11. Kapitel

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Hailey

Ich lehne mich leicht nach vorne, um das Geschehen besser beobachten zu können. Die Pferde rennen, die Jockeys beugen sich in ihren Sätteln nach vorne und treiben die Pferde noch mehr an. Ich habe ein paar Geld verwettet, nicht besonders viel.

Früher habe ich mit Rosie immer gewettet, nur aus Spaß. Wir haben uns ein Pferd mit dem schönsten Namen ausgesucht und welches am schönsten ausgesehen hat. Ich lächle, als ich an unsere Tage auf der Rennbahn denke.

Ich habe letzte Nacht kaum geschlafen, ich habe die ganze Nacht auf dem Dach gesessen und an Rosie gedacht. Seit über einer Stunde bin ich schon bei dem Pferderennen. Irgendwie fühle ich mich ihr so nahe.

„Hey." Ich drehe mich zuerst nicht um, ich denke, dass ich nicht angesprochen bin, aber als die Person mir an die Schulter tippt und erneut Hey sagt, drehe ich mich um.
„London? Sydney? Was macht ihr denn hier?"

Ich lächle breit und falle den beiden spontan um den Hals.
„Du bist gestern so schnell abgehauen und wir wollten nach dir sehen, ob es dir gut geht. Aber du bist nicht ans Handy gegangen und deswegen sind wir spontan hierhin gefahren", klärt Sydney mich auf und ich lächle die beiden glücklich an.
„Mir geht es gut, ich war nur etwas ... ach das ist eine lange Geschichte für einen anderen Zeitpunkt. Es freut mich auf jeden Fall, dass ihr hier seit. Habt ihr Lust zu wetten?"

„Klar, ich habe sogar schon einen Favoriten", erzählt mir Syd und deutet auf einen großen Rappen. „Das ist ein mehrfach Gewinner von einigen Rennen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er gewinnen wird. Wo kann man denn hier Wetten?"

„Da hinten, bei dem Essensstand."

„Okay bin gleich wieder da", sagt Sydney und verschwindet. Ich drehe mich leicht zu London und lächle. „Willst du nicht wetten?"

„Nein, ich finde Wetten nicht so toll. Ich mag Risiken nicht so gerne", antwortet er und lehnt sich neben mich an den Zaun.
„Und das sagt der Extremsportler. Ist dein Beruf nicht ein großes Risiko?", frage ich und folge mit meinem Augen den Pferden, genau wie London neben mir.
„Nein. Mein Job ist eigentlich kein Risiko. Für einen Auftrag oder Trip bereite ich mich wochenlang konzentriert vor. Ich bin immer gut abgesichert, egal ob beim Klettern oder bei einer Radtour, ich trage Schutzkleidung und immer weiß irgendwer aus meinem Team, wo ich bin und wie er mich im Notfall verarzten könnte. Natürlich ist immer ein kleines Risiko da, aber eigentlich versuche ich jedes Risiko zu vermeiden."

Ich nicke anerkennend. „Und was ist dann das Besondere? Also was für eine Motivation hast du, diese ganzen Aktionen zu machen?"

„Der Nervenkitzel. Zu wissen, dass ich jetzt eine Route fahre, die noch keiner zuvor gefahren hat oder die Anspannung einen bestimmten Rekord zu machen. Bestimmt liebe ich auch in irgendeiner Weise das Risiko, vielleicht sicher ich mich manchmal nicht so mega gut ab oder klettere eine Umweg, einen Weg den ich noch nicht kenne, nur um diese Aufregung zu spüren. Aber ich finde es unverantwortlich, wenn beispielsweise Leute, die keinerlei Erfahrungen haben, gefährliche Routen fahren, klettern oder was auch immer und das gerade so überleben und sich dann Extremsportler nennen."

Ich betrachte ihn von der Seite und kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Er redet mit so viel Leidenschaft.

„So habe ich das noch nie gesehen", sage ich und blicke wieder nach vorne.
Ich blicke zu London, als ich keine Antwort mehr höre. Dieser scheint in Gedanken versunken und mustert mich.
„Weißt du, was du nach der Schule machen willst?"

Auf diese Frage habe ich sogar eine Antwort. „Ich will Polizistin werden."

London blickt mich überrascht an. „Polizistin? Wieso wenn ich fragen darf?"

„Ich will Menschen helfen, sie beschützen können. Und ich will nicht in einem verstaubten Zimmer sitzen und irgendwas in den Computer tippen, ich will auf der Straße sein und irgendwas bewirken. Vielleicht ändert sich das ja noch, sicher gehen kann ich jetzt noch nicht, aber ich weiß aufjeden Fall, dass ich mir so etwas wie Polizisten vorstellen könnte."

Eine Weile schwiegen wir.

„Ich finde das beeindruckend", sagt London plötzlich. Ich drehe mich leicht zu ihm. „Was findest du beeindruckend?"

„Naja, dass du so einen genauen Traum hast. Das finde ich beeindruckend."

Ich drehe mich leicht weg und muss leicht lächeln.


Abends, nachdem wir den ganzen Tag auf der Rennbahn verbracht haben, halten wir vor meiner Tür halten wir. Besser als mit London und Sydney hätte ich den Tag nicht verbringen können. Sydney ist am Telephon und unterhält sich mit irgendjemanden – ich bin so in Gedanken versunken das ich nicht richtig auf sie achte.

Ich steige aus und bemerke zuerst nicht, dass London ebenfalls ausgestiegen ist. Vor der Haustür drehe ich mich um, um ihnen noch einmal zuzuwinken, als ich bemerke, dass London ebenfalls ausgestiegen ist und mich beobachtet.

Ich lächle ihn an und gehe auf ihn zu.

Ohne groß nachzudenken gehe ich noch näher und gebe ihm einen sanften Kuss auf seine Lippen. „Danke. Danke für heute."

Forget meWhere stories live. Discover now