4

6.7K 248 3
                                    

Langsam versiegten meine Tränen und ich konnte wieder klar sehen. Vorsichtig sah ich mich in dem Raum um. Hier war ich noch gewesen. Das er mich Abends einsperrte war mir eigentlich nichts Neues, aber diesen Raum kannte ich nicht. 

Hier stand gerade mal ein Tisch und auf der mir gegenüberliegenden Seite war irgendwelcher alter Krempel, den man nicht mehr gebrauchen konnte. 

Es war ziemlich finster, aber durch das kleine Fenster das hier war, drang immerhin etwas Mondlicht hinein, sodass ich wenigsten ein bisschen was sehen konnte.

Ich wollte aufstehen, doch es fühlte sich so an, als wären meine Knochen um Jahre gealtert. Als wär all meine Kraft, die ich noch hatte, aus meinem Körper gewichen. Ich war schwach, so schwach.

Irgendwie musste ich es dann doch geschafft haben aufzustehen, und tastete mich an der Wand entlang zum Fenster und sah hinaus.

Das feuchte Gras glitzerte im Mondlicht. Der schon fast schwarze Himmel wurde vom Mond und den Sternen erhellt. Es hatte fast schon etwas magisches an sich.

Wie schön wäre es, jetzt da da draußen zu sein. Einfach zu laufen. Weglaufen. Weglaufen von meinem jetzigen Leben. 

Sehnsüchtig blickte ich weiter aus dem Fenster, bis mir plötzlich ein Gedanke durch den Kopf schoss. Warum tat ich es nicht einfach. Weglaufen. Warum schlug ich nicht einfach dieses verdammte Fenster, das mir den Weg in die Freiheit versperrte, ein und lief weg? Es wäre so einfach. Wie viel würde so ein Fenster schon aushalten.

Jeder hätte die Gelegenheit sofort genutzt, doch irgendwas in mir sträubte sich dagegen. Aber war es? War es die Angst vor dem, was ich dann machen würde? Wo sollte ich hin? Ich hatte niemanden! Nur mich selbst! 

War es der Zweifel an mir selbst? Ob ich das schaffen würde? Ob ich die Kraft hätte zu fliehen? Den Mut? Wann hätte ich wieder die Gelegenheit zu fliehen? War das vielleicht die einzige Möglichkeit die mir blieb? Wenn ich die Chance jetzt nicht nutze, würde ich dann auch mein restliches Leben bei Timo verbringen, und all das über mich ergehen lassen müssen? Fragen über Fragen, auf die ich keine Antwort hatte.

Plötzlich vernahm ich schwere Schritte vor der Tür und sofort stellten sich meine Nackenhärrchen auf und ich begann wieder am ganzen Körper zu zittern. 

Mein Blick wanderte hektisch zwischen der Tür und dem Fenster hin und her. Auf einmal schrie alles in mir förmlich danach dieses scheiß Fenster einzuschlagen und zu flüchten.

Wie vom Teufel geritten griff ich nach dem erst besten Gegenstand den ich zu fassen bekam und stieß ihn mit aller Kraft gegen die Glasscheibe, die sofort in gefühlt tausend Teile zersprang. Und genau in dem Moment wurde die Tür aufgerissen.

Frische Luft || Wincent Weiss Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt