22. Damals (überarbeitet)

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Emma

Ich hasse es, wenn ich falsch liege. Und ganz besonders hasse ich es, wenn ich weiß, dass ich falsch liege und mein Stolz mich davon abhält, mich zu entschuldigen. Das Gefühl ist schrecklich. Erdrückend und gleichzeitig drängend. Wie ein Seilziehen in meinem Kopf. Die eine Seite – vernünftig und fast erwachsen – will sich entschuldigen und zugeben, dass sie falsch lag. Die andere Seite jedoch – ängstlich und stolz – will nicht zugeben, dass Mase Recht hatte und diese Geheimnistuerei scheiße ist. Leider scheint diese schlechte Seite von mir gerade die Überhand zu haben, denn alles in mir sträubt sich dagegen, aufzustehen und allen hier die Wahrheit über Mason und mich zu sagen.

Wenn es denn noch 'ein Mason und mich' gibt.

Zwischen uns herrscht Funkstille. Wieder einmal. Seit ich vor zwei Tagen aus seinem Fenster geklettert bin und wir quasi schlussgemacht haben, habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen. Dabei wäre es so einfach diesen Streit zu beenden. Ich müsste mich nur entschuldigen und meinen Freunden endlich die Wahrheit über uns sagen. Nur dieser verdammte Stolz lässt das nicht zu. Das Resultat: Ich darf dabei zusehen, wie jedes Mädchen hier im Raum versucht meinen Freund – oder Exfreund? – zu verführen.

Ich hasse es. Ich hasse die Situation. Ich hasse diese Mädchen. Und ich hasse es, dass mein Stolz und meine Angst mich im Griff haben und ich blöde Kuh nicht stark genug bin, mich dagegen zu wehren.

»Hier. Du siehst aus, als könntest du den brauchen.«

Meine Augen lassen nur langsam von Mason und den Mädchen ab, die verzweifelt um seine Aufmerksamkeit buhlen. Dankend nehme ich das Bier von Luke an und genehmige mir einen großen Schluck. Schmeckt widerlich, was mich aber nicht davon abhält, gleich noch einen Schluck zu nehmen. Immer wieder wandert mein Blick zu Mason und den vielen Mädchen.

»Wessen Schuld ist es diesmal?«, fragt Luke scheinbar beiläufig und folgt meinem Blick.

Auf die Frage warte ich schon seit zwei Tagen und wundere mich, dass sie erst jetzt kommt. Die Jungs haben natürlich schnell gemerkt, dass Mase und ich ein Problem miteinander haben. Wenn man so eng befreundet ist, bleibt ein Streit natürlich nicht unbemerkt und wirkt sich auf die ganze Gruppe aus. Dieses Mal scheinen die Jungs jedoch beschlossen zu haben, sich nicht einzumischen, denn niemand stand plötzlich vor meiner Tür und verlangte Antworten oder sperrte mich und Mase zusammen in einen Raum bis wir uns wieder vertragen haben – alles schon vorgekommen. Ich weiß nicht, ob Mason etwas zu ihnen gesagt hat oder ob sie selbst gemerkt haben, dass es dieses Mal anders ist. Sie haben mich bisher jedenfalls in Ruhe gelassen. Doch die Schonfrist scheint vorbei zu sein.

Luke wartet geduldig auf meine Antwort. Sein Blick wandert durch den Raum und bleibt immer wieder am selben Mädchen hängen. Sie hat lange dunkelbraune Haare, olivfarbene Haut und trägt einen knapp sitzenden dunkelblauen Neckholder-Jumpsuit mit spitzenbesetzen Gürtelpartien. Wades Cousine Rachel.

Wade war nicht gerade begeistert darüber, als sie unangemeldet auf seiner Party aufgetaucht ist. Aber ich denke, dass liegt eher daran, dass er weiß, wie die Jungs auf sie reagieren. Rachel geht schon aufs College, ist bildhübsch und kein Kind von Traurigkeit. Luke hat sofort Feuer gefangen als er sie gesehen hat und Rachels fordernden Blicken nach, geht es ihr nicht anders. Aber Luke wäre nicht Luke, wenn er sich von ihr in eine gebende Position zwingen lassen würde. Er wird sich ihr nicht nähern, solange sie noch glaubt, die Überhand zu haben. Dieser Junge liebt seine Dominanzspielchen.

Luke stupst mich auffordernd mit seiner Schulter an und verlangt stumm eine Antwort auf seine Frage. Wessen Schuld ist es diesmal?

»Meine ... «, murmle ich widerstrebend in das warme Bier.

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⏰ Last updated: Jun 10, 2018 ⏰

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