nicht.

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