20. Damals (überarbeitet)

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Emma

Ganz langsam senkt sich sein Mund auf meinen. Bei der ersten Berührung seiner Lippen durchzuckt mich ein Blitz und mir entweicht ein peinliches Stöhnen. Er lässt mir Zeit, sich an ihn zu gewöhnen und drängt mich nicht. Es ist, als würde er mir die Angst nehmen wollen. Dabei war das gar nicht nötig. Um ihm das zu beweisen, ziehe ich ihn an seinem Shirt näher zu mir und nutze den kleinen Moment seiner Überraschung, um mit meiner Zunge vorsichtig an seinem rechten Mundwinkel zu lecken. Er stößt ein tiefes Brummen aus, was ich als Einladung auffasse, mit meiner Zunge in seinen Mund zu tauchen. Meine Hände gleiten seinen Rücken hinauf, während seine in meinen Haaren haltsuchen. Als ich meinen Rücken durchdrücke, um ihn noch näher an mir zu spüren, verliert er die Beherrschung und senkt sich vollständig auf mich. Er intensiviert den Kuss und erforscht meinen Mund, als würde dieser alle Geheimnisse des Universums enthalten.

Mase zu küssen fühlt sich an, wie aus einem Flugzeug zu springen. Als würde man fallen und hätte unter sich nur tausend Meter leere Luft. Man fühlt sich schwerelos und frei, kann aber gleichzeitig nicht atmen und bekommt Panik, je näher man dem Boden kommt. Das Gefühl ist gleichzeitig wunderschön und beängstigend.

Das mit Mason und mir geht jetzt seit ein paar Wochen. Genauer gesagt seit dem Tag am Anlegeplatz, als wir die Leute von der Fähre beobachteten. Mase brachte mich wie versprochen nach Hause, kam aber noch am selben Abend durch das Fenster, um mit mir über alles zu reden.

»Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, richtig?«, sagte er mit einem Gesichtsausdruck, der keine Weigerung dudelte.

»Richtig«, seufzte ich und ließ mich auf mein Bett fallen. Ich trug bereits meinen Pyjama, bestehend aus einer alten Boxershorts und einem Johnny Cash Shirt. Nicht gerade das perfekte Outfit für ein ernstes Gespräch.

Mase schien meine Klamotten jedoch gar nicht zu bemerken. Er blieb am Fenster stehen und begann unruhig auf und ab zu tigern. Ich beobachtete ihn dabei, wie er sich immer wieder durch die Haare fuhr und mir dabei komische Blicke zuwarf. Nach ein paar Minuten blieb er stehen und sah mir fest ins Gesicht.

Er seufzte, ehe er mit der Tür ins Haus fiel und mir beinahe ins Gesicht brüllte: »Ich wollte dich heute küssen, Emma.« Er riss die Augen auf, als hätten ihn seine eigenen Worte überrascht. Doch dann verdunkelte sich sein Gesichtsausdruck und er bekam etwas Entschlossenes. Tief luftholend sprach er weiter: »Scheiße, ehrlich gesagt will ich das schon seit Ewigkeiten. Ich konnte heute an nichts anderes denken, als daran, diesen Cop zu suchen und ihm den Arsch aufzureißen, weil er uns unterbrochen hat. Ich will dich, Emma. Und nicht nur auf eine Beste-Freunde-Weise, sondern auf diese Du-bist-alles-was-ich-will-Weise.«

Seine Worte kamen so schnell heraus, dass ich nur die Hälfte davon verstand, aber es reichte, um zu wissen, dass ich die Sache nicht einfach ignorieren und vergessen konnte. Mist. Wieso musste er alles kompliziert machen?

Klar, war ich auch längst über freundschaftliche Gefühle für ihn hinausgewachsen, aber diese Grenze tatsächlich zu überschreiten war etwas völlig anderes. Wenn das mit uns nicht funktionierte, könnte es unsere Freundschaft kaputt machen. Das war auch der Grund, wieso ich bisher nichts gesagt habe, obwohl ich seit einer ganzen Weile darüber nachdachte.

»Dein Gesichtsausdruck gefällt mir nicht«, sagte Mase leise und setzte sich neben mich auf das Bett. »Rede mit mir, Emma.«

»Ich weiß aber nicht, was ich sagen soll«, gab ich ebenso leise zu und wich seinem Blick aus.

»Wie wäre es, wenn wir einfach klein anfangen, huh?« Er legte seine Hand an mein Kinn und drückte sanft meinen Kopf hoch, damit ich ihn ansah. »Ich will das hier auch nicht kaputt machen, Emma. Glaub mir, das ist das letzte, was ich will. Aber ich kann so nicht weitermachen.«

Stuck In Your Head! *pausiert*Onde histórias criam vida. Descubra agora