9.1. Heute (überarbeitet)

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Emma

Ich höre erst auf zu rennen, als ich die Tür hinter mir verschließe. Die Sicherheit meiner eigenen vier Wände verhindert, dass ich vollends die Nerven verliere und ich schaffe es, mich ein klein wenig zu beruhigen. Mein Herz schlägt heftig so heftig in meiner Brust, dass ich das Pochen als Echo in meiner Stirn wahrnehmen kann. Meine Finger zittern, als ich zusätzlich den Sicherheitsriegel an der Tür vorschiebe und auf Geräusche von draußen horche. Erst als ich sicher bin, alleine zu sein, kann ich die Tür loslassen und mich auf die schmale Bank neben der Garderobe setzen. Ich habe das Bedürfnis zu schreien, aber ein enges Gefühl im Hals schnürt mir die Luft ab. Als ich mein Spiegelbild im Flurschrankspiegel erblicke, spüre ich, wie sich ein hysterisches Lachen ankündigt. Ich sehe lächerlich aus.

Meine roten Haare stehen in alle Himmelsrichtungen von meinem Kopf ab, was durch die Unmengen an Haarspray, die mir Raven aufgedrängt hat, in einer Art Medusa-Frisur endete. Meine Wangen sind vom Wind gerötet und ich habe unschöne Stressflecken auf dem Hals um am Dekolleté. Von meinen panisch geweiteten Augen möchte ich erst gar nicht anfangen.

Das ist alles Masons Schuld.

Ich fasse es nicht, dass ich beinahe zugelassen hätte, dass er mich küsst.

„Wie blöd kann man eigentlich sein?", beschimpfe ich mein Spiegelbild.

Ich erhalte natürlich keine Antwort und schnaube frustriert über die einseitige Kommunikation. Wie hatte ich nur zulassen können, dass er so weit geht? Ich wollte mich doch nur bei ihm für meine Frage bei dem dämlichen Trinkspiel entschuldigen. Konnte er die Entschuldigung nicht einfach annehmen? Wieso musste er mit den alten Geschichten anfangen?

Als Mason meinen Dad erwähnte, kehrte die alte Wut auf ihn mit einer solchen Heftigkeit zurück, dass ich kaum atmen konnte. Mit seinem Anruf bei der Polizei hat er Dinge in Gang gesetzt, die niemals passiert wären, wenn er nur den Mund gehalten hätte. Ich habe ihm vertraut und er hat mich damals im Stich gelassen.

Ein kleiner Teil von mir aber weiß, dass er es nur gut meinte, dass er mir nur helfen wollte. Doch dieser Teil wurde in den letzten vier Jahren so hartnäckig in den hintersten Winkel meiner Seele gezwängt, dass ich ihn leicht ausblenden kann. Ich habe lange gebraucht, um mich nicht mehr von dieser Wut kontrollieren zu lassen und ich werde nicht zulassen, dass ein einziger Abend mit Mason Jones mein jahrelanges Bemühen zunichtemacht.

Er darf mir nur nicht wieder so nahekommen. Wenn dieses Mädchen vorhin nicht aufgetaucht und uns unterbrochen hätte, weiß ich nicht, ob ich stark genug gewesen wäre, vor ihm zurückzuweichen. Ich war so gefangen in seinem Geruch, seinen grauen Augen und seiner fast vorsichtigen Berührung, dass ich meinen Schwur vergaß, es nie wieder zu einer solchen Situation mit ihm kommen zu lassen. Mein Hirn setzte einfach aus, als seine warmen Hände mein Gesicht berührten und seine Lippen immer näherkamen. Mein hormongesteuerter Körper erinnerte sich an das Gefühl seiner Finger auf meiner Haut und beschloss einfach, dass ihm das gefiel.

„Verdammter Verräter", murmle ich wütend.

Seufzend stehe ich von der Bank auf und hänge meine Tasche auf einen Haken an der Garderobe. Zum Glück war ich vorhin schlau genug, meine Sachen mitzunehmen, als ich Mason durch das Gravity nach draußen folgte. Es wäre mehr als peinlich, noch einmal zurückzugehen, um sie zu holen.

Im Wohnzimmer lasse ich mich auf die Couch fallen und vergrabe frustriert mein Gesicht in den Ravens Plüschkissen. Ich hasse diese Dinger. Sie sind fusselig und laden meine Haare elektrisch auf, sind nicht einmal richtig bequem und nehmen viel zu viel Platz auf der Couch weg. Sie sehen aus wie riesige Ostereier, die man in einen haarigen Überzug gewickelt hat. Als ich mein Gesicht aus den Kissen nehme, hängen mir ein paar dieser fusseligen Haare in den Wimpern und an meiner Bluse. Blinzelnd fummle ich die Fussel aus meinem Gesicht und versuche dann erfolglos, meine Klamotten sauber zu bekommen. Mein Frust schwillt weiter an und ich werfe die Kissen durch den Raum, bis sie überall im Wohnzimmer verstreut sind und es schließlich Fussel regnet.

Stuck In Your Head! *pausiert*Where stories live. Discover now