5.2. Heute (überarbeitet)

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Mason

Ich grinse immer noch wie ein Idiot, als Luke mir das Mikro in die Hand drückt. Ich kann einfach nicht damit aufhören. Als ich vorhin auf der Bühne stand und Emma plötzlich im Publikum entdeckte, dachte ich wirklich, dass jetzt der Moment gekommen ist, wo ich den Verstand verliere. Vielleicht rächen sie ja nun die Jahre voller Alkohol und Drogen. Ich habe oft genug versucht, mir die Erinnerungen an dieses Mädchen mit diversen Pillen aus dem Kopf zu knallen. Es wäre also nur logisch, wenn mich ihr Anblick als Strafe für mein selbstzerstörerisches Verhalten verfolgt. Verdient hätte ich es.

Ich weiß nicht mehr, wie oft ich in den letzten Jahren nach ihr Ausschau hielt oder wie oft ich mir vorstellte, dass Emma bei einem unserer Konzerte erscheint und mir die Chance gibt, alles zu erklären. Sie müsste mir nur fünf Minuten lang zuhören. Fünf Minuten und alles könnte wieder so sein wie früher. Aber sie kam nie und blieb verschwunden. Irgendwann wollte ich dann überhaupt nicht mehr auftreten, weil ich dachte, dass das ganze Rockstar-Ding ohne meine beste Freundin keinen Sinn hat. Nichts machte mehr Sinn ohne Emma. Aber das scheint sich gerade zu ändern.

Ein Blick nach unten verrät mir, dass sie immer noch hier ist. Sam steht dicht neben ihr. Viel zu dicht. Mir gefällt es nicht, dass er ihr so nahekommt, doch ich kann schlecht noch einmal von der Bühne springen und ihn von ihr wegzerren. Trotzdem kann ich es mir nicht verkneifen und werfe grimmige Blicke in seine Richtung. Er bemerkt es und verdreht spöttisch die Augen. Dann wendet er sich wieder Emma zu, die sich stur weigert, in meine Richtung zu sehen. Das ist ihre Art zu protestieren. Mein Grinsen wird noch breiter und ich kann nicht anders, als sie weiter zu betrachten. Sie sieht anders aus und gleichzeitig hat sie sich überhaupt nicht verändert.

Ihre Haare sind länger, die Augen etwas dunkler. Wo mir früher ein smaragdgrünes Leuchten entgegenblickte, ist heute ein dunkelgrüner Schimmer, der den harten Ausdruck in ihrem Blick nicht ganz verbergen kann. Ihr Gesicht ist reifer, die Kinnpartie fein geschnitten und die Wangenknochen einfach perfekt. Sie lächelt nicht, doch wenn sie es täte, würde der Anblick ihrer vollen glänzenden Lippen mich vermutlich in die Knie zwingen. Es fällt mir wahnsinnig schwer, den Blick von ihr abzuwenden. Besonders wenn sie solche Klamotten trägt. Der kurze Lederrock schmiegt sich perfekt an ihre Kurven an und umspielt ihre langen Beine, die in den hohen Schuhen besonders gut zur Geltung kommen. Und diese Bluse? Die lässt nur wenig Spielraum für Fantasie.

Plötzlich will ich nur noch von dieser Bühne hinunterspringen, mir Emma über die Schulter werfen und sie irgendwohin bringen, wo sie sich nicht wieder vor mir verstecken kann. Ich muss sie unbedingt dazu bringen mir zuzuhören, damit sie meine Seite der Geschichte erfährt. Den Gedanken, dass sie sich von mir verraten fühlt, kann ich kaum ertragen.

Luke stößt mit seiner Schulter gegen meine und ich reiße meinen Blick von Emma los. Mein Bandkollege grinst wissend und deutet dann auf die schreiende Menge vor der Bühne. Ich nicke und nehme schließlich wiederstrebend meinen Platz ganz vorne ein. Wenn ich schon davon abgehalten werde, mir Emma zu schnappen und endlich alles zu klären, dann sollte diese Show ein verdammtes Ereignis werden.

„Hey Leute!", sage ich ins Mikro, als ich es in den Ständer stecke und warte das Kreischen der Mädchen ab, bevor ich weiterspreche. „Sorry wegen der Unterbrechung, aber mir ist ein Mädchen davongelaufen, das ich unbedingt wieder einfangen musste. Ich hoffe, ihr versteht das."

Das Publikum kreischt und ich höre vereinzelt ein paar zustimmende Rufe. Ich setze das Grinsen auf, von dem ich weiß, dass es die Mädchen zum Ausflippen bringt und lasse meinen Blick über die Zuschauer wandern. Emma steht noch neben Sam und ich kann sehen, dass sie die Augen verdreht, während Sam über ihre Reaktion lacht.

Stuck In Your Head! *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt